Wie Tiere Demenzkranken helfen

Von Kopf bis Fuss

Hunde spüren die Bedürfnisse von demenzkranken Menschen und passen sich ihnen an. Foto: iStock

Dass ein Tier, in meinem Fall mein Hund Jil, eine Wohltat für meinen an Demenz erkrankten Vater war, wusste ich natürlich schon, bevor ich die Ergebnisse der nachfolgenden Studienauswertungen gelesen hatte. Wenn ich Papa früher nach der Arbeit im Pflegeheim besuchte, nahm ich oft Jil mit, weil ich gemerkt hatte, dass mein oft aufgeregter Papa viel ruhiger wurde, wenn er ihr braunes Fell streicheln konnte. Dass mein Vater so gut auf Jil reagierte, erstaunte mich. Denn als er noch gesund war, war sein Verhältnis zu ihr eher distanziert, er liebte Katzen!

Bei demenzkranken Menschen zeigt sich oft das sogenannte Sundowning-Syndrom: Am späten Nachmittag oder frühen Abend werden sie oft unruhiger als sonst. Wenn für diese Menschen ein Therapietier zur Verfügung steht, meistens ist das ein Hund, können solche Symptome deutlich vermindert werden. Auch andere Demenzsymptome können dank dem Einsatz von Tieren gelindert werden, schreibt das Deutsche Gesundheitsportal (DGP) in einem Bericht über eine Übersichtsanalyse aus den USA.

Sogar Fische sind nützlich

Ein Team von Wissenschaftlern der Purdue University in West Lafayette im US-Bundesstaat Indiana hat bisherige Studien zum Thema systematisch analysiert. Insgesamt wurden 32 Studien ausgewertet. 15 davon stammten aus den USA, vier aus Japan, je drei aus Italien, Norwegen und Schweden, zwei aus Australien und je eine aus Dänemark und Deutschland. Wie es in der Zusammenfassung heisst, zeigte sich in 9 von 15 Studien durch den Einsatz von Therapietieren ein deutlicher Rückgang von Unruhe – etwa durch das Sundowning-Syndrom – und Aggressivität. 11 von 12 Studien wiesen eine erhöhte soziale Interaktion nach, und laut 3 von 4 Studien wurde die Lebensqualität der Kranken erhöht.

Es sind übrigens nicht nur Hunde, die Demenzkranken helfen können. Diese Vierbeiner kamen zwar in 27 der 32 Studien zum Einsatz. Daneben konnten aber auch Katzen und Pferde bei Verhaltens- und psychologischen Symptomen der Demenz den Patienten beistehen. Sogar Fische in Aquarien im Essbereich taten den Kranken gut.

Erleichterung des Pflegealltags

In der Schweiz engagiert sich der Verein Therapiehunde Schweiz (VTHS) in diesem Bereich. Ursula Frick, die mit ihren Hunden Demenzkranke begleitet, schreibt auf ihrer Website: «Meine Erlebnishunde spüren die zum Zeitpunkt geltenden Bedürfnisse demenzkranker, autistischer oder sich in hohem Alter befindlichen Menschen. Ganz natürlich nehmen sie deren Stimmung auf und gehen auf sie ein. Indem sie sich anschmiegen und sich streicheln lassen. Sie sind kontaktfreudig, ohne aufdringlich zu sein.»

In ihrer Schlussfolgerung der Vergleichsstudie halten die amerikanischen Forscher Michelle Yakimicki, Elizabeth Richards, Nancy Edwards und Alan Beck fest, dass der Einsatz von Tieren bei der Pflege von Demenzkranken zweifellos auch als Alternative zur Medikamentenverabreichung und zur Reduzierung der Symptome weiter erforscht werden sollte. Tiere in die Demenzpflege zu integrieren, könne einen wertvollen Beitrag zum Leben der Menschen mit Demenz und zur Erleichterung des Pflegealltags liefern.

Mein Vater ist schon lange tot, genau wie Jil. Aber es tröstet mich, dass beide in ihren letzten Lebensjahren noch eine solch innige Beziehung hatten.

2 Kommentare zu «Wie Tiere Demenzkranken helfen»

  • Rolf Randegger sagt:

    Es ist schön zu sehen, dass Tieren so eine wertvolle Existenz bestätigt wird. Nach 40 Jahren leben mit Katzen, weiss ich selber, wie bereichernd die Anwesenheit eines Tieres sein kann, auch ohne Demenz. Tiere bringen einem eine bedingungslose Zuneigung entgegen, die man von Menschen kaum erwarten kann. Deshalb verdienen auch unsere Tiere eine Achtung, die dem des Menschen in nichts nachstehen darf.

  • Ralf Schrader sagt:

    Demenz ist keine Krankheit, sondern ein typisches Phänomen des normalen Alterns. Wenn die Lebenserwartung weiter steigen würden, wären irgendwann alle Menschen am Ende des Lebens dement. Aber wie es aussieht, ist die Zunahme der Lebenserwartung auch in der Schweiz erst einmal gestoppt und das bleibt hoffentlich so. Wir haben ja noch nicht einmal eine Strategie, um mit dem trotzdem noch über Jahrzehnte wachsenden Anteil sehr alter und dabei eben dementer Menschen umzugehen. Finanziell nicht und personal schon gar nicht.

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