Glück aus der Tasse

Mehr als eine Tasse heisses Wasser: Kann Tee glücklich machen? Zum Flirten führen? Schwung in den Tag bringen? Foto: iStock
Ich wartete auf den Kick.
Und das genau seit drei Tagen. Oder besser gesagt, seit ich täglich zwei bis drei Tassen Glückstee trinke. Dies um herauszufinden, wie sogenannte Wellness-Tees auf meine Psyche wirken. Die ayurvedische Kräuterteemischung mit Zimt, Hopfen und Orangenschale aus dem Reformhaus soll mich nämlich beflügeln – zugegeben eine beachtliche Leistung für einen 2-Gramm-Beutel. Damit nicht nur meine Psyche, sondern auch mein Konto profitieren kann, spielte ich während des Schlürfens des Tees vorsorglich Lotto. Schliesslich muss man dem Glück manchmal ein bisschen auf die Sprünge helfen.
Aber von Anfang an. Im Reformhaus verwirrte mich die Auswahl ein bisschen: Rund 80 Wellness-Wohlfühl-Stimmung-Tees sind dort im Angebot. Aber natürlich gibt es auch eine grosse Anzahl «Emotions Booster» im Supermarkt. Ihre Namen sind verführerisch: «Auf sanften Schwingen» soll gegen Einschlafstörungen wirken, «Weck mich!» müde Lebensgeister wecken, «Der freche Flirt» beim Anbaggern helfen, «Inspiration & Dynamik» bei Schreib- und anderen Staus beflügeln. Als Erstes landete der Glückstee für den stolzen Preis von 7.80 Franken für 17 Teebeutel in meinem Einkaufskorb – eine kleine Investition musste schliesslich sein. Auch die «Dynamik» und der «Flirt-Tee» durften mit nach Hause.
Eine Tasse nasser Hund
Mit meiner neuen Leidenschaft bin ich übrigens nicht alleine. Heute wird das Teetrinken in der Schweiz immer beliebter. Um jeweils rund 5 Prozent stieg der Absatz in den letzten Jahren. Davon sind geschätzte 20 Prozent Wellness-Tees, die mit neuen Mischungen und Aromen immer neue Geschmackserlebnisse ermöglichen sollen. Aber eben nicht nur die Sinne und der Geschmack sollen bei diesen Wohlfühltees gekitzelt werden, auch die Psyche soll profitieren.
Den Glückstee sparte ich mir quasi als Höhepunkt dieses Tests auf. Ich startete also an einem Montagmorgen mit «Inspiration & Dynamik». Konnte ja nicht ganz falsch sein, zu diesem Zeitpunkt etwas Gas zu geben. Normalerweise schwöre ich um diese Tageszeit auf doppelten Espresso, aber warum nicht mal etwas anderes, um die Lebensgeister anzukurbeln? Der Tee roch ein bisschen nach nassem Hund und schmeckte, trotz zwei Zuckerstücken, seltsam bitter.
Nach der ersten Tasse spürte ich – nichts. Ich beschloss, dem Effekt noch eine Chance zu geben, und schenkte mir noch einmal eine Tasse ein. Die Inspiration blieb weiter auf der Strecke, die Dynamik spüre ich Stunden später als übles Bauchgrimmen auf dem WC. Zur Beruhigung gönnte ich mir eine Tasse altmodischen Kamillentee und beschloss, eine Pause einzulegen, bevor ich am nächsten Tag im Büro einen Versuch mit dem «Frechen Flirt» machen würde, einem Früchtetee, der mit Granatapfel und Brombeere aromatisiert ist. Die Packung, inklusive Froschkönig, ist zwar potthässlich, aber schliesslich kommt es ja auf den Inhalt an.
Schadenfreude statt Flirt
Der heisse Tee schmeckte überraschend fein. So fein, dass ich mir nach dem Trinken der ersten noch eine zweite Tasse genehmigte. Bildete ich mir das nur ein, oder fühlte ich mich danach irgendwie energetischer, besser durchblutet? «Du hast aber heute einen feurigen Teint», bemerkte mein Bürokollege vis-à-vis. «Warst du in den Bergen ohne Sonnenschutz?» Das tönte definitiv nicht nach einem Flirtversuch, sondern eher nach Schadenfreude. Aber der Kollege hat nicht so unrecht, meine Wangen fühlten sich an, als hätte ich Fieber. Auf der Toilette sah ich im Spiegel, dass sich auf meinem Gesicht kleine, rote Flecken gebildet hatten. Ich musste auf einen der Inhaltsstoffe überempfindlich reagiert haben – für mich als Allergikerin leider keine neue Erfahrung. Ich schluckte ein Antihistaminikum gegen die Rötungen – nein, nicht mit Tee, sondern mit einem Schluck Wasser.
Mein dritter Versuch, die Sinne zu wecken, war dann der Glückstee. Aber eben, der Kick blieb aus, allerdings schmeckte mir das Tässchen mit der ayurvedischen Kräutermischung mit jedem Tag besser. Ich verspürte zwar keine Glücksgefühle, dafür eine wohlige Wärme, die sich nach jedem Schluck verstärkte. Wunderbar. Kurz: Ich hatte meinen Lieblingstee gefunden.
Eine Woche lang trank ich meinen neuen Freudenspender. Und dann gabs noch einen Bonus obendrein: Der Lottoschein, den ich während des Teetrinkens an Tag drei ausgefüllt hatte, hat gewonnen! Mein Gewinn betrug allerdings nur 29.60 Franken und deckte damit ungefähr die Ausgaben, die mich diese Geschichte gekostet hat. Aber manchmal genügt das Glück ja bereits in kleinen Dosen. Oder in kleinen Tassen.
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6 Kommentare zu «Glück aus der Tasse»
Mein Lieblingstee ist selbstgemacht (da weiss ich was drin ist) aus fermentierten Erdbeer-, Himbeer- und Brombeerblättern, Verveine und Zitronenmelisse. Oder kalt angesetzte Verveine und Zitronenmelisse im Sommer. Jeweils mit oder ohne Pfeffermminze, Rosenblätter, Malvenblüten, Honig, Kandiszucker, Milch.
Ein guter Tee braucht im Prinzip nur eines: Richtige Teeblätter aus guter Qualität. All die seltsamen Kräuter, Früchte und sonstige dubiose Stoffe, die im Westen als Tee verkauft werden, oft von irgendwelchen Quaksalbern mit absonderlichen Werbelügen, kann man sich getrost sparen. Dann definitiv lieber einen „Hopfentee“..
Mein Glückstee heisst Rugenbräu. Oder Sagres. Oder Quöllfrisch.
@ dres
1. Januar 2017 um 20:39
@ dr house
1. Januar 2017 um 12:09
D Fräss ond Suuftääg verbii?
Nüechtern?
Normaugwecht?
Oder emmer no lend?
mein glückstee ist eine groooosse tasse gefüllt mit:
1 esslöffel Baileys (original oder mit schoko)
frisch gebrühtem (Filter!)kaffe (wobei ich kaffee NIE anders zubereitet habe, als so und der «käpselibomberhype» nie einzug in mein küche hielt)
und heisser (!) geschäumter milch.
hi hi hi…
Mein Glückstee ist ein Kaltwasserauszug aus Kamillen. Entweder kein oder nur ganz wenig Zucker.