Das schönste Comeback des Jahres

Von Kopf bis Fuss

Neues Gesicht für Marc Jacobs Beauty: Winona Ryder. (Foto: Marc Jacobs/David Sims/Instagram).

Ich habe keinen Film mit ihr verpasst: Ob «Mermaids» («Meerjungfrauen küssen besser»), «Edward Scissorhands» («Edward mit den Scherenhänden») oder «Das Geisterhaus» – ich hatte einen regelrechten «Girl Crush», was Winona Ryder betraf. Sie war das perfekte Gegenstück zu den blondierten und grossbusigen Hollywood-Babes: mädchenhaft, fragil, manchmal etwas schräg und immer ein bisschen geheimnisvoll. Eine moderne Audrey Hepburn, allerdings mit Ecken und Kanten. So bezauberte sie Anfang der 1990er-Jahre das Kinopublikum.

Sie war eine ideale Projektionsfläche: Frauen wollten sie als beste Freundin. Sie schien lustig, intelligent und liebenswert zu sein. Männer wollten sie beschützen und fanden ihre unaufgeregte Art sexy.  Dass sie mit Johnny Depp verlobt war, machte sie nur noch cooler. Als sich dieser ihren Vornamen tätowieren liess, liebäugelte ich das erste (und letzte) Mal in meinem Leben mit einem Tattoo. Zum Glück liess ich es bleiben, denn die Liebesgeschichte mit Depp endete bekanntlich schlecht: Er verliess sie 1993 für das Model Kate Moss und aus «Winona forever» wurde «Wino forever». Wie Ryder später in Interviews erzählte, brach ihr die Trennung das Herz und löste schwere Depressionen aus.

So sehr Ryder unter der Trennung litt, beruflich startete sie 1994 mit «Reality Bites – Voll das Leben» einmal mehr durch und wurde so endgültig zum Teenie-Idol. Ryder brachte in diesem Film das Lebensgefühl der Generation X und deren schwierigen Weg ins Erwachsenenleben auf den Punkt. Wie James Dean in den 1950er-Jahren, so stand auch sie für einen rebellische Nerd, der auf der Suche nach dem Sinn des Lebens war.

Doch dann wurde es still um die Schauspielerin, grosse Rollen blieben aus. 2001 machte sie mit einem Ladendiebstahl Schlagzeilen. Sie hatte in einem Kaufhaus in Beverly Hills Kleidungsstücke und Accessoires im Wert von rund knapp 5000 Dollar mitlaufen lassen. Ausserdem war die Schauspielerin im Besitz verschreibungspflichtiger Schmerzmittel. Und plötzlich war aus dem Idol eine Skandalnudel geworden. Für die Medien ein gefundenes Fressen. Denn gibt es etwas Spannenderes, als wenn ein Idol ins Bodenlose fällt? Und auch ihre Depressionen kehrten zurück.

Zurückgekommen, um zu bleiben

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Plötzlich wieder gefragt: Winona Ryder als Covergirl. (Foto: Net-à-Porter)

Und jetzt ist sie wieder da. Fast so, als wäre die Zeit stillgestanden, ist sie immer noch das ätherische Wesen von früher. Noch immer grazil, trägt sie das Haar lang, und ihre riesigen Augen glänzen immer noch tränenfeucht. Doch Winona ist kein beschützenswertes Girl mehr, sondern eine reife Frau mit einer stürmischen Vergangenheit. Und, das ist vielleicht das Wichtigste: Sie ist immer noch eine grossartige Schauspielerin. In der neuen Netflix-Serie «Stranger Things», die seit Mitte Juli  läuft, spielt sie eine Frau und Mutter, die ihren verschwundene Sohn sucht, und begeistert damit Publikum und Kritiker.

Und sie ist auch wieder ein gefragtes Model. Der Designer Marc Jacobs, mit dem sie seit Jahren befreundet ist, machte die mittlerweile 44-Jährige zum Gesicht seiner neuen Beauty-Kampagne. Jacobs kommentierte ein Instagram-Posting mit den Worten: «Mit grossem Stolz und Vergnügen lasse ich dieses Bild von unserer neuen Kampagne durchsickern.» Winona Ryder sei «ausserordentlich talentiert» und «atemberaubend schön». Und im Magazin «The Edit» des Luxusmode-Online-Händlers Net-à-Porter posierte sie als Covermodel. Und begeistert eine neue Generation, die noch im Kindesalter war, als ihr Stern am hellsten leuchtete. Dass sie sich im Interview mit dem Magazin gegen Schönheitschirurgie ausspricht, macht sie noch sympathischer. Eine Aussage, die man bei einem weiblichen Star in reifem Alter meistens anzweifelt. Doch sie wirkt so authentisch wie früher. Ich bin überzeugt: Winona Rider ist zurückgekommen, um zu bleiben.


Winona Ryder in der Serie «Stranger Things». Video: Netflix/Youtube

3 Kommentare zu «Das schönste Comeback des Jahres»

  • Michael sagt:

    44 und keine Falte – die muss ein Vermögen beim Arzt gelassen haben. Was ist daran so toll ?? Warum wollen Frauen nicht altern ? Wieso macht eine 40ig jährige noch so heftig auf 20 ? Mann muss sich doch nur die Hände dieser junggespritzen Ladys ansehen und Mann weiss, wie der Zähler steht.

  • xy sagt:

    Sie spricht sich gegen Schönheitschirurgie aus – den Bildern entsprechend wirkt diese Aussage nicht so „authentisch“, wie es die Autorin darstellt

  • Nicole Steinacher sagt:

    Als regulärer Leser von The Edit (und auch von PORTER Magazine) fand ich die Winona Ryder Cover Story in The Edit vor zwei Wochen wenig gelungen – weder modisch noch inhaltlich. Winona – ebenso wie ihre Outfits aus den FW16 Kollektionen von u.a. Alexander McQueen, Miu Miu, Elie Saab und Prada – wirkte verstaubt und wie ein Relikt aus den 90ern. Der einleitende Satz der Cover Story setzte somit auch den Ton für was folgte: „After reigning over Hollywood in the ’90s, Winona Ryder retreated from the limelight…“ und scheint leider nur halbherzig zurückgekehrt zu sein.

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