Wenn Männer auf Frauen warten

Wenn das Warten zur Qual wird, zeigt sich die Grösse eines Mannes. Foto: Instagram/miserable_men

Wenn das Warten zur Qual wird, zeigt sich die Grösse eines Mannes. Foto: Instagram/miserable_men

Doch, doch, es gibt sie, die stillen Helden im Alltag, die sich stoisch und ohne zu murren ihrem Schicksal ergeben. Ich bin einigen von ihnen am letzten Samstag begegnet. Normalerweise bringen mich keine zehn Pferde am Wochenende in die City, aber wenn sich das Gottenkind zum Geburtstag den ersten BH wünscht,  kann ich ja schlecht Nein sagen.

Samstags an der Bahnhofstrasse

Und da das ersehnte Modell die erste Waschmaschinenwäsche überstehen sollte, machten wir einen grossen Bogen um die Billigläden und landeten in einem edlen Warenhaus an der Zürcher Bahnhofstrasse. Die Exklusivität zeigte sich unter anderem daran, dass die Kundinnen die Unterwäsche nicht in einem Minikabäuschen mit unvorteilhaftem Neonlicht und Staubmäusen in der Ecke probieren mussten, sondern dies in einer grosszügigen Umkleidekabine mit weichen Teppichen und schmeichelndem Licht tun konnten. Vor den Umkleidekabinen standen bequeme Sessel und Sofas. In dieser Lounge-Atmosphäre konnten Begleiterinnen und Begleiter warten.

Mein Gottenkind hatte einige BH-Modelle ausgesucht und verzog sich hinter einen der Vorhänge, nicht ohne vorher lautstark zu warnen: «Nicht schauen, Gotti!» Das beleidigte mich ein bisschen, denn immerhin hatte sie darauf bestanden, dass ich sie begleite. Aber dies anscheinend nur aus monetären Gründen.

«We take it all»

Ich quetschte mich also auf einen freien Platz auf einem der Sofas. Rechts von mir sass ein pubertierender Jüngling, rechts ein beleibter Mann in den besten Jahren, der unentwegt auf eine Kabine starrte. Und in der Tat, sein Starren wurde belohnt, seine um etliche Jahre jüngere Frau (?), Freundin (?), Geliebte (?) präsentierte ihm alle 30 Sekunden ein neues Teil, das er bewundernd und mit einem Schnalzen, «beautiful, we take all of them!», kommentierte.

Auf was der Jüngling wartete, wurde mir auch nach mehreren Minuten nicht klar. Für ihn öffnete sich jedenfalls kein Vorhang. Einige andere Männer – ich war die einzige Frau, die hier sass – hatten mehr Glück. Immer wieder durfte der eine oder andere vor oder hinter geschlossenem Vorhang die Wäsche bestaunen. Die anderen, die nur warten durften, hatten sich scheinbar ihrem Schicksal ergeben. Einige starrten ins Leere, einer döste, und nur ein Exemplar trommelte ungeduldig mit den Fingern auf die Armlehne eines Sofas.

Arme Männer

Dass sich diese erzwungene Untätigkeit durchaus zu einem stillen Leiden entwickeln kann, beweist Matt Stroud auf seinem Instagram-Account miserable_men. Hier postet der Amerikaner Männer, die auf ihre Frauen warten, die am Shoppen sind. Und die Fotos bestätigen tatsächlich jedes erdenkliche Klischee. Inzwischen begeistert Stroud mit dem ironischen Blick auf seine Leidensgenossen bereits rund 300’000 Follower.

Nach einer guten Viertelstunde hatte sich auch mein Gottenkind für ein Modell entschieden, und wir machten uns auf den Weg zur Kasse. Ich warf einen letzten Blick ins Boudoir. Der junge Mann sass noch immer auf dem Sofa, und noch immer hatte sich kein Vorhang für ihn geöffnet.

27 Kommentare zu «Wenn Männer auf Frauen warten»

  • Michael sagt:

    Shoppen gehen bedeutet für Männer keine Entspannung, sondern dient allein dem Zweck, seine Garderobe um ein notwendiges Teil zu erweitern. Auch seine Vorstellungskraft bezüglich des zu erwerbenden Teils ist grob gehalten – Schuhe blau, Sakko gestreift. Das hat zur Folge, das er ziemlich schnell fündig wird und sich anschliessend wieder den wichtigen Dingen des Lebens widmen kann.
    Umgekehrt ist es bei der Frau – shoppen kann zur Entspannung dienen. Sie muss auch garnichts kaufen wollen, allein mit der weltbesten Freundin durch die Läden ziehen und alles mögliche anprobieren reicht.
    Diese beiden Verhaltensweisen sind nie im Leben zum Einkalng zu bringen. Manche Geschäfte haben deswegen Warteecken für Männer mit auto, Sporzt und Fussball Lektüre eingerichtet. Das ist Dienst am Mann !

  • marie sagt:

    witzig beschrieben – ja, kenne ich auch. 2-3x mitgeschleppt. seitdem gehe ich alleine shoppen. aber wehe es kommt kritik. die akzeptiere ich dann nicht!
    na ja, ich habe da wenig mitleid, ausser mit dem pubertierenden. einfach klipp und klar die aufforderung „wir gehen shoppen“ ablehenen, wenn manN daruaf keine lust hat. ist doch kein problem. wird aber eins, wenn keine anderen gemeinsamkeiten vorhanden sind 😉

    • Christoph Bögli sagt:

      Denke schon, dass das bei manchen ein Problem sein kann aus letzterem Grund. Wenn bei anscheinend so einigen Shopping die wichtigste (oder einzige) Freizeitaktivität und das grösste Glück ist, dann dürfte es unweigerlich für Konflikte sorgen, wenn der Partner sich dem rundweg entzieht.

      Letztlich ist die einfachste Lösung dafür, dass man(n) sich keinen Partner sucht, für den Shopping eine grosse Bedeutung hat, wenn man es selber nicht mag. Basierend darauf hatte ich damit nie ein Problem..

  • Robert Hasler sagt:

    Frau Aeschbach! Lassen Sie sich sagen, dass Sie sich auf Territorium bewegt haben, wo Sie sehr viel über das äusserst komplexe Verhältnis zwischen Frauen und „ihren“ Männern hätten lernen können. Zum Beispiel, dass die weibliche Wahrnehmung gewisser Aspekte davon durchaus mit blinden Flecken behaftet ist. Nur so lässt sich erklären, dass Sie schon nach 15 Minuten denken, Sie hätten ansatzweise etwas davon verstanden.

  • Peter Schatt sagt:

    Mein Eindruck im Alltag: Viele Frauen „halten“ heute Männer wie Haustiere +. Es fehlt meinem Geschlecht schlicht am gesunden Selbstvertrauen. Man kann nicht dem „Friede“ zuliebe immer Ja und Amen sagen.

  • Pedro Riengger sagt:

    Dass die meisten Männer nicht gerne «shoppen» braucht nicht extra erwähnt zu werden. Da reicht ein Blick auf den Durchschnittsmann irgendwo auf der Strasse. Schlabbershirt oder Bügelfreikurzarmhemd, ausgelatschte Turnschuhe oder Trekkingsandalen etc. Keine zwei gleichen Unterhosen oder Sockenpaare. Und würden sie von ihren Frauen nicht hin und wieder auch zu IKEA oder Möbel Pfister geschleppt, würden sie auch immer noch in ihren Kinderzimmermöbeln wohnen. Aber selbstverständlich fahren sie ein «standesgemässes» Leasingauto, mit dem sie öfter zur Waschstrasse fahren als zur Dentalhygiene. Man(n) ist ja kein Loser.

    • Christoph Bögli sagt:

      Also wenn das für Sie der „Durchschnittsmann“ ist, dann sagt das glaub mehr über Ihr Umfeld aus als die Männer im Allgemeinen. Im übrigen ist Ihr Klischeebild auch ziemlich unlogisch, weil gerade die Typen mit dem „standesgemässen Leasingauto“ wohl zu jenen gehören, die sich auch sonst überproportional mit dem Äusseren und Mode beschäftigen.

      PS: Man kann durchaus anständig angezogen sein und den ganzen Konsum-Shopping-Fimmel trotzdem ablehnen. Gerade wenn man eine solide Stil-Vorstellung hat ist die Sache doch ziemlich trivial: man geht alle paar Monate mal mit einer klaren Vorstellung in ein ordentliches Geschäft, nimmt sich das passende, zahlt und ist nach paar Minuten wieder draussen. Problem erledigt.

  • Anh Toàn sagt:

    Kann mich erinnern, woher ich weiss, wer Heidi Klum ist:

    Ich war einkaufen, mit meiner Frau, bei Hasi & Mausi, sie hat sich entschuldigt, dass es so lange dauert, ich habe gesagt, macht nichts, ich könne die sexy Blondine, die auf den Postern Bikinis bewirbt, stundenlang ansehen. Ich wurde dann informiert, dass die Heidi Klum heisse.

    • Pedro Riengger sagt:

      Soso, sowas sagen Sie also zu Ihrer Frau. Und dann glauben Sie noch, hier mit Ihrem «Witzchen» punkten zu können. Ihr Benehmen ist offenbar genauso billig wie Ihr Posterfrauengeschmack.

      • M Koller sagt:

        Menschen derart persönlich anzugreifen ist auch kein wirklich ein akzeptables Verhalten. Möglicherweise sollten Sie, anstellen von Kommentaren, Ihre Zeit für etwas Selbstkritik nutzen.

      • Anh Toàn sagt:

        Anscheinen hat meine Frau mehr Humor als Sie.

      • Anh Toàn sagt:

        Irgendwo im Netz: „Jeden Tag wurden unsere Schaukästen aufgebrochen und insgesamt fast 200 Plakate gestohlen“, sagte Hans-Peter Bischoff, Sprecher der Kölner Außenwerbungs-Firma JC Decaux, am Mittwoch. Auf dem Plakat wirbt Klum für Bikinis des schwedischen Modeunternehmens Hennes & Mauritz. “

        So weit wäre ich dann doch nicht gegangen, zu versuchen ein Plakat zu stehlen. Aber auf Postern kommt die Heidi einfach gut: Sie redet nicht.

  • fufi sagt:

    Jeder Vorhang, der sich geöffnet hat, hat sich – nolens volens – AUCH für den pubertierenden Jüngling geöffnet!
    Ein Schelm, wer Schlimmes denkt!

  • urs brand sagt:

    Ich konnte nie verstehen, weshalb der Mann immer mit muss, wenn Shoppen abgesagt ist. Vielleicht stimmt es doch, dass der Grund bei seiner Kreditkarte liegt und zudem jemand all den Tand nach dem Kauf tragen muss.
    Was können wir Männer doch froh sein, dass wir nicht auch noch als Begleiter mit müssen, wenn bei Frau Termine anstehen z.B. beim Coiffeur, Nailstudio, Haarentfernen, Stylingbeartung, Pedikure, Massage, Cellulitebehandlung, und was Frau sonst noch so alles benötigt.

  • Karl Gröbli sagt:

    Ha Ha Ha, wie gutgläubig. Dieser junge Mann war ein Spanner. Der sass dort in der Hoffnung ab un zu Mal einen Blick durch einen nicht ganz geschlossenen Vorhang einer dieser Umkleidekabinen erhaschen zu können und dabei eine Frau in Unterwäsche, oder oben ohne zu sehen. Ich habe selber schon solche Typen beobachten können.

  • Maier Tom sagt:

    es soll tatsächlich Männer geben die Shopping lieben. Aber – ähnlich wie im Text beschrieben – kenne ich keine und ich musste jeweils grinsen dass ich nicht der Einzige war der so leiden musste. Als meiner Partnerin dann irgendwann mein langes Gesicht zu unangenehm wurde, beschloss Sie aleine shoppen zu gehen und mir die Abenteuer-Rolle für die Kids zu übertragen. Die beste Entscheidung ever!

    • Hans Hintermeier sagt:

      Mir fällt Ihre passive/ergebene Rolle auf:
      – „dass ich nicht der Einzige war der so leiden musste.“
      – „Als meiner Partnerin dann irgendwann mein langes Gesicht zu unangenehm wurde,“. Sonst konnten Sie sich nicht einbringen, oder Ihr Schicksal beeinflussen?
      – „beschloss Sie aleine shoppen zu gehen und mir die Abenteuer-Rolle für die Kids zu übertragen.“

      Sie beschliesst und überträgt Ihnen Rollen! Fühlten Sie sich so ausgeliefert? Konnten Sie die Situation nur durch ein „langes Gesicht“ beeinflusse? –> Get some nuts!

      • Maier Tom sagt:

        tja, da haben Sie wohl recht. Ein echter Feigling der da mitmacht beim Shoppen. Sie sind sicher ein wahrer Helt – gratuliere!

      • Hans Hintermeier sagt:

        Tom, es ist doch nicht heldenhaft zu seinen Bedürfnissen und Gefühlen zu stehen und diese zwischen gleichberechtigten Erwachsenen zu besprechen.

        Falls Sie Mühe haben, Ihre Bedürfnisse zu kommunizieren, hilft Ihnen vielleicht das Buch „gewaltfreie Kommunikation“ von Rosenberg weiter.

  • Widmer sagt:

    Es gibt gewisse unausgesprochene Regeln: eine Frau geht nie mit einem Mann sondern nur mit einer Freundin shoppen.
    Dass Männer nicht gerne shoppen zeigen die Werbungen, wo der Mann ein fixfertiger Päckli von der Firma xy erhält und nie ein Geschäft betreten muss.
    Also, mir würde lädele kein Spass machen, wenn ich mir ständig ein leeres, leidendes Gesicht ansehen müsste.

    • Robert Hasler sagt:

      Natürlich gehen Männer gerne shoppen! Bloss lieber alleine, weil die Liebe bei der Auswahl der neuen Bohrmaschine nun wirklich kaum etwas beitragen wird. Denn die Gehäusefarbe spielt nun mal keine Rolle…

      • Christoph Bögli sagt:

        Hier hagelts ja mal wieder die plattesten Klischees. Also die meisten Frauen, mit denen ich zu tun hatte, mochten das Kleidershoppen noch weniger als ich. Dafür interessiert mich auch eine Bohrmaschine oder ähnlicher Krempel nicht die Bohne, ausser ich würde ausnahmsweise unbedingt einige benötigen. Und damit bin ich keineswegs ein Freak, sondern eher der Normalfall im meinem Umfeld.

        Wenn man selber nur shoppingsüchtige Frauen kennt während man alle Männer Zuflucht in Autos und Werkzeugkästen finden, dann liegt das nicht wirklich daran, dass das geschlechtsspezifische Naturgesetze wären, sondern eher am kleinkarierten Milieu, in welchem man sich bewegt..

  • Georg sagt:

    Die Fotos sind wirklich glamourös. Ich höre die Männer schnarchen
    ….und wo warten die Frauen auf die Männer Frau Aeschbach? Da bin ich gespannt auf ihren Artikel;-)

    • Claudia sagt:

      ich kann ihnen gerne sagen, wo wir frauen auf männer warten. in jedem elektronikgeschäft bekomme ich ein langes gesicht und bin froh, wenn wir in einem shoppingcenter sind, wo ich mich dann zu den kleider oder der unterwäsche verabschieden kann.

      • Michael sagt:

        Genau so geht es, wie es Claudia anspricht ! Und ganz wichtig, es hat nichts mit – Du liebst mich nicht – zu tun, wenn Mann und Frau in Shopping Center getrennte Wege gehen. Wobei ich das Glück habe, das meine Frau genauso gerne in Bauhäuser geht wie ich – sie bastelt gerne und lässt sich dort inspirieren.

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