Krabbeln wie ein Baby, robben wie ein Hund

Crawling sei das neue Planking, heisst es in Fitness-Blogs. Foto: iStock

Fitnesstrends kommen und gehen. Manche bleiben länger, manche etablieren sich, und manche sind schlicht überflüssig. Und wie gut Barre, Freeletics oder Piloxing für jeden Einzelnen von uns sind, lässt sich meistens erst nach ein paar Trainigsstunden beurteilen.

Kürzlich wollte mich eine meiner Kolleginnen zu einer Probestunde Crawling, einem neuen Fitnesstrend aus den USA, überreden. Adriana, ein ausgebildeter Fitnesscoach, ist, was neue Sportrends betrifft, ziemlich auf der Höhe. Ich stimmte also gerne zu, als sie mir das Probetraining anbot.

Runter zu den Staubmäusen!

Nachdem sie mir allerdings erklärt hatte, um was es sich dabei genau handelt, nämlich, dass man auf allen vieren und in Bodennähe frühkindliche und natürliche Bewegungsabläufe imitiert, um so Bauch-, Rücken- und Rumpfmuskeln zu stärken, bat ich sie um ein Training zu Hause. Denn wenn ich schon eine lächerliche Figur abgebe, dann lieber im privaten Rahmen.

Also runter auf die Knie zu den Staubmäusen auf dem Parkett! Die erste Übung mutete noch ziemlich einfach an. Ich beugte das rechte Bein nach vorne neben den ebenfalls gebeugten rechten Arm und versuchte so, die Körperspannung zu halten und den Kopf nach oben zu richten. Dann das Gleiche mit dem linken Bein und dem linken Arm. So robbte ich über den Boden. Eine Bewegung, wie ich sie besipielsweise von meinen Hunden her kenne.

Was mir mehr Mühe bereitete und meine Muskeln zittern liess, war, dass ich die Füsse nicht zu Hilfe nehmen durfte, sondern sie hinter mir herziehen musste. Als Übungssteigerung riet mir Adriana zum sogenannten Spider-Man-Move, sprich: so zu krabbeln, dass die Knie den Boden nicht mehr berühren sollten. Dies schaffte ich höchstens ein paar Sekunden lang, denn wie beim Planking fehlt mir dazu die Kraft im Oberkörper.

Strengt an und macht Spass

Und genau hier liegt auch ein Problem. Durch zu wenig Training und das viele Sitzen am Computer vernachlässigen wir unseren Oberkörper. In der Folge wird die Muskulatur schwächer, was wiederum dazu führt, dass man anfälliger auf Rückenschmerzen wird.

In den USA greift der neue Trend um sich: Crawler auf der National Mall in Washington D.C. Bild: Youtube

Der amerikanische Chiropraktiker Justin Klein, der Crawling in seiner Praxis vor allem bei der Schmerzbehandlung einsetzt, hat gemeinsam mit dem Fitnesscoach Tim Anderson darum das Programm «Original Strength» ausgearbeitet, das den Körper und seine Mobilität stärken soll.

Das Baby-Krabbel-Work-out ist anstrengend. Nach 15 Minuten habe ich einen roten Kopf, nach 20 Minuten muss ich Pause machen. Aber es macht durchaus auch Spass.

Videos helfen beim Optimieren

Zum Beispiel beim Rückwärtskrabbeln. Schon nach kurzer Zeit sind meine Bewegungen völlig unkoordiniert, ich weiss nicht mehr, was rechts und links ist, und breche lachend zusammen. Darauf beschliesse ich, mir ein paar «Original Strength»-Videos anzuschauen, um mich zu motivieren und eine nächste Stunde in Angriff zu nehmen. Denn das nächste Mal möchte ich alleine trainieren.

Dass meine Bewegungsabläufe alles andere als harmonisch waren, beweist auch der Muskelkater, der mich am nächsten Morgen plagt. Und der ist ja immer ein Zeichen, dass das Training suboptimal war.

11 Kommentare zu «Krabbeln wie ein Baby, robben wie ein Hund»

  • Hans Heimann sagt:

    Da hat sich der Homo sapiens über einige tausend Jahre entwickelt und dann sehen wir dem hübschen Mann im Video zu: Konsternation. Irgendwie scheint mir die Entwicklung rückwärts zu verlaufen…

    • P. Waldner sagt:

      Das fällt ihnen erst jetzt auf?!
      Der Mensch tut doch alles, das er auf seinem Allerwertesten hocken bleiben kann.

      (War gerade im Graubünden wandern – hordenweise Deutsche und Zürcher, die nichts besseres in ihrer Freizeit zu tun haben als mit ihrem SUV irgendwo ins Grüne raus zu gondeln. Dann doch lieber kriechende Amis – die schaden wenigsten nicht andern).

  • Lena sagt:

    Ich – Jahrgang 1955 – durfte bereits im Jahr 1978 „Crawlen“!
    Wurde in der (Ausbildung) zu Physiotherapeuten an der Physio-Schule des Inselspitals Bern angeboten!
    Damals wurde es unter dem Brand „Klappsches Kriechen“ vermarktet.
    Ach was solls, Hauptsache Bewegung!

  • Michael sagt:

    Gleich nach dem Satz – Crawling ist das neue Planking – habe ich aufgehört zu lesen. Vorerst. Und dann doch drüber gesehen. Mir kamen gleich mehrere alte Weisheiten in den Sinn, wie alter Wein in neuen Schläuchen oder eine Sau durch’s Dorf treiben.
    Sucht euch ein vernünftiges Yogastudio wenn Ihr Eurem Körper und Geist etwas Gutes tun wollt.
    Natürlich muss die Fitnessindustrie ständig etwas Neues erfinden, wie sonst könnte sie ständig Umsatz machen. Aber müssen wir uns davon beeinflussen lassen ? Nein !

  • AnneInside sagt:

    Das sieht man einem 6 monatigen Kind gut an. Wenn es stolz mit ganz geradem Rücken auf dem Boden sitzt. Das habe ich bei meinen Kindern immer bewundert und daraus geschlossen, dass sie beim kriechen den Rücken super gestärkt hatten.

  • Rene sagt:

    Der nächste Trend heisst vermutlich „Käferstress“. Man legt sich auf den Rücken und strampelt und fuchtelt in alle Richtungen, ist sicher auch ermüdend……falls wir einmal so degeneriert sind und nicht mehr laufen können….

  • arnold gasser sagt:

    Bestimmt super für die Wirbelsäule und alle anderen Gelenke, die genau für diese Fortbewegungsart wie gemacht sind…

  • Leo Schmidli sagt:

    1. Wie bei allen „Fitnesstrends“ wird auch hier alter Wein in neuen Schläuchen ausgeschenkt. Alles schon bekannt, aber eben noch nicht so „hip“ vermarktet.
    2. Der letzte Satz „Und der [Muskelkater] ist ja immer ein Zeichen, dass das Training suboptimal war.“ entbehrt aber wirklich jeglicher Grundlage! Ein Muskelkater sagt nichts über Erfolg oder Effizienz des Trainings aus!

    • Dom sagt:

      Also mir z.B. war das nicht bekannt, und ich bin sehr interessiert…

      • Leo Schmidli sagt:

        Man kann das Rad nicht neu erfinden!
        Liegestützen kennen Sie schon? Dann haben Sie schon einmal eine Grundlage. Jetzt halten Sie die Spannung, variieren Sie ein bisschen, lassen Sie Ihre Phantasie spielen! Rumpf beugen, strecken, Oberkörper rotieren, Arm(e)/Bein(e) anheben etc.
        Und das ist alles gratis, ohne dass Ihnen ein „völlig revolutionäres, neuartiges Programm, dass sich auf unsere Wurzeln besinnt“ blablabla verkauft wird. Viel Spass! Durchziehen müssen Sie es aber schon selber.

  • Sven Dobler sagt:

    Zum Robben kann man auch ins Militär gehen

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