Hausmittel wirken Wunder

Gut im Strumpf: Essigsocken brauchen Essig – aber nicht zu viel. Foto: fenwench (Flickr)

Gut im Strumpf: Essigsocken brauchen Essig – aber nicht zu viel. Foto: fenwench (Flickr)

Kürzlich hatte mein Mann die Grippe, inklusive hohes Fieber. Und da ich in solchen Situationen immer zu krankenschwesterlicher Hochform auflaufe – mein zweiter Vornamen ist Florence –, sagte ich zu ihm: «Ich mache dir jetzt Essigsocken, und zwar genau so, wie meine Mutter sie mir als Kind gemacht hat.» Ich hatte zwar keine Ahnung mehr wie, aber ich dachte mir, so schwierig kann das ja nicht sein.

In der Küche leerte ich eine Flasche Apfelessig in einen Plastikeimer, dazu einen Sprutz kaltes Wasser und eine Handvoll Eiswürfel. Mit ein paar Tüchern und alten Socken bewaffnet, ging ich ans Bett meines Liebsten und befahl ihm, die Füsse unter der Decke rauszustrecken, was er widerwillig auch tat. Ich tunkte Tücher in das eiskalte Wasser und legte sie ihm um die Waden. Er schrie auf: «Bist du verrückt geworden, willst du, dass ich an einem Kälteschock sterbe?»

Ich murmelte etwas wie: «Du alter Hypochonder» und wiederholte die Prozedur beim anderen Bein. Ehrlich gesagt: Das Essigwasser war wirklich eisig, aber schliesslich hatte der Mann ja auch hohes Fieber. Der Zweck heiligt also die Mittel. Als ich allerdings versuchte, ihm eine Socke über den Fuss zu ziehen, schlug er (sehr wahrscheinlich im Fieberwahn) um sich und trat mit dem Fuss gegen den Eimer mit dem Essigwasser, den ich dummerweise aufs Bett gestellt hatte.

Der langen Rede kurzer Sinn: Geschätzte anderthalb Liter eisiger Essig ergossen sich übers Bett. Es brauchte Tage, bis die Matratze wieder einigermassen trocken war, penetrant nach Essig stank sie natürlich noch länger. So stark, dass meine Hunde plötzlich ihr Mittagsschläfchen nicht mehr auf der Tagesdecke des Bettes machen wollen.

Meerrettich gegen Erkältung, Lavendel gegen Stress

Warum ich das an dieser Stelle erzähle? Ganz einfach. Einige Tage nach dem Malheur bin ich auf ein tolles Buch gestossen. Es heisst «Zwiebelwickel, Essigsocken & Co.» Im schönen Bildband findet man eine praktische Sammlung von über 40 natürlichen Heilmitteln gegen häufige Krankheiten. Egal, ob laufende Nasen, Gliederschmerzen, Fieber oder Verdauungsprobleme: Wer nicht sofort Pillen einwerfen möchte, lernt hier, welche altbewährten Mittelchen bei Unpässlichkeiten helfen. Darunter finden sich einige überraschende Methoden und Zutaten, wie eine Halskette aus Meerrettich gegen Erkältungsbeschwerden.

Karin Berndl und Nici Hofer: Zwiebelwickel, Essigsocken & Co. – Traditionelle Hausmittel neu entdeckt, Eden Books, 112 S., ca. 20 Fr.

Karin Berndl und Nici Hofer: Zwiebelwickel, Essigsocken & Co. – Traditionelle Hausmittel neu entdeckt, Eden Books, 112 S., ca. 20 Fr.

Untermalt werden die «Rezepte» mit geschmackvollen Fotos. Die beiden Autorinnen, Karin Berndl und Nicci Hofer, beide aus Österreich stammend und seit vielen Jahren in London in Fotografie und Werbung tätig, sind von den Vorteilen der natürlichen Heilmittel überzeugt, auch wenn sie nicht gegen Schulmedizin sind, «aber wir lieben Hausmittel als ersten Ausgangspunkt im täglichen Gebrauch».

Viele Hausmittel sind naturnah und gesund, töten Viren, wirken entzündungshemmend und reinigend. «Man versucht, den Körper gleichzeitig auf natürliche Weise zu stärken, nutzt die Kräfte der Natur in Formen von Vitaminen, Mineralien und vielen anderen Mikronährstoffen», sagen die Autorinnen. Und die bunte Auswahl der Heilmittel im Buch ist umfassend: ob ein Lavendelbad bei Stress und Verspannungen, ein Zwetschgentee bei Verstopfung, Brombeersaft bei Erkältungen, oder eben die Essigsocken bei Fieber.

Essigsocken für Einsteiger

Damit wir es alle nächstes Mal besser machen, hier das Rezept für Essigsocken von Karin Berndl aus dem Buch:

Man nehme:

  • 2 Tassen (5 dl) kaltes Wasser
  • 1 Schuss Essig (keine Flasche!)
  • 1 Paar lange Wollsocken
  • 1 oder 2 Handtücher

Los gehts! Der Patient sollte im Bett liegen. Nimm eine Schüssel, fülle sie mit kaltem Wasser und gib einen Schuss Essig dazu. Die Socken in der Lösung tränken, leicht auswringen, dabei aber gut durchnässt lassen und in diesem Zustand über Füsse und Waden ziehen. Ein trockenes Handtuch um die Socken legen, damit das Bett nicht nass wird. Die Socken durch frisch getränkte ersetzen, wenn nach 45 Minuten die Temperatur des Patienten nicht gesunken ist. Die Socken ausziehen, wenn die Füsse oder Hände des Patienten kalt werden oder wenn er anfängt zu frieren.

Warum es funktioniert: Essig fördert die Durchblutung und hat eine fiebersenkende Wirkung. Es kurbelt ausserdem das Immunsystem an und hilft, Abfallstoffe besser abzubauen. Wichtig: Falls der Patient bereits schon vor den Essigsocken vor Kälte zittert, ist dieses Rezept ungeeignet. Dann sollte er einen Arzt aufsuchen.

So weit das Rezept aus dem Buch. Mein persönlicher Lieblingstipp: Farn-Franzbranntwein. Sollte (äusserlich!) gegen Rückenschmerzen, Rheuma und Kopfschmerzen helfen. Wirkte bei meiner Migräne Wunder.

13 Kommentare zu «Hausmittel wirken Wunder»

  • Peter sagt:

    Ha. Eine dampfende Hühnersuppe wirkt Wunder.
    Und die guten alten Wadenwickel haben (fast) immer bei den Kindern funktioniert, um das Fieber runterzubekommen.

  • Sara sagt:

    Herrlicher Text…, musste echt laut loslachen, das könnte ich gewesen sein, haha :)!!

  • Franz Gödl sagt:

    Wenn man sich bewusst macht, dass nicht die Sache, das Medikament, die Medizin oder die Kügelchen heilen sondern jeder sich nur selbst heilt mit den entsprechenden „Krücken“ die aus eben diesen „Heilmitteln und Methoden“ bestehen, dann bekommt das Hausmittel eine andere Rolle und vor allem auch die Schulmedizin, welche auf der reduktionistischen, logischen Basis fusst und dogmatisch über andere „Krücken“ herrscht. Am Ende sind sie alle nur Mittel zum Zweck sich selbst zu heilen. Wort und Wurz, wie Prof. Storl so schön sagt.

  • edith schmidt sagt:

    so alte über generationen übergesprungene hausmittel sind einfach klasse.. natürlich nur bei normalen nicht lebensgefährlichen erkankungen.. mein oma gab uns bei husten und halsweh immer einen teelöffel bibernell wurzel kleingehackt, in den mund ! das war ziemlich grauslig, diesen geschmack auszuhalten.. aber nach ca 2 bis 3 mal 10 min und (den saft natürlich geschluckt) , war der husten weg und das halsweh viel besser.. übrigens habe ich jahre später gelesen, dass fast alle wirksamen hustensäfte und bonbons von dieser zutat bibernelle profitieren! also lernen auch die medikamentenhersteller von den alt überlieferten hausmitteln . edith

  • Helene sagt:

    Wir haben den Kindern statt Essig jeweils eine Zitronenscheibe in die Söckchen gelegt und ein paar Wollsocken drüber.
    Hat auch gewirkt, war aber einfacher zu machen und hat vorallem nicht so fürchterlich nach Essig gestunken…

  • Pflegefachmann FH sagt:

    Schade, dass im Jahr 2016 und im Bezug auf die aktuelle Sexismusdebatte immer noch von Krankenschwestern geschrieben wird im Tagesanzeiger. Kein Wunder traut man dieser Berufsgruppe wenig zu. Mit Schürze und Häubchen hat dieser komplexe Beruf schon lange nichts mehr zu tun. Genauso wie in jedem anderen Beruf verdienen auch wir gerne Geld und Anerkennung für die geleistete Arbeit. Wir sind keine wohltätigen Nonnen.

    • armin fellmann sagt:

      Nicht ein Satz von Ihnen hat mit den interessanten Zeilen von Frau Aeschbach zu tun Herr Pflegefachmann FH

    • Vera sagt:

      Was Sie alles aus diesem Beitrag rauslesen! «Vielleicht hilft ein Zwiebelwickel», bin ich zu schreiben versucht. Aber das wäre auch gar bösartig und unverzeihlich.

    • Martin Frey sagt:

      So schlecht war die Arbeit der wohltätigen Nonnen nun nicht. Zumindest hatten sie keine Komplexe bei der Ausübung ihres schönen Berufes.

    • Maike sagt:

      Ich schere mich einen Deut um die Bezeichnung. Ich bin mit Leib und Seele eine Krankenschwester. Sie dürfen mich aber auch gerne als diplomierte Pflegefachfrau bezeichnen wenn es Ihnen damit besser geht ! Und es hängt an der geleisteten Arbeit, ob man eine Anerkennung bekommt, nicht am Namen ! Das wir für unsere Arbeit nicht gerecht bezahlt werden, steht auf einem anderen Blatt. Aber haben Sie mal versucht, Pfleger und Pflegerinnen unter einen Hut zu bringen um für ihre Arbeit eine gerechte Bezahlung zu fordern ? Wir hätten soviel Macht…

  • tamburini sagt:

    Mein Essigsockenrezept: nicht zuerst die Socken ins Essigwasser legen und auswringen, sondern am besten „die weichen Nuschitücher“ von den Kinder, oder wer das noch hat, grosse Taschentücher. Damit den Fuss einpacken und dann erst Wollsocken darüber ziehen. Nach 30min. werden die Tücher wieder gewechselt. Bei Kinder wirken Essigsocken besser gegen Fieber, weil wir Erwachsene uns evtl. schon zu sehr an stärkere Medis gewöhnt haben.
    Zwiebelbrustwickel hilft gut gegen Husten und Zwiebelsocken ziehen „das ganze Gift“ einer starken Erkältung gut aus dem Körper. Meine erwachsenen Kinder können sich heute noch an die „grusigen“ Socken erinnern mit einem Lachen. Rezept: gedämpfte Zwiebeln im Tuch unter die Fusssohlen legen, Socken darüber.

  • Rémy sagt:

    Hausmittel sind leider oft vergessene Methoden, um – richtig angewandt 😉 – kranke Menschen behutsam unterstützen zu können. Bereits vor ein paar Jahren ist mit ‚Natürliche Heilmittel‘ (ISBN 97-3-033-04172-1) von Brigitte Kurath ein Standardwerk mit Dutzenden von praktischen Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene erschienen, das ich in meiner Arbeit als Homöopath gerne immer wieder weiterempfehle.

  • Claudia sagt:

    ich habe meinen kindern bei fieber immer essigsocken gemacht. oder bei ohrschmerzen eine zwiebel aufs ohr… hat immer gewirkt! ich werde mich dieses buch auf jeden fall besorgen. war am anfang ganz überrascht wie gut die hausmittel wirken.

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