Warum ich meinen Hintern nie lieben werde

Von Body Positivity bis Body Neutrality: Warum müssen Frauen ihren Körper permanent kategorisieren?

Zu dick, perfekt oder egal? Der Frauenkörper wird heutzutage in Hashtags eingeteilt. Foto: iStock

Es war einer der stärksten gesellschaftlichen Trends der letzten Jahre. Der Aufruf zu Body Positivity und damit zu mehr Selbstliebe und Akzeptanz des eigenen Körpers war lange überfällig. Während auf Instagram unzählige Frauen selbstbewusst Fotos ihres Körpers, der keinen Modelmassen entspricht, posteten, reagierte endlich auch die Modeindustrie auf die Forderung nach mehr Diversität. Und selbst namhafte internationale Designer, die früher Gift und Galle gespuckt hatten, wenn sie Modelle in «Übergrösse», sprich 36 Plus, entwerfen sollten, gaben klein bei. Nicht, dass sie weibliche Formen plötzlich attraktiv gefunden hätten, aber wenn es darum geht, gutes Geld in einem prosperierenden Markt zu verdienen, kann man ja auch mal von seinen Überzeugungen abrücken. Und so ist das Segment der grösseren Grössen in der Textilwirtschaft auch jenes, das in den letzten Jahren in Europa am stärksten gewachsen ist. Längst bieten nicht mehr nur spezialisierte Läden, sondern auch die grossen Online-Anbieter attraktive Kleider in XL Plus an.

Was den allgemeinen Hype betrifft, so scheint der Body-Positivity-Trend seinen Höhepunkt überschritten zu haben. Es stört mich auch nicht, wenn ich nicht mehr auf allen sozialen Kanälen mit Curvy-Models wie Ashley Graham konfrontiert werde, die nicht müde wird, ihre üppigen Formen in den höchsten Tönen zu preisen. Durch die nachlassende Omnipräsenz übergewichtiger Frauen wie dem Übergrössenmodel Tess Holliday muss ich auch nicht mehr darüber nachdenken, ob ich es gut finde, dass Diversität so den Weg in den Mainstream gefunden hat, oder ob ich es bedenklich finde, wenn ein derart ungesundes Körperbild vermittelt wird.

Ein realistischer Blick genügt

Wenn Body Positivity nachhaltig dazu führen kann, die gefährliche Mischung aus stetiger weiblicher Selbstkritik und Perfektionsdruck zu mildern, dann ist das eine tolle Sache. Ich gratuliere jeder Frau, die sich von unrealistischen Körperbildern befreit hat und ehrlich stolz über ihre Cellulite oder ihr Hinterteil streicheln kann. Mir gelingt das nicht. Auch wenn ich an meinem Hinterkopf keine Augen habe, weiss ich, dass mein Hintern, jedenfalls aus meiner Sicht, zu üppig ist. Und warum sollte ich dann in diesen «Ich bin schön, so wie ich bin»-Hymne miteinstimmen? Muss meiner Meinung nach auch nicht sein. Es genügt doch, einen realistischen Blick auf seinen Körper zu haben, sich nicht ständig selbst zu zerfleischen und dankbar zu sein, dass dieser gesund ist. Vor allem, wenn man nicht mehr 30 ist.

Neben der Body-Positivity-Bewegung wird unter dem Hashtag BodyNeutrality auf Instagram schon erfolgreich der nächste Trend lanciert, der einen sogenannt neutralen Blick auf unseren Körper fordert. So soll quasi die Lücke geschlossen werden zwischen jenen Frauen, die sich schön finden, und jenen, die ihren Körper nicht mögen. Auf den ersten Blick scheint dies eine vernünftige Sache zu sein. Auf den zweiten Blick frage ich mich, warum wir Frauen unseren Körper immer in eine Schublade stecken müssen.

Natürlich ist es gut, wenn gewisse gesellschaftliche Normen gesprengt werden, die uns vorgeben, wie wir auszusehen haben, damit wir als attraktiv empfunden werden. Und hier ist der Body-Positivity-Ansatz gut. Doch vielleicht wäre es auch an der Zeit, statt immer neue Hashtags zu generieren endlich zu lernen, sich als Mensch ganzheitlich wahrzunehmen. Denn schliesslich sind wir Frauen doch mehr als eine (schöne) Hülle, die ständig geschmückt, perfektioniert und ins beste Licht gerückt werden muss.

Weitere interessante Postings:

17 Kommentare zu «Warum ich meinen Hintern nie lieben werde»

  • Othmar Riesen sagt:

    Was für Störungen müssen da vorhanden sein, dass man seinen Körper nicht liebt. Liebe Leute,, lasst Euch von einem Partnerschaftsberater sagen: wenn Ihr Euren Körper nicht mögt, kommt Ihr nie nie nie auf einen grünen Zweig! Akzeptiert Euch, wie Ihr seid (gleichgültig, wie die anderen Euch sehen) und beginnt genau da Euren neuen Lebensweg. Meine Stimme habt Ihr allemal.
    Beste Grüsse
    O.R.

  • Eric Berger sagt:

    Ich kenne sehr sympathische Frauen, dünn, etwas fester, sogenannt normal, all diese bezaubern mich mit ihrem Charme und wirken allesamt attraktiv auf mich.

  • Siegel Bahrenboim sagt:

    Mir gefallen die prallen silikongefüllten Hintern à la Kardashan sehr gut. Sehr elegant, knackig und anmachend. Dank der neuesten Entwicklungen in der Schönheitschirurgie sind diese für jedermann bzw. jedefrau erhältlich.

  • Dave Beck sagt:

    „Während auf Instagram unzählige Frauen selbstbewusst Fotos ihres Körpers, der keinen Modelmassen entspricht, posteten“ dass ist ein Trugschluss, mag sein dass dies der Fall ist, das Gesicht wird aber permanent mit irgend welchen Filtern „Korrigiert“ zum Teil so stark, dass es mit der eigentlichen Person überhaupt nix mehr zu tun hat. Anscheinden gibt es noch keine „Body-Filter“ Apps ansonsten würde man heutzutage auch diesen bei jedem Foto oder Selfie legen. Schaut man sich die jungen Frauen von heute an, die meisten haben bereits Anfangs 20ig irgend welche schönheits OP’s hinter sich. Sei es Brustvergrösserung, Lippen Aufspritzen etc. Einfach nur noch Traurig. Die heutige Gesellschaft ist vollends am Verblöden. Lichtjahre entfernt von Body Positivity.

  • maike sagt:

    Die Wirtschaftsunternehmen haben doch schon lange festgestellt, das mit uns Frauen und der Gestaltung und Bewertung unseres Äusseren Geld ohne Ende zu machen ist. Man vergleiche doch nur die Regale im Supermarkt für Mittelchen für uns mit der der Ecke für Männer.
    Fast jeder zweite Werbespott geht um unser Aussehen – Haare, Wimpern, Kosmetik etc. Und wer zeigt uns das alles ? Junge Frauen ohne einen einzigen Makel. Aber diesen Zustand hat unser Körper an nur ca. 5% seiner Lebenszeit. An den restlichen 95% sollen wir versuchen wir, ihn wieder so herzustellen – damit die Unternehmen Geld scheffeln können.
    Wir sollten versuchen, uns so zu akzeptieren wir sind. Wir sind jede eine individulle Persönlchkeit mit Ecken, Kanten und Rundungen. That’s it !

    • Claude Fontana sagt:

      @Maike „Junge Frauen ohne Makel“ -Die trotzdem noch 3 h beim Maskenbildner waren. Und denen man den teint noch per lichtquelle und Blickwinkel richtet. Sie werden im realen leben niemanden finden, der ihnen die Sonne hinterherträgt. Ob sie nun Klum heissen, oder nicht. Sie vergleichen sich mit der „Fantasie eines Regisseurs/Fotografen“. Und das ist, wie wenn ich mich mit einem Superheld vergleichen würde. Von Realismus kann man da nicht sprechen. Neid, und Fantasie soll zu Verkäufen führen. Glauben sie mir, Als mann sehe ich, was mir an einer Frau gefällt, Das gleiche „Schönheits“ Attribut gefällt mir an einer anderen Frau aber nicht unbedingt. Ich kann also nicht sagen, was mir an JEDER frau gefallen würde. Ich kann aber sagen was mir an Dieser oder Jener Frau gefällt.

      • Lorena sagt:

        Die nehmen mit einer einmaligen Willensleistung ab, ändern ihre Essgewohnheiten in Zukunft und fahren mit dem Velo anstatt mit dem Auto. So geht das.

    • Lorena sagt:

      Fettleibigkeit ist kein „Makel“, sondern eine selbstverschuldete Behinderung durch zuviel und ungesundes Essen sowie mangelnde Bewegung. So einfach ist das.

  • Lia sagt:

    Wie wärs, wenn man einfach generell aufhören würde, Frauen über ihr Aussehen zu definieren?

    • Siegel Bahrenboim sagt:

      Aber warum sollte man denn? Schönheit ist doch etwas wunderbares, einfach herrlich. Möchten Sie eine graue Welt voller unscheinbarer Huschelis?

  • Max Berchtold sagt:

    Haha, und was soll ich als Mann zum Thema Bauch schreiben? Das Sixpack ist einem Onepack gewichen? Geht fast allen gleich, irgendwann ist man nicht mehr knackig.

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.