5 Ernährungsweisheiten im Test

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Vegan oder Pegan? Bei all den Ernährungstrends fällt es schwer, den Überblick zu behalten. (iStock)

Die letzten Jahre schossen sie wie Pilze aus dem Boden. Ob Vegan, Paleo, Superfoods, Pegan, Clean Eating oder Soft Health: Es wird immer schwieriger, den Überblick über die Ernährungstrends zu behalten. Die einen wollen damit ihre Gesundheit fördern oder einfach mal etwas Neues ausprobieren, andere wollen abnehmen, und auch ethische Gründe sind bei der Essensauswahl relevant. Wir schauen 5 neue Trends an, und die Ernährungsexpertin Barbara Metzger macht den Check, was sie taugen.

These 1: Kleine Keimlinge mit grosser Wirkung

In Afrika und Mittelamerika essen die Menschen Keimlinge seit Jahrtausenden. Denn in Samen und Keimlingen sind viele Kohlenhydrate, Eiweisse, Fette und Mineralstoffe eingelagert. Sie enthalten Vitamine, Proteine, Antioxidantien und Mineralstoffe.

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Barbara Metzger ist dipl. Ernährungsberaterin BSc FH und Ausbilderin mit SVEB II. (PD)

Richtig ist: Getreidesprossen aus Gerste, Hafer, Hirse, Roggen, Weizen sowie Buchweizen- und Leinsamensprossen sind als Super-Energielieferanten zu empfehlen. Die Energie ist schneller verfügbar und leichter verdaulich als das ganze Korn. Zum Beispiel für Ausdauersportler, aber auch gut für gestresste «Kopfarbeitende» und natürlich für Kinder und Jugendliche, um die körperliche und geistige Entwicklung sowie die Konzentration in der Schule zu fördern. Die wirksamen Stoffe sind nebst Vitaminen der hohe Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen (antioxidativ, entzündungshemmend usw.) und der hohe Anteil an Nahrungsfasern (positiv für den Blutfettspiegel). Die wertvollen Inhaltsstoffe sind die Vitamine der B-Gruppe (B2, B6, Niacin, Pantothensäure und im Besonderen Folsäure) sowie Magnesium, Phosphor und pflanzliches Eisen. So deckt z.B. eine Portion (= 30 g) Weizensprossen bereits ein Drittel des Tagesbedarfs an Vitamin B1. Wenn die Portionengrösse nicht übertrieben wird, sind Getreidesprossen eine durchaus gesunde und abwechslungsreiche Ergänzung zur Ernährung.

These 2: Hülsenfrüchte sind der ideale Fleischersatz

Die UNO hat dieses Jahr zum «Internationalen Jahr der Hülsenfrüchte» ausgerufen. Hülsenfrüchte sättigen nachhaltig und halten den Blutzuckerspiegel stabil. Ihr hoher Eiweissgehalt macht sie zum idealen Fleischersatz. In Hülsenfrüchten steckt auch noch eine ganze Menge anderer Nährstoffe wie Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Eine US-Studie mit 121 Typ-2-Diabetikern zeigte zudem, dass der tägliche Verzehr von 200 Gramm gekochten Hülsenfrüchten nicht nur die Blutfettwerte, sondern auch den Langzeitzuckerwert sowie den Blutdruck verbessern kann.

Barbara Metzger: Hülsenfrüchte wie Linsen, Kichererbsen und rote oder weisse Bohnen sind als Fleischersatz zu empfehlen, wenn dabei einiges beachtet wird. Zuerst zu den Vorteilen: Nebst hochwertigem Eiweiss wirkt die grosse Menge an schwierig auflösbaren Kohlenhydraten lange sättigend und damit stabilisierend auf den Blutzucker. Hülsenfrüchte enthalten von allem viel: Eiweiss, Kohlenhydrate, also auch viel Kalorien, Vitamine, Mineralstoffe und Nahrungsfasern. Eine Portion getrockneter Hülsenfrüchte (50 g) liefert etwa 12 Gramm Eiweiss, was natürlich weniger ist als bei magerem Fisch oder Fleisch (durchschnittlich 34 Gramm pro 150-Gramm-Portion). Hülsenfrüchte ergeben mit Gemüse und z.B. Protein aus Ei, Tofu oder Quark kombiniert eine ausgeglichene Mahlzeit, was die Nährwerte angeht. Wer gänzlich auf tierische Produkte verzichtet, sollte Vitamin B12 anderweitig ergänzen.

These 3: Mit Bakterien gegen Depressionen

Probiotika zur Steigerung der allgemeinen Gesundheit wurde lange Zeit unterschätzt. Tatsache ist jedoch, dass die Darmflora einen enormen Einfluss sowohl auf die körperliche als auch auf die mentale Gesundheit hat und wirksam gegen Depressionen sein soll. Die «guten Bakterien» sind heute überall drin: Laktobazillen, Bifidobakterien, Lakto- und Enterokokken findet man in Milchprodukten, Käse und Joghurt.

Richtig ist: Der Zusammenhang zwischen einer gesunden Darmflora und der psychischen Stabilität kann wohl mit geeigneter Ernährung beeinflusst werden. Als Probiotika (pro = für und bios = Leben) werden in der Regel lebende Bakterien oder Pilze bezeichnet, die sich im Darm vermehren und einen gesundheitlichen Nutzen vermitteln. Diese Bakterien und Pilze sind in gesäuerten Milchprodukten wie Joghurt, Kefir oder Hüttenkäse zu finden. Der Verzehr dieser Produkte ist als Vorsorge für Gesunde zu empfehlen, denn sie helfen auch, die Verdauung zu regulieren, Blähungen zu mindern und wirken positiv auf die Darmfunktion. An Depression erkrankte Menschen gehören jedoch in die Hände von Profis. Hier werden medikamentös angebotene Probiotika allein nicht zur Genesung helfen.

These 4: Nur keinen weissen Zucker

Die WHO empfiehlt nicht mehr als sechs Teelöffel Zucker am Tag. Die Schweizer konsumieren geschätzt viermal mehr. Mit der Folge, dass Übergewicht, Diabetes, Gicht oder Arterienverkalkung weitverbreitet sind. Lebensmittelmultis setzen vermehrt auf natürliche Süssstoffe wie Honig, Stevia und Kokosnusspalmzucker.

Richtig ist: Genau hier ist Vorsicht am Platz: Wer isst schon sechs Löffel Zucker (= 30 Gramm) am Tag? Wahrscheinlich wird dies wahrheitsgetreu verneint. Aber: in einem normalen Fruchtjoghurt sind schon rund 20 Gramm Zucker. In einem Esslöffel Ketchup stecken 5 Gramm Zucker und in einem 2,5-dl-Smoothie aus Granatpfel, Heidelbeere und Acai stecken 7 Löffel Zucker (also mehr als die empfohlene Tagesration). Die WHO-Empfehlung umfasst nicht nur weissen Zucker, sondern auch Lebensmittelzusätze mit zuckerreichen Zutaten. Dazu gehören: Saccharose, Dextrose, Raffinose, Glukose, Fruktosesirup, Caramelsirup, Laktose, Maltose oder Malzextrakt, Maltodextrin, Dextrin oder Weizendextrin, Süssmolkenpulver, Gerstenmalz/Gerstenmalzextrakt. Zucker als Zutat: in Form von Honig, Traubenfruchtsüsse und Dicksäften wie Agavendicksaft. Auch Fruchtkonzentrate, -pürees oder getrocknete Früchte wie Rosinen enthalten viel Zucker. Mein persönlicher Ratschlag: natürlich, unverarbeitet, saisonal und frisch. Ein Naturejoghurt mit reifen Früchten braucht keinen Zucker. Ein selbst gebrauter Minztee wird mit einigen Tropfen Zitronensaft genug gewürzt. Und wenn die selbst gepresst Orange mit Wasser verdünnt wird, hält sich die Menge an Zucker auch im Rahmen. Genuss aus der eigenen Küche, lautet meine Devise.

These 5:  Moderater Genuss

Neue Studien zeigen, dass Vollmilchprodukte nicht dick machen. Auch dass Käse, Rahm, Kefir und Buttermilch den Cholesterinspiegel erhöhen sollen, ist umstritten. Und auch tierische Fette dürfen auf den Speiseplan. Allerdings: Zu viele Transfettsäuren sollte man nicht zu sich nehmen, sie schaden Herz und Kreislauf. Diese Fettsäuren entstehen bei der industriellen Härtung pflanzlicher Öle, sie stecken oft in Fertigprodukten wie Tiefkühl-Pommes.

Richtig ist: Wer schon zum Frühstück 50 Gramm Käse, 3 dl Vollmilch, ein griechisches Joghurt und ein Süssgebäck isst, wird bei gleicher Ernährung über den Tag definitiv auf zu viel Gesamtfett und zu viel ungesunde Fettsäuren kommen, die unsere Blutfette schlecht beeinflussen können. Dabei sind die Transfettsäuren noch nicht beachtet, denn sie stecken in sehr vielen Fertig-, Back-, Tiefkühl-, Bäckereiprodukten. Die Industrie darf nach Gesetz die zulässige Menge an Transfettsäure pro Produkteeinheit nicht überschreiten, muss aber zusehen, wie der Konsument bei der Zufuhr einer Mehrfachmenge auch zu viel Transfette einnimmt. Diese setzen sich in unseren Blutgefässen nieder und lösen sich naturgemäss (Härtung von Ölen) nicht auf. Ich empfehle einen moderaten Genuss an Süssgebäcken, Tiefkühl- und Fertigprodukten wie Apfelchüechli, Pommes frites, Dänisch Plunder, Schoggigipfeli, Fertigkuchen usw. Moderat heisst zwei- bis dreimal pro Woche. Wichtig ist: Geniessen.

18 Kommentare zu «5 Ernährungsweisheiten im Test»

  • Werner Vogt sagt:

    bleibt mir bloß weg mit den studien und den empfehlungen der who! die lassen sich von der pharmaindustrie u. a. sponsern und wer da glaubt, dass da etwas wirklich gesundes für die menschen bei rauskommt, der glaubt auch, dass zitronenfalter zitronen falten. ein ganz besonders krasses beispiel habe ich da: die who betreibt tabakprevention in syrischen kriegsgebieten, um kinder aus diesen regionen vor der gefährlichkeit des rauchens zu warnen. als ob die da nicht viel wichtigere probleme zu klären hätten. dies habe ich nur sinngemäß wiedergegeben, den ganzen artikel kann man ohne probleme im internet finden.
    wie gesagt, nur ein ganz krasser fakt von sehr sehr vielen

  • Martin sagt:

    Ist ja super! Wenigstens kann mir jetzt niemand meine geliebten Linsen mit Speck verbieten! Aber die Erklärung für die ganzen Essensarten ist der Artikel schuldig geblieben. Ich kenne vegetarisch und vegan, aber was ist Paleo und der ganze Rest?

  • ClBr sagt:

    Und jetzt das Ganze bitte nochmals für Leute mit FODMAP-Empfindlichkeiten. Sind ganz viele, meist solche, die als mit „Reizdarm-Syndrom-Belastete“ bezeichnet werden. Danke!

  • Der müde Joe sagt:

    „Eine Portion getrockneter Hülsenfrüchte (50 g) liefert etwa 12 Gramm Eiweiss, was natürlich weniger ist als bei magerem Fisch oder Fleisch (durchschnittlich 34 Gramm pro 150-Gramm-Portion)“

    Wer 150g Hülsenfrüchte isst, hat dann 36g Eiweiss, was mehr ist als beim Fleisch. Und wer kann den Bohnen schon widerstehen? Der grösste Vorteil wurde nämlich gar nicht genannt: Mit Bohnen lässt sich prima der Bürostuhl perforieren.

    • Christoph Bögli sagt:

      Die Crux versteckt sich im „getrocknet“, denn normalerweise isst man keine getrockneten Hülsenfrüchte. Sondern verarbeitete und eingeweichte. Wodurch sich das Gewicht vervielfacht. Ansonsten wäre der korrekte Vergleich Trockenfleisch, das wiederum einen wesentlich höheren Proteingehalt hat.

      Man kanns darum drehen und wenden wie man will, mehr Protein pro Gramm als Fleisch/Fisch liefert praktisch nichts. Das ist aber auch kein Problem und spricht nicht gegen Hülsenfrüchte, man sollte diese bloss nicht mit falschen Behauptungen anpreisen..

  • Stephan Huber sagt:

    Aktuelle Ernährungstrends können einem interessante neue kulinarische Erfahrungen erschliessen. Das Störendste dabei ist einfach, dass oftmals jemand dabeisteht, der/die/das zusätzlich noch das dazugehörige ethisch-ökologische „Wort zum Sonntag“ hält.

    • peter sagt:

      Au ja, ich finde es auch immer voll langweilig, wenn Veganer sagen „Tiere wollen nicht sterben“, „Schweine sind so klug wie Hunde“, „ein Bolzenschuss ist nicht human“, bla bla bla.

  • Gerhard Engler sagt:

    Die meisten Aussagen in diesem Artikel halte ich für sinnvoll und glaubwürdig. Mit einer Ausnahme: Keimlinge sollen „die geistige Entwicklung sowie die Konzentration … fördern“. Dafür gibt es keinerlei Beleg.

    • gabriela sagt:

      Ist mir auch aufgefallen. Diese Aussage passt eher zu Nüssen. Ausserdem vermisse ich einen Hinweis, dass Sprossen ziemlich heikel sind. Sehr schnell beginnen sie zu schimmeln.

  • Jolanda sagt:

    These 2: Hülsenfrüchte sind der ideale Fleischersatz
    zuerst zu den Vorteilen….. und die Nachteile? Sind wohl zu viele, dass sie verschwiegen werden.
    Da bleib ich doch lieber beim Fleisch 😉

    • peter sagt:

      Ein Vorteil wurde unterschlagen: Für eine Mahlzeit aus Kichererbsen muss nicht jedesmal ein Tier sterben!

      Ich finde es ziemlich unanständig, da noch Zwinker-Smileys zu posten, wenn es um das Thema Töten zum Spass geht.

    • Doria Gray sagt:

      @ Peter: Wenn ich Fleisch esse, muss nicht jedes Mal ein Tier sterben. Für mich reicht z.B. ein Rind für ganz viele Mahlzeiten.
      Übrigens töten Fleisch essende Menschen Tiere gerade nicht zum Spass, sondern um sich zu ernähren.

  • Karl-Heinz Failenschmid sagt:

    Das Photo ist gut gewählt: der nette Herr mit der organisch abbaubaren Papiertüte weckt in mir Assoziazionen an mehrere orthodoxe Weltreligionen.
    Und so sehe ich auch das Thema: religiös. Ein Hype löste den Anderen ab.
    Thema Keimlinge: gefährlich. Wer Keimlinge selbst züchtet und dabei die notwendigen, im privaten Bereich schwer einzuhaltenden Hygienebedingungen vernachlässigt, könnte sich nebenbei Bakterien züchten. Schwerwiegende gesundheitliche Probleme sind durchaus möglich.

    • Michael sagt:

      Das man sich was einfängt, wenn man es mit der Hygenie im häuslichen Bereich nicht so eng sieht, ist eine Binsenweissheit und hat direkt mit den Keimen nichts zu tun. Wenn sie z.B. bei Hühnerfleisch nicht auf Hygiene am Arbeitsplatz achten, dann fangen sie sich so schnell was ein, schneller als wenn sie noch hier sagen können.

  • oliver affolter sagt:

    „Die WHO-Empfehlung umfasst nicht nur weissen Zucker, sondern auch…Saccharose.“ ??? Saccharose (umgangssprachlich: Haushaltzucker) IST weisser Zucker!

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