In drei Minuten zur inneren Ruhe

Am Anfang ist es am einfachsten, Entspannungsübungen im Liegen durchzuführen. Foto: iStock
Wer, wie ich, zu den Menschen mit einem sensiblen Nervensystem gehört, kennt sicher auch Spannungskopfschmerzen, Nackenverspannungen oder Beschwerden, die mit einer angespannten Muskulatur zusammenhängen. Früher versuchte ich, meine Natur zu akzeptieren, da ich überzeugt war, dass sie eine logische Folge meiner «dünnen Haut» war. Und ich hoffte, dass mir mit zunehmendem Alter eine Art Schutzpanzer wachsen würde. Er würde mich vor den Folgen von Stress, Anspannungen und Verletzungen schützen. Schliesslich war ich auch meinem ständigen Erröten entwachsen.
Aber was bei meinen Wangen funktionierte, gelang bei meinen Spannungszuständen nicht. Im Gegenteil: Wenn ich gestresst war, bekam ich zusätzliche Probleme. Ich hatte zunehmend Mühe einzuschlafen und begann, nicht nur in der Nacht, sondern auch am Tag mit den Zähnen zu knirschen. Was auch mein Zahnarzt feststellte.
Auf der Suche nach Entspannung
Und so begann ich, nach Lösungen zu suchen, um mein überstrapaziertes Nervenkostüm zu beruhigen. Eine Atemtherapie machte mir bewusst, wie oberflächlich ich in Stresssituationen atmete. Auch gewisse Meditationsübungen halfen mir, eine Art innere Mitte zu finden. Ich besuchte einen Yogakurs, lange bevor dies boomte. Allerdings fiel es mir schwer, meine Atmung und die Übungen zu koordinieren. Ich nervte mich über mich selbst, und an Entspannung war nicht mehr zu denken. Vielleicht hätte ich etwas mehr Geduld gebraucht, bis sich der Erfolg eingestellt hätte. Vielleicht war Yoga auch nicht meins. Bei einem weiteren Anlauf werde ich das vielleicht feststellen.
Die besten Erfolge erzielte ich mit Autogenem Training (AT) – einem auf Autosuggestion basierenden Entspannungsverfahren. Es wurde vom Berliner Psychiater Johannes Heinrich Schultz entwickelt und basiert auf der Vorstellung, dass die meisten Menschen fähig sind, einen Zustand tiefer Entspannung allein durch ihre Vorstellungskraft zu erreichen. So sollen intensive Gedanken an Wärme die Hauttemperatur nachweislich erhöhen. Dies als Folge erhöhter Durchblutung.
Die klassische Variante: Autogenes Training nach Schulz. Video: Ulrike Fuchs, Youtube
Bei Autogenem Training geht es auch immer um Autosuggestion und um das Positive Denken. In einem entspannten Körper soll es möglich sein, Affirmationen, innere Wunschbilder, im Unterbewusstsein zu verankern. Diese sollen sich später auch in der Realität zeigen.
Das Positive Denken hat nicht nur Anhänger und ist, wie vieles, Glaubens- oder Erfahrungssache. Mir hat Autogenes Training bei körperlichen Spannungsbeschwerden geholfen. Wer es erlernen möchte, findet ein gutes Kursangebot, Literatur oder Videos im Internet. Eine Übung nach Schultz oder Coué, einem weiteren Vertreter des Autogenem Trainings, dauert ca. 20 Minuten – falls man nicht im Verlauf der Übung einschläft.
Meine Entspannungsvariante, die auf Autogenem Training beruht, ist um einiges kürzer:
Die 3-Minuten-Übung
Eine entspannte Position einnehmen. Für den Anfang empfiehlt es sich, zu liegen. Danach einige Male ruhig ein- und ausatmen, bis sich eine gewisse körperliche Entspannung einstellt. In der Folge beginne ich, jeden Teil meines Körpers auf muskuläre Anspannung zu scannen. Sie werden sich wundern, wie oft sie diese wahrnehmen, auch wenn es nur eine verspannte Mundpartie ist. Ich beginne bei der Stirn, gehe weiter zu den Augendeckeln, hin zur Kiefermuskulatur. Danach folgen Nacken, Schultern, Arme und so weiter.
Wenn ich eine muskuläre Spannung wahrnehme, löse ich diese bewusst, indem ich einfach loslasse. Wenn Sie Mühe haben, sich das vorzustellen, ballen Sie ihre Fäuste so fest wie möglich und lassen Sie diese wieder los. Genau diese Entspannung stellt sich bei der 3-Minuten-Übung ein. Vor meinem inneren Auge verwandle ich mich nach und nach von einer gespannten Feder in einen nassen Sandsack. Nicht gerade ein vorteilhaftes Bild, aber ein angenehmes Gefühl. Das Gute an dieser Übung:
Diese Art der Muskelrelaxation kann überall angewendet werden, also auch am Bürotisch, im Tram oder wann immer sich Anspannung bemerkbar macht.
Falls Sie auch Entspannungsübungen kennen, die in kurzer Zeit einen guten Effekt haben, schicken Sie mir doch bitte eine kurze Beschreibung an silvia.aeschbach@tamedia.ch. Vielleicht ergeben Ihre Tipps ja weitere Blogs zu diesem Thema.
21 Kommentare zu «In drei Minuten zur inneren Ruhe»
Als ob das so einfach wäre. 3 Minuten hinlegen, Körper scannen und zack ist mann / frau entspannt ??
Das erzählen Sie mal den Handyjunkies, wie diese 3 Minuten in ihre Handykontrolle einzubauen ist.
Auch wenn man glücklicherweise nicht zu diesem bemitleidenswerten Kreis gehört, um diese 3 Minuten erfolgreich durchzuführen, muss man erst einmal lernen, die anderen Gedanken, die sich so in einem tummeln unter Kontrolle zu bekommen und dann dafür abzustellen.
Ich für mich habe festgestellt, ich kann das am besten ausserhalb meiner gewohnten Umgebung bei Daniela, meiner Yogalehrerin.
Ich praktiziere Yoga Nidra! Das ist Entspannung pur!
Und ich trinke Bier beim Hata Yoga
Liebe Frau Aeschbach
Gerne würde ich Ihnen meine Unterlagen aus der klinischen Forschung der Meditation übermitteln, die ich in den letzten 25 Jahren gesammelt habe.
Ein erster Atemzug wenn wir auf die Welt kommen, den letzten, wenn wir gehen. Dazwischen vergisst man richtig zu atmen. Atemübungen gibt es seit Urzeiten. Chi-Gong, Thai-Chi, Yoga, Zen, Komplentation, Meditation, dann Autogenes Training, etc etc den jetzigen Achtsamkeits-Hype. Sie haben da nichts Neues erfunden – es war immer schon da.
Sie meinen Qi gong. Das Chi – Kulturtechnik – ist etwas sehr anderes als das Qi, eine Atemtechnik. Und es heisst Tai Chi.
Aber im Ganzen haben Sie recht. Man muss sich nicht Hypes wie Achtsamkeit ausdenken, die lang bekannte Technik des Autogenen Trainings reicht völlig aus. Damit bekommt man selbst hartnäckige Kopf- oder Zahnschmerzen weg, wenn man es kann.
Das Chi im Chi Gong und im Tai Chi ist dasselbe Chi.
Auch wenn es nicht Thema ist, muss ich leider sowohl Ralf als auch Roland widersprechen:
1. Zu Ralf: Es gibt seit Jahrzehnten die offizielle Pinyin-Umschrift von chinesischen Schriftzeichen in unser lateinisches Schreibsystem und dort heisst es eben nicht Tai Chi, wie es von der nicht mehr in Gebrauch stehenden Wade-Giles-Umschrift her stammt, sondern Taijiquan oder Tai Ji Quan (drei Schriftzeichen). Dass es hier alle „falsch“ schreiben, macht es nicht richtiger.
2. Zu Roland: Nein, das Qi im Qi Gong und das Ji im Tai Ji Quan sind nicht dasselbe. Das wird schon aus der Pinyin-Umschrift klar (Qi ungleich Ji) und der endgültige Beweis liegt dann in den Zeichen, die folglich ebenfalls unterschiedlich sind. Übrigens für jeden Laien nachprüfbar in einem Online-Übersetzungstool wie Leo.
Chi, auch Qi geschrieben, und Ji sind nicht dasselbe.
Welche Arten von Chi im Tai Chi (Chuan) kennen Sie?
Habe ich noch vergessen:
Das Chi im Chi Gong und im Tai Chi (Chuan) ist dasselbe Chi. Sie können es auch Qi schreiben.
Das Schreiben mit Ji sollte man unterlassen, weil es zu Missverständnissen führen kann, weil Ji eben nicht Chi bzw. Qi ist.
Korrektur:
ich habe Ji mit Jin verwechselt.
Das Chi welches im Chi Gong und dem Tai Chi und anderen „Methoden“ kultiviert wird, ist dasselbe Chi. Ob man es auch Ji schreiben kann, weiss ich nicht.
Dann zweifle ich noch daran, dass Lan Tian ihr richtiger Name ist.
Möglicherweise führt die unterschiedliche Schreibweise von Chi Gong und Tai Ji dazu, es würde sich nicht um dasselbe Chi handeln.
Dazu kann ich ihnen die folgenden Links als Beispiel geben. In allen dreien geht es auch um das kultivieren des Chi, auch wenn es nicht im Artikel steht und nicht im Namen vorkommt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Taijiquan
https://de.wikipedia.org/wiki/Baguazhang
https://de.wikipedia.org/wiki/Xingyiquan
Vermutlich meint Ji in der Bezeichnung Tai Ji nicht dasselbe wie Chi in der Bezeichnung Chi Gong. Bei beiden geht es jedoch um das kultivieren des Chi. Teilweise natürlich für andere Zwecke.
Es funktioniert und ich praktiziere das schon seit Jahren. Gewagt finde ich aber, das als ihre Entspannungsvariante darzustellen…
Ich weiss was Sie meinen, Herr Schmidli. Ich glaube aber, dass es in diesem Fall einfach etwas unglücklich formuliert wurde und eigentlich bedeuten soll: Die Variante die mir hilft, bzw. die ich für mich entdeckt habe.
Immer schön entspannt bleiben 🙂
Sie kennen AT «seit Jahren», und praktizieren dieses auch. Dann verstehe ich noch weniger, wenn Sie schreiben, ich würde die 3-Minuten-Übung als «meine» Entspannungsvariante darstellen. Ich habe geschrieben, dass ich auf Grund meiner Erfahrungen mit AT eine eigene, sehr verkürzte Entspannungsübung mache, die jedoch wenig mit dem klassischen AT nach Schultz oder Coué zu tun hat. Ich habe auch noch nie gehört, dass man beim Autogenen Training Stirne, Augenlider, Kiefermuskeln, und so weiter, nacheinander entspannt und löst. Hier handelt es sich eher um eine bewusste Muskelrelaxion, oder wenn Sie wollen, um eine Achtsamkeitsübung. A
Bei meiner Ausbildung vor 25 Jahren im Autog Trainig habe ich das Entspannen der Gesichtsmuskulatur wohl kennengelernt. Und zu der bewussten Muskelrelaxion die Sie erwähnen: ist nicht alles bewusst zu üben oder anzuwenden?
Weil Kabat-Zinn die Achtsamkeitsübungen „modern“ gemacht hat, ist „Achtsamkeit“ in aller Munde.
Ich putze mein Badzimmer, Plättli in der Küche in aller Achtsamkeit nach Thich Nat Hanh – auch da Atmen, achtsam sein, meditieren …….
P.S. und die 4 – 7 -8 Methode beim Atmen – da genügen max 5 Atemzüge und ich bin entspannt.
Aus meiner Sicht ist es so formuliert, dass man beides verstehen kann.
Das mit den Gesichtsmuskeln kann dazu gehören. Je nach Schule oder Übung.
„Meine Entspannungsvariante, die auf Autogenem Training beruht, ist um einiges kürzer.“
Doch, sie stellen es als „ihre“ Variante dar. So kommt es zumindest bei mir an.
Ich wende diese Variante seit Jahren gelegentlich im Bett an, wenn ich nicht einschlafen kann. Von oben nach unten entspanne ich bewusst jeden Muskel. Ich komme ganz selten bis zu den Füssen.
Ich empfehle Chi Gong. Das kann man auch zusätzlich zum autogenen Training machen.
Wichtig ist, dass man es schön langsam macht.
Als Therapeutin für med. QiGong kann ich das nur bestätigen. In dieser jahrtausende alten wunderbaren Bewegungsmeditation ist alles enthalten, was heute überall als etwas „Neues“ propagiert wird; Achtsamkeit, Langsamkeit, vertieftes Körperbewusstsein, Beruhigung der Atmung und des Geistes. QiGong wirkt beruhigend auf das Nervensystem; viele Beschwerden können durch regelmässiges Üben verbessert werden oder gar ganz verschwinden.
Qi gong.
Spielt keine Rolle.