Hilfe für die Tage vor den Tagen

Der Körper ist keine Maschine, er lässt uns manchmal auch im Stich. Foto: Helga Weber (Flickr)

Der Körper ist keine Maschine, er lässt uns manchmal auch im Stich. Foto: Helga Weber (Flickr)

Das prämenstruelle Syndrom (PMS) bedeutet für viele Frauen Müdigkeit, Pickel, Heisshunger, Gereiztheit, Migräne, Ängste, Aggressionen und vieles mehr. Eine Palette von mehr als 150 Symptomen, die – unterschiedlich oft und intensiv – stets in der zweiten Zyklushälfte auftreten. Sie beginnen 10 bis 14 Tage vor der Menstruation, verschlimmern sich meist zunehmend, um dann am ersten oder zweiten Tag der Blutung wieder zu verschwinden.

Diese komplexen Beschwerden, die geschätzt bei jeder dritten Frau auftreten, können einem das Leben echt schwer machen. Während einige nur leichte Beschwerden spüren, leiden andere erheblich unter dem PMS. Wie genau ein prämenstruelles Syndrom entsteht, ist bisher nicht abschliessend geklärt, es wird aber ein hormonelles Ungleichgewicht vermutet. Ein PMS mit leichten Beschwerden, die den Alltag nicht nachhaltig beeinflussen, wird bisher nicht als eigenständige Erkrankung anerkannt. Anders ist das bei der besonders schweren Form des PMS, der sogenannten prämenstruellen Dysphorie (PMDD, Premenstrual Dysphoric Disorder), die als eigenständige (psychische) Erkrankung gilt und oft mit Medikamenten behandelt wird.

ivrea-florio-home-1161x766

Setzt auf einen gesunden Lebensstil: Die Zürcher Frauenärztin Dr. Ivrea Florio.

«Bis zu einem gewissen Grad kann man dem PMS durchaus vorbeugen», sagt die Zürcher Frauenärztin Ivrea Florio. «Hierfür gibt es kein Patentrezept, allerdings einige allgemeine Tipps. Am wichtigsten ist eine gesunde und stressarme Lebensführung.» Änderungen des Lebensstils (Bewegung, Ernährung), welche konsequent durchgeführt würden, so Florio, «führen in den meisten Fällen zu einem Rückgang der Beschwerden. Ein gutes Zeitmanagement, Entspannungsübungen wie progressive Muskelrelaxation (PMR) und ausreichend Zeit für Sie selbst beugen Stresssituationen vor und können den Beschwerden entgegenwirken.»

Doch schön der Reihe nach:

1. Bewegung

Vor der Periode sinkt der Östrogenspiegel ab – das bringt den Körper aus der Balance. Sport kann die Hormone regulieren, durch Freisetzen der körpereigenen Endorphine die Stimmung heben und für ein besseres Körpergefühl sorgen. Bewegung wie Spazierengehen oder Schwimmen kann Krämpfe lösen. Allerdings ist es besser, die Bewegung nicht zu übertreiben und den Körper nicht zu sehr zu fordern.

2. Pflanzliche Wirkstoffe

Bei Brustspannen, Wassereinlagerungen, Rücken- oder Kopfschmerzen lindert Mönchspfeffer die Beschwerden in vielen Fällen. Auch wenn er natürlich nicht bei jeder Frau gleich gut hilft. Die Wirkung des Pflanzenextraktes wurde wissenschaftlich belegt: Mönchspfeffer – als Gegenspieler des weiblichen Hormons Prolaktin – sorgt für die Regulierung des hormonellen Gleichgewichts. «Allerdings hilft es nicht, nur einige Male eine Kapsel zu schlucken. Zu Beginn ist eine Kur über drei Monate erforderlich, die zu einer deutlichen Reduktion der körperlichen Beschwerden führt», sagt Florio. Weitere wirksame Pflanzen aus der Frauenheilkunde, die einen positiven Einfluss haben können: Baldrian, Borretsch, Nachtkerzenöl, Melisse und Traubensilberkerze. Frauenmantelkraut und Melisse sollen gut für Nerven und Stimmung sein.

3. Wärme

Viele Frauen haben an den Tagen vor den Tagen den Wunsch, sich zurückzuziehen. Warme Bäder und Wärmeflaschen können bei Bauch- und Rückenschmerzen helfen und geben ein geborgenes Gefühl. Ein Aromawickel beruhigt den verkrampften Bauch.

4. Ernährung

Ein PMS geht oft mit Blähungen und Wassereinlagerungen im Gewebe einher. Daher ist es sinnvoll, auf zu salzige Speisen, Alkohol und Koffein zu verzichten. Auch wenn die Gier nach Schokolade gross ist, komplexere Kohlenhydrate sind besser und machen satt. Die häufig auftretenden Stimmungsschwankungen vor den Tagen entstehen vor allem infolge eines erhöhten Spiegels an Östrogenen. Eine Ernährungsweise mit viel Vitamin B6 ist daher zu empfehlen. Sie fördert den Aufbau der Hormone Serotonin und Dopamin, die sich positiv auf die Stimmungslage auswirken. Zusätzlich begünstigt eine Ernährung, die reich an der Aminosäure Tryptophan ist, die Serotoninproduktion. Weiterhin benötigt der Körper reichlich Vitamin E, um das Gleichgewicht zwischen Östrogen und Progesteron wieder herzustellen. Allerdings sind diese Erkenntnisse nicht durch Studien abgestützt, sondern Beobachtungen betroffener Frauen.

5. Medikamente

«Sofern eine Verhütung gewünscht ist, wirkt sich die Pille positiv aus, insbesondere solche mit einem 24/4-Schema, das mit einem kurzen pillenfreien Intervall», sagt Ivrea Florio. «Ungünstig sind reine Gelbkörperhormonpräparate, sie verstärken die Beschwerden unter Umständen.» Stehen psychische Symptome im Vordergrund, haben sich einige Antidepressiva als besonders wirksam erwiesen, diese werden täglich oder nur in der zweiten Zyklushälfte eingenommen; die Wirkung tritt sofort ein.

6. Sich gehen lassen

In einer Zeit, in der alles möglichst perfekt funktionieren soll, hat ein PMS (fast) keinen Platz. Doch der Körper ist keine Maschine – die nur regelmässig gewartet werden muss, damit sie funktionstüchtig bleibt –, sondern er lässt uns manchmal auch im Stich. Dann sollten wir unseren Bedürfnissen nachgeben und uns verwöhnen, egal, ob mit der neuesten Netflix-Serie, der Familienpackung Glace oder dem dicken Schmöker. Und manchmal hilft es auch, einfach eine Runde ins Kissen zu heulen. Denn das PMS geht vorbei. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Leider nur bis zum nächsten Monat.

5 Kommentare zu «Hilfe für die Tage vor den Tagen»

  • Ellen sagt:

    Dann wird noch gratis Werbung gemacht für eine Frauenarztpraxis. Wenn schon Werbung, dann bitte eine neutrale Liste. Der Tagi gefällt mir immer weniger.

  • Peter Hässig sagt:

    Bin zwar keine Frau.

    Doch meine ich gehört und festgestellt zu haben, dass viele Frauen bei PMS eine erhöte sexuelle Spannung empfinden, d.h. in den Tagen vor den Tagen grosse Lust auf Sex haben.

    Deshalb erstaunt es mich, dass in Ihrem Artikel über PMS, das Wort SEX nie vorkommt. Gibt es wirklich nichts dazu zu sagen? Oder ist Ihnen einfach alles, was mit dem Wort Sex zu tun hat, zu peinlich um es anzusprechen?

  • Schneider sagt:

    Punkt 5 macht so ziemlich alle Plus der anderen Punkte wieder kaputt. Die Mediziner wissen zudem selber nicht was sie zu Psychopharmaka nun eigentlich erzählen wollen. Der Behauptung diese Medikamente wirken sofort, wird geradezu mantramässig von Psychiatern widersprochen: solche Medis würden erst nach etwa 2 Wochen wirken und predigen zuweilen, man müsse das jetzt ein Leben lang nehmen. Ich behaupte, die wirken gar nicht, sondern sind oft der Einstieg in eine echte Hölle. Ich würde jeder/jedem davon abraten auf solche Dinger zu setzen. Besser ist, auch mal ein vorübergehender Schmerz auszuhalten. – Manchmal kann man bis Ende Jahr auf einem Spaziergang noch frische Schafgarben pflücken, dann hat man Bewegung, frische Luft und gratis ein gutes Heilkraut, das oben noch nicht erwähnt wurde.

  • Silvia Aeschbach sagt:

    Liebe Caroline, ich nehme Ihren Input gerne auf, und werde dazu recherchieren.

  • Caroline sagt:

    Danke, Frau Aeschbach, dass Sie hier für das Thema PMS sensibilisieren. „Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt“ ist nämlich bei den meisten Frauen keine Charaktereigenschaft und Migräne und Bauchweh sind auch nicht psychosomatisch.
    Was mir in Ihrem Artikel noch fehlt, ist der Hinweis auf bioidentische Hormone, insbesondere das natürliche Progesteron. In der Schweiz sind sie erst langsam ein Thema, während in Deutschland und Amerika und vielen andern Ländern seit über 30 Jahren je länger je mehr damit therapiert wird. Mit den herkömmlichen rein synthetischen Hormonen hat das
    nichts mehr zu tun. Einen Artikel dazu würde ich mir wünschen.

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.