Wenn Kilos das Lebensgefühl bestimmen

Bei vielen Frauen bestimmt das Gewicht, ob sie sich wohlfühlen oder nicht. Foto: Getty Images

Einer Untersuchung zufolge machen sich 8 Prozent der deutschen Frauen keine Gedanken über ihr Gewicht. Ich nehme jetzt mal an, dass diese Zahl in der Schweiz ähnlich ist. Bleiben 92 Prozent. Dazu gehören meine Freundinnen, Kolleginnen, Bekannten und natürlich ich. Frauen jeden Alters, Dünne, Dicke, Normalgewichtige, Mütter, Singles aus den verschiedensten Berufsgruppen.

Wenn ich alte Fotos anschaue, weiss ich fast bei allen Aufnahmen, wie es um meine damalige Figur bestellt war. Es gab glorreiche Zeiten und beschissene. Mein Gewicht schwankte, seit ich den Teenagerjahren entwachsen bin, um gut 15 Kilo. Das ist eine enorme Bandbreite, wenn man bedenkt, dass ich immer gleich gross geblieben bin. Dummerweise ist eine Figur, wie sie mir gefällt, meistens mit einem schlechten körperlichen und seelischen Zustand verbunden: Eine schwere Grippe, Liebeskummer, Abschiedsschmerz oder grosser Stress sorgten stets dafür, dass ich schlank bis sehr schlank war – weil es mir dann im Wortsinn den Appetit verschlug. Ging es mir mittelmässig bis gut, und das war die meiste Zeit der Fall, legte ich zu: Ich liebe es zu essen, bin ein Schleckermaul und nicht besonders sportiv.

Meine Gewichtsbiografie ist eng mit meiner Lebensgeschichte verbunden

Doch zurück zu den Fotos: Ich werde sentimental, wenn ich Aufnahmen von 1982 anschaue, die mich superschlank und braun gebrannt im Bikini beim Volleyballspielen in Korsika zeigen. Fünf Jahre später, ein Schnappschuss, der mich in England bei einem Sprachaufenthalt zeigt, mit gerundeten Wangen und ebensolchem Hinterteil. Ich weiss nur noch wenig über diese Zeit, nur dass ich die Scones mit Butter sehr liebte. 2000: ein neuer Job, ich stolz und noch runder. Wenige Jahre später eingefallen und fast schon mager, auf einem Familienfoto, das mich nach dem Tod meines Vaters zeigt: Damals wog ich 58 Kilo bei einer Grösse von 1,73 Meter. Und natürlich konnte ich meine schlanke Figur nicht geniessen, weil es mir einfach zu schlecht ging.

Ich habe eine Waage im Kopf. Und dieser Umstand nervt mich total. Meine Gewichtsbiografie ist eng mit meiner Lebensgeschichte verbunden. Und warum sich der Zustand mit dem Älterwerden nicht gebessert hat? Keine Ahnung. Ich bin schliesslich auch in anderen Belangen vernünftiger geworden. Doch ein Plus von drei Kilo auf der Waage empfinde ich noch heute als Niederlage.

Die Waage im Keller

Doch kürzlich hatte ich ein Erlebnis, das mich dazu brachte, mein rigides Verhalten mir gegenüber zu überdenken. Ich hatte gerade eine Lungenentzündung überstanden und ein paar Kilos verloren. Eine Bekannte, die ich zum Mittagessen traf, frohlockte, als sie mich sah: «Super, du hast abgenommen. Wie hast du das gemacht?» In mir wallte Ärger auf. Wie ich das gemacht habe? Indem ich mir bei hohem Fieber die Seele aus dem Leib gehustet habe. Eine echte Leistung. Nicht wahr?

Ich habe letztes Wochenende meine Waage in den Keller gebracht. Keine Ahnung, was jetzt passieren wird. Vielleicht hole ich sie nächste Woche wieder rauf, lege wieder an Gewicht zu, vielleicht nehme ich ab. Irgendwie ist es mir jedenfalls heute egal. Denn ich bin wieder gesund. Und das ist momentan die Hauptsache.

31 Kommentare zu «Wenn Kilos das Lebensgefühl bestimmen»

  • Mike Gerber sagt:

    Das Gewicht in Kilogramm hat keine Aussagekraft. Oder was sagen Sie dazu, wenn trotz „Idealgewicht“ immernoch alles schwabbelt wenn Sie auf ein Trampolin springen, während Ihre Nebenfrau mit 5 Kilo mehr sportlich-schlank und straff ist?

  • Georg sagt:

    Herzig, wie sich die Kommentatoren angeifern. Hier grad noch was zum Weitergeifern: Wenn man was reintut und nicht alles davon rauskommt, bleibt was drin. Wenn man was reintut und mehr rauskommt, bleibt weniger, als vorher da war. So einfach und emotionslos ist das mit dem fett werden und dem mager werden.

    Und nun noch ein Spürchen „wissenschaftlicher“ und ebenso emotioinslos: Ist die Energiebilanz ausgeglichen, verändert sich das Körpergewicht nicht. Der Energiebedarf ist von Individuum und von Individuum unterschiedlich und kann sich beim Individuum verändern.

    • Hotel Papa sagt:

      Was nicht so einfach ist wie die simple Kalorienbilanz ist die „Wohlfühl-Kalorienzufuhr“. Und das wird den nicht Gertenschlanken bei jeder Gelegenheit von den „Es ist ja so einfach“ Vertretern als Schwäche um die Ohren geschlagen.

      Die Menschen unterscheiden sich auch da.

  • Hansli sagt:

    Ich bin ein Mann und die Kilos bestimmen mein Leben. Wie die meisten verbringe ich die meiste Zeit vor dem Computer. Zwar meist stehend, aber trotzdem ist halt so der Energieverbrauch gering. Würde ich jeden Tag essen so viel ich will, dann würde mein Gewicht explodieren. Und so geht es allen im Büro, egal ob Mann oder Frau. Dabei geht es nicht nur um die super Figur (nicht bei allen), sondern um ein gesundes Gewicht.

  • Lala sagt:

    @Leo Schmidli: Naja, mag bei Ihnen im Fitness so sein. Ich gehe nicht ins Fitness. Spiele zwei Stunden Badminton die Woche – zusätzlich 1-3 Walking pro Woche. Habe kein Auto – mache alles zu Fuss oder mit den ÖV.

    • Leo Schmidli sagt:

      Sie machen also rund 4 Stunden Sport pro Woche – wobei ich Walking nicht als Sport bezeichnen würde. Sie verbringen also gerade einmal rund 2% Ihrer Zeit mit Sport…

    • Hotel Papa sagt:

      @Lala: Fühlst Du Dich wohl dabei? Das ist doch die wichtigste Frage. Wir können nicht alle dem Model-Ideal entsprechen.

  • Leo Schmidli sagt:

    Der Artikel beginnt falsch! 92% „machen sich Gedanken“ über ihr Gewicht. Und was bedeutet das? Ich mache mir auch Gedanken – über mein Gewicht, was ich anziehen soll, wie das Wetter wird, was ich am Wochenende mache. Und was bedeutet das? Nichts!
    Und wenn ich mich alle paar Monate auf die Waage stelle, dann mache ich mir auch Gedanken, aber sicher anders, als wenn ich mich morgendlich wiege.

  • Enrico sagt:

    Ich als ü 50er mache Sport und schau auf mein Gewicht wegen MIR !
    Bin zur Zeit am snöben. Das macht Spaß und tut mir gut ! Aber das selbe mit einer Wampe ? Aufstehen mit Board nach Pause ? Unmöglich ! Also MIR geht es besser ! ICH habe mehr Energie und Lebensfreude !
    Menschen, ob Frau oder Mann, die „wegen den andern “ auf ihre „Figur“ schauen, tun mir leid .

  • Andrea sagt:

    Ich mag diesen Blog, aber nur meistens. Heute eher weniger. Ich empfinde es auch etwas als einen Affront, wenn die Bloggerin immer und immer wieder persönliche Erlebnisse dort verarbeitet. Interessiert uns das wirklich so sehr, dass die Bloggerin einmal vor zig Jahren in ihren Zwanzigern rank und schlank war? Ich denke eher nicht.

    • Natalie sagt:

      Wikipedia: «Das Blog bildet ein Medium zur Darstellung von Aspekten des eigenen Lebens und von Meinungen zu spezifischen Themen…»
      In einem Blog geht es darum, seine eigenen Erlebnisse abzubilden…

    • Roland K. Moser sagt:

      Mich stört es nicht.
      Ich finde es interessant, was andere so erlebt haben, aber nicht während Weltreisen, sondern während des Lebens zu Hause.

    • Max Melchlin sagt:

      @Andrea: das Gewicht in der Jugend ist ja der springende Punkt der Geschichte! Sie haben das Wichtigste verpasst!

  • Carolina sagt:

    Auch wenn es banal und kitschig klingt: ist es nicht ein Zeichen von Reife, von wirklich erwachsen werden, wenn man dann irgendwann mal zu sich stehen kann, wenn man sich wirklich nicht mehr abhängig macht von den Theodors dieser Welt? Wenn man erkennt, dass es im eigenen Ermessen liegt, trollige Mitmenschen (die es ja immer gibt, egal, was man macht, wie man aussieht und wie man sich präsentiert) ignorieren zu dürfen (dazu gehören ganz oft auch Mütter, ja!)?
    Jeder Mensch kämpft mit Dämonen, das ist wohl völlig normal, deshalb erkenne ich mich hier schon auch wieder – aber je länger, desto mehr geht mir auch bei mir selber das Selbstmitleid auf den Keks und ich komme auch immer besser mit mir selber klar.

  • Theodor Rickli sagt:

    Stehen Sie doch einfach dazu, dass Sie im Kopf dick und unattraktiv sind. Dann können Sie auch damit aufhören, Fotos von sich herumzuzeigen und anderen Tipps zum Abnehmen zu geben. Diejenigen, die abnehmen müssen um attraktiv zu sein, die haben doch schon das erste Problem damit, dass sie unmässig sind un deshalb zuviel essen. Das Dicksein ist doch nur eine Folge davon. Sie werden mir doch nicht erzählen, dass ausgerechnet Sie diejenige sind, die es mit „den Drüsen“ hat.

    • Carolina sagt:

      Können Sie eigentlich zu Ihrem trolligen Verhalten stehen? Oder tauchen Sie einfach immer auf, wenn Sie einfältige Unterstellungen machen können, um ein bisschen Dampf abzulassen? Dabei möchte man ja nicht wissen, wie Sie so aussehen…..

    • Martina sagt:

      Stehen sie doch einfach dazu, dass Sie mit ihrem Leben und ihrem Dasein unzufrieden sind. Dann können Sie auch damit aufhören, anderen Leuten Tipps zu richtigem und falschem Verhalten zu geben. Diejenigen, die an einem schönen Sonntagmittag ihren Frust in Internetforen loswerden müssen, haben doch schon das erste Problem damit, dass sie chronisch unzufrieden sind. Die Griesgrämigkeit ist doch nur eine Folge davon. Sie werden mir doch nicht erzählen, dass ausgerechnet Sie derjenige sind, der Gelassenheit und Zufriedenheit kennt.
      Liebe Grüsse und Ihnen noch einen ganz schönen Sonntag!

      • Sepp Maier sagt:

        @Martin: Anderen einfach mal so immer gleich „Griesgrämigkeit“ (ein anderer Allzeit-Favorit in diesen Foren ist „Neid“) zu unterstellen, weil einem ein Kommentar nicht passt, ist irgendwie auch eine Art Krankheit, nicht? Gelassenheit sieht anders aus.

    • Gundel sagt:

      Oh, die „Drüsen“ sind also die einzig gültige Ausrede.
      Theodor sie tun mir leid.
      Da hab ich lieber ein paar Kilos zuviel als Ihr Leiden das ich nicht noch mehr beachten möchte.

    • Andrea sagt:

      @Carolina und Martina: Ich finde, dass Theodor so ziemlich sehr recht hat. Ich teile seine Meinung. Gewicht und Frauen ist ein leidiges Thema, und niemand will persönliche Erlebnisse dazu hören. Gewichtsprobleme ohne gesundheitlichen Ursprung kommen von zuviel Essen und zuwenig Bewegung. Es ist eine einfache Leistungsbilanz von Input und Output. Wenn man das einmal begriffen hat und dazu noch genügend Selbstvertrauen hat, hat man keine Gewichtsprobleme mehr. Die meisten Gewichtsprobleme beginnen im eigenen Kopf. Das hat so gar nicht mit Griesgrämigkeit zu tun. Am allerwenigsten hat es mit dem tatsächlichen Gewicht zu tun. Dick ist, wer sich dick fühlt. Egal ob 50kg oder 90kg.

      • Ilona sagt:

        Liebe Andrea, Ich bin Ihnen zutiefst zu Dank verpflichtet! Das mit weniger Essen und mehr Bewegung das wusste ich ja gar nicht. Haben sie das selbst herausgefunden (?) – das müssen Sie unbedingt publik machen. Die dummen Dicken wissen das sicher einfach nicht.

      • Natalie sagt:

        @Andrea: Ich wiege über 100 Kilo. Sie wollen mir also sagen, dass ich, wenn ich mich nicht dick fühlen würde, nicht dick wäre?
        Das wäre wohl eher Realitätsverleugnung.

      • fufi sagt:

        Ach Mädels!

        Eure Probleme möchte ich haben!

        🙂

  • fufi sagt:

    Tja, „gesund“ werde ich wohl nie mehr werden, soweit ich an chronischer, psychotherapeutisch unheilbarer Anorexie leide. Seit 40 Jahren.
    Und ja doch, seit ein paar Wochen haben wir wieder eine Waage, meine Frau hat sie geschenkt bekommen, weil Wuddy Wuschel, der Perserkater, dringend zunehmen muss und sie das kontrollieren will.
    Ich weiss nicht, wo sie ist – die Waage – und ich will’s eigentlich gar nicht wissen.

    Und von wegen den Grippen und den Lungenentzündungen:
    Zumindest DA-gegen habe ich mich impfen lassen.
    Nichts also mit fremd-abnehmen.

    • Bea sagt:

      Soso fufi, impfen lassen – und das wundern Sie sich, dass Sie krank sind.
      Bitte informieren!

      • fufi sagt:

        Bea

        Meine erste Anorexie hatte ich im 1971, als Mann.
        Die 2tte war 1979, immer noch als Mann.
        Die 3tte begab sich anno 1988, schon wieder als Mann.
        Ab so 2004 wurde die Magersucht chronisch.
        Und da war ich noch immer männlich und geb mir alle Mühe, das weiterhin zu bleiben.

        Soweit verstanden?
        Impfen gegen Anorexie geht leider nicht.

        Aber Impfen gegen Grippe geht, und gegen Streptokokken, die häufigsten Verursacher von Lungenentzündung, nämlich Pneumokokken.

        Gegen gewisse Krankheiten gibt es allerdings keine Impfungen, DAS weiss ich schon!

      • ClBr sagt:

        fufi: ich weiss, was es heisst, untergewichtig zu sein… Eine Ernährungsberaterin hat mir mal gesagt, es sei mindestens so schwierig, zuzunehmen, wie abzunehmen. Und die Zusatznahrung, die die Krankenkasse bezahlt, it durchs band „gruusig“. Wenn sich alles ums Essen und Wögen dreht, vergeht sogar mir, die ich früher gerne ass, der Appetit

  • Oldman sagt:

    Wie wir Menschen doch alle gleich sind!, dachte ich mir beim Lesen dieses Blogs zum Thema Gewicht. Und wohlverstanden, ich bin ein Mann und schon seit vielen Jahren nicht mehr der Jüngste. Tja, warum ist uns das Gewicht denn so wichtig und warum sinkt die Stimmung in den Keller, wenn uns zu Beginn der Badesaison der Badezimmerspiegel eine unansehnliche Wampe plus fette Rettungsringe statt den sportlichen Flachbauch der Sonnencreme-Werbung reflektiert? Eigentlich ganz einfach: Weil die äusseren Werte des Menschen entgegen allen politisch korrekten Beteuerungen des Gegenteils über Erfolg und Anerkennung im Leben bestimmen. Schlank = Hübsch = Begehrt = Hohes Selbstwertgefühl = Glücklich. Umkehrschluss: Ohne den Zwang zum Hübschsein wäre ganz schnell Schluss mit allen Diäten und Fitnessclubs.

  • Helena Schenk, Ettingen sagt:

    BRAVO!! Mir geht es genauso!!!

  • Lala sagt:

    Kenne ich selber gut. Bin eher klein, mache Sport und schaue auf meine Ernährung. Trotzdem bin ich relativ schwer. Schwer, nicht dick. Aber natürlich auch nicht superschlank. Trage 38/40.
    Zusätzlich „gesegnet“ mit einer Mutter, die mich von klein auf äusserlich ständig kritisierte, statt mit Selbstvertrauen ausstattete….
    Und so kämpft man täglich mit seinen Dämonen.
    Irgendwie lächerlich als gut ausgebildete, sehr eigenständige Person. Immerhin: auf’s Alter ist es besser geworden.

    • Leo Schmidli sagt:

      Ohne Sie zu kennen vermute ich, dass Sie falsch trainieren und Sich nicht richtig ernähren.
      Wenn ich die Leute in meinem Fitnessstudio sehe, die mehr mit ihrem Handy als mit dem Training beschäftigt sind und nach einer unmotivierten Trainingsstunde immer noch nicht schwitzen, frage ich mich, warum sie nicht etwas Anderes machen.

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