Naomi Campbells «kleine Schwester»

Eine ganz besondere Migrationsgeschichte: Nicole Atieno kam mit elf Jahren mit ihrer Mutter von Kenia nach Deutschland. Foto: Dimitrios Kambouris (AFP)
Es vergeht keine Woche, in der im Modelbusiness keine neue Claudia Schiffer, Kate Moss oder Cindy Crawford ausgerufen wird. Denn schliesslich braucht die Branche immer Frischfleisch, das man hypen kann. Die meisten Jungmodels verschwinden allerdings nach ihren drei Minuten «Berühmtheit» wieder in der medialen Versenkung. Man denke da nur an «Germany’s Next Top Model» und an alle Gewinnerinnen, die heute niemand mehr kennt. Dann gibt es aber ganz selten eine junge Frau, die wirklich das Potenzial hat, eine ganz Grosse im Modelgeschäft zu werden.
Die 18-jährige Nicole Atieno, die aus Kenia stammt und in Dresden lebt, wenn sie nicht gerade in den Modemetropolen weilt, hat erreicht, was vor ihr nur Naomi Campbell geschafft hat. Sie wurde dreimal hintereinander für das Modelabel Gucci gebucht und arbeitete für Bottega Veneta und Just Cavalli. Vor allem Gucci-Designer Alessandro Michele ist ganz vernarrt in seine neue Muse – und buchte sie, zusätzlich zu den Schauen, für zwei grosse Kampagnen. Ausserdem lief Nicole für die Fashion Weeks in Paris und London. Und sie ist das neue Gesicht von Benetton in Italien.
Auch Anna Wintour ist Fan von Nicole
Aber nicht nur auf dem Laufsteg ist Atieno gefragt. Kürzlich wurde sie für die US-«Elle» fotografiert, Covers für die Hochglanzmagazine «Harper’s Bazaar» und «Interview» werden folgen. Und die gestrenge Anna Wintour war so begeistert von ihr, dass sie Nicole in der US-«Vogue» zu den 10 wichtigsten Newcomerinnen weltweit kürte.
Spannend ist nicht nur Nicoles Karriere, sondern auch ihr Lebenslauf. Die gebürtige Kenianerin kam mit elf Jahren mit ihrer Mutter nach Deutschland. Nachdem sie innert kürzester Zeit Deutsch gelernt hatte, besuchte sie das Gymnasium und bewarb sich bei einem «Elle»-Model-Wettbewerb in München. Dort wurde sie von dem Modelagenten Alexander Kern entdeckt. Doch der verheizte die junge Frau nicht, sondern baute sie zwei Jahre lang auf, sprich, sie lernte den Job von der Pike auf.
Keinen Fremdenhass erlebt
In der deutschen «Grazia» spricht sie über ihre Kindheit und Jugend in Dresden. Der Landeshauptstadt des Bundeslands Sachsen, das in letzter Zeit vor allem mit Schlagzeilen über den Wahlerfolg der fremdenfeindlichen AfD von sich reden machte. Doch Nicole hat nichts von Fremdenhass gespürt: «Ich hatte eine schöne Kindheit, ich selbst habe nie Rassismus erlebt oder schlechte Erfahrungen gemacht.» Ihrer Herkunft ist sie sich natürlich bewusst: «Meine Wurzeln sind in Afrika, und ich bin stolz auf sie.» Wenn sie nicht die Welt bereist, lebt sie noch immer in ihrem Kinderzimmer bei ihrer Mutter, die früher auch modelte.
Die 18-Jährige verfügt über ein gutes Selbstbewusstsein, ist sich aber auch bewusst, dass sie erst am Anfang einer grossen Karriere steht. Wie würde sie reagieren, wenn sie ihr grosses Vorbild treffen würde? «Träfe ich Naomi … ich würde komplett ausrasten!» Umgekehrt sehr wahrscheinlich auch. Allerdings nicht aus Freude. «La Campbell» ist nicht bekannt dafür, dass sie von junger Konkurrenz begeistert ist.
Die 18-Jährige im Gespräch in der TV-Talkshow «Riverboat» des MDR. Video: alexanderkern/Youtube
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