Die Ausnahmeerscheinung

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Robyn Lawley modelt unter anderem erfolgreich für H&M. (Foto: H&M)

Eigentlich mag sie diese Bezeichnung überhaupt nicht. «Frauen zu sagen, sie seien Plus Size›, ist die falsche Message und gibt ihnen das Gefühl, dass mit ihnen etwas nicht stimmt», sagte Robyn Lawley kürzlich gegenüber dem britischen «Telegraph». Auch wenn sich die 26-Jährige gegen diesen Stempel wehrt: Fakt ist, dass sie mit ihrer Figur im Modelgeschäft nicht nur eine Ausnahme, sondern gerade wegen ihrer Formen äusserst erfolgreich ist.

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Robyn Lawley 2011 auf dem Cover der italienischen «Vogue».

Sie war auf dem Cover der italienischen «Vogue», das erste üppige Model in der legendären Bikiniausgabe von «Sports Illustrated». Und sie hat den Weg geebnet für ein weiteres erfolgreiches Plus-Size-Model, Ashley Graham, die mit Grösse 48 das Cover des Magazins 2016 ziert. Die seit 1964 alljährlich jeweils im Februar publizierte Bademodeausgabe des seit 1954 wöchentlich erscheinenden Sportmagazins «Sports Illustrated» ist in den USA eine Institution.

 

 

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Robyn Lawleys «Nachfolgerin» Ashley Graham in der diesjährigen Bikiniausgabe von «Sports Illustrated». (Foto: Instagram/Ashley Graham)

Heute ist Lawley gefragt wie nie, sie modelt für Ralph Lauren, H&M und Chantelle. Doch der Australierin genügt es nicht, nur als Model zu arbeiten, sie vermarktet eine eigene Bademodelinie und publiziert einen erfolgreichen Foodblog. Lawley trägt Grösse 44 und ist damit näher bei einer potenziellen Kundin als jedes durchschnittliche Model. Natürlich gab es schon früher Frauen im Modegeschäft, die nicht zaundünn waren: Die wohl bekannteste, Crystal Renn, kämpfte gegen Magersucht, aber erst als sie zugenommen hatte und Grösse 44 trug, hatte sie als Model Erfolg. Inzwischen ist sie wieder dünn. Sophie Dahl posierte 2000 nackt und kurvenreich für den Duft Opium, heute macht sie als TV-Köchin von sich reden. In letzter Zeit war es Kate Upton, die mit Grösse 40 auf die Covers der britischen und der amerikanischen «Vogue» kam.

Lawley hat auf Instagram rund 144’000 Follower. Keine andere kämpft so gegen ein Frauenbild in der Branche, das wenig mit der Realität zu tun hat. Und sie ist bekannt für ihre provokative Offenheit. «Die Designer sagen zwar, dass sich etwas ändern wird, doch sie machen nichts. Die sollten gegenüber ihren Kundinnen respektvoll sein und Frauen mit verschiedenen Körpergrössen auf den Laufsteg schicken und nicht nur die dünnen Mädchen.»

Zweifellos ist die Australierin eine natürliche Schönheit, aber nicht so unerreichbar wie andere Laufsteggöttinnen. Dadurch ist sie die ideale Projektionsfläche für die durchschnittliche Frau. Sie postete nach der Geburt ihres heute zweijährigen Sohnes Riley schon mal Selfies mit unübersehbaren Schwangerschaftsstreifen, etwas, das sonst ein erfolgreiches Model nie machen würde, denn in dieser Branche ist Makellosigkeit Pflicht.

Lawley scheut sich auch nicht, gesellschaftlich Position zu beziehen und zu polarisieren. 2014 postete sie ein Nacktfoto von sich auf Instagram mit den Worten «Stop Coal Mining», die sie quer über ihren Bauch geschrieben hatte. Damit protestierte sie gegen Regierungspläne, den Bergbau voranzutreiben und damit das Great Barrier Reef zu gefährden. Hat sie keine Angst, dass ihre offene Art ihrer Karriere schaden könnte? «Doch, manchmal habe ich das Gefühl, dass das Folgen haben könnte, doch ich will Einfluss nehmen.»

Sind jetzt Frauen wie Lawley oder Graham Trendsetterinnen? Haben jetzt Frauen mit den unterschiedlichsten Formen wirklich Chancen, auf das Cover einer Hochglanzzeitschrift zu kommen? Nein! 99 Prozent der Models werden dünn bleiben. Unter anderem, weil die männlichen Designer knabenhafte Frauen vorziehen. Trotzdem muss man diese Marketingstrategie von «Sports Illustrated» nicht schlecht finden. Zwei Plus-Size-Models im Bikini sind immer noch besser als gar keins.

Vor einem Jahr änderten sich die Prioritäten bei Lawley allerdings. Dann waren ihre Figur und die Diskussionen über ihre Kurven völlig zweitrangig. Kurz nach der Geburt ihres Sohnes erkrankte sie schwer. Zuerst hatte sie wegen ihrer Symptome gedacht, sie würde an Krebs oder MS leiden, doch später wurde eine schwere Autoimmunkrankheit diagnostiziert. Nachdem sie therapiert wurde, geht es ihr jetzt besser. Lawley ist sich bewusst, dass ihre Karriere nicht ewig dauern wird. Sie könnte sich durchaus vorstellen, in Actionfilmen zu spielen: «In Hollywood braucht es mehr Kickass-Frauen.» Es würde einen nicht wundern, wenn sie auch dies schaffen würde.

7 Kommentare zu «Die Ausnahmeerscheinung»

  • Tina Balmer sagt:

    Oft wird kritisiert, diese Frauen seien fast noch unrealistischer, weil die wenigstens Frauen mit Grösse 44 plus so einen flachen Bauch hätten. Irgendwie muss man sich aber auch bewusst sein, dass bei einem einigermassen normalen Hormonspiegel der weibliche Körper eigentlich genau so sein Fett einlagern sollte. Wer natürlich nur ungesunde Sachen futtert oder nicht darauf hört, was sein Körper will (meiner findet z.B. Linsen und so richtig Panne, obwohl die ja „gesund“ wären), der muss halt mit einem Blähbauch leben können, egal ob dick oder dünn. Diese Plus Size Models treiben viel Sport und essen bewusst, ihre schönen Proportionen sind wohl ein Zeichen dafür, dass sie genau so aussehen sollen. Seinem Körper Sorge tragen ist die beste Lösung, ob von Natur aus zierlich oder halt fester.

  • Edith Schmidt sagt:

    Wir Frauen könnten ja, wenn wir diese Kollektionen sehen, wo die Frauen dünn dünner am dünsten laufen müssen, sie dann in den Geschäften finden, einfach nicht mehr kaufen. Streiken! Sich anderen uns passenderen zuwenden! Sich gegenseitig stärken dass wir diese ,, Kleiderhacken,, nicht mehr wollen. Oder haben wir uns bereits schon so daran gewöhnt und möchten wir quasi nicht den Spiegel der Normalität vorgesetzt bekommen? Sondern eine Illusion ?
    Ps: zum Glück werde ich von meinen Körper-Realitäten geradezu dazu gezwungen! Denn meine Grösse gibt es meistens bei diesen Kollektionen nicht! Ich finde aber immer noch genügend andere Kleider! Wer hungert um darin Platz zu finden ist meines Erachtens selber schuld!
    Edith

  • Enrico Henrici sagt:

    Es ist höchste Zeit, dass den bleichen Magergeissen-models etwas Besseres, Vorbildlicheres entgegengesetzt wird.

    • marusca sagt:

      Ich dachte, das Thema sei endlich vom Tisch und Magermodels ein Relikt der 90er und ersten Zehnerjahre.

  • Reto Diem sagt:

    Super Artikel, das Problem wurde richtig dargestellt: „weil die männlichen Designer knabenhafte Frauen vorziehen“. Leider wurde wohl wegen der politischen Korrektheit nicht ausgesprochen, wieso diese Designer so ein seltsames, ungesundes Schönheitsideal haben, welches von den meisten Frauen und Hetero-Männern ja gar nicht geteilt wird: Weil die Designer praktisch alle homosexuell sind. Lasst sie weiter ihren knabenhaften Frauen nachlaufen, wir sollten das ignorieren, es einfach nicht länger unterstützen und wieder zu einem gesunden Frauenbild mit natürlichen Rundungen zurückfinden.

    • P. Eggen sagt:

      Danke Herr Diem für diese Ergänzung. Genau das ist mir auch eingefallen, als ich den Artikel las. In dIe Schattenseiten hat zum Beispiel auch Sara Ziff und unterdessen auch weitere Models etwas Licht gebracht. Vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung.

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