Der Blick geht nach unten: Der Fussknöchel soll das neue Décolléte sein. (Reuters/Keith Bedford)

Juhe! Die Modedesigner haben ein neues erotisches Körperteil erkoren: die Fussfessel. Und, Himmel Herrschaft, schon wieder hat sich die Modewelt gegen mich verschworen. Nachdem ich weder über Modelmasse noch über einen Hintern wie Beyoncé verfüge und auch nicht über die zurzeit angesagten Schmolllippen, versage ich styletechnisch einmal mehr. Denn leider habe ich keine Knöchel wie eine Gazelle, sondern eher solche wie ein Brauereipferd.

Jenna Lyons von J. Crew propagiert den Fussknöchel als modischen Hingucker. (AFP/Dimitrios Kambouris)

Die Knöchelschau begann schon im Winter, als die amerikanische J.-Crew-Designerin Jenna Lyons bekannte: «Ich zeige Knöcheldécolléte.» Und so wurde ein Teil des weiblichen Körpers zum Modeaccessoire. Und ich kam zu einer weiteren Problemzone.

Neu ist der Hype ja nicht. Ich erinnere mich an die 1990er-Jahre als Fussketteli die braungebrannten, zarten Fesseln meiner Freundinnen schmückten. Ich konnte keines dieser Accessoires tragen, weil es bei den Ketteli nur eine Einheitsgrösse gab. Ich machte aus der Not eine Tugend und trug es um das Handgelenk. Ich schwamm quasi gegen den Strom.

Leider hat die Genetik bezüglich des Körperbaus in unserer Familie versagt. Meine Mutter verfügte über ein paar Eins-a-Fussfesseln, die von meinem Vater regelmässig wegen ihrer Zartheit bewundert wurden. Sie waren so filigran, dass sie sie zu Lebzeiten fünfmal gebrochen hat. Bei mir hiess es nur: «Das Kind schlägt leider der Grossmutter nach.» Was nichts anderes hiess, als «das Kind hat kräftige Beine». Seither hadere ich immer wieder mal mit meinen Fesseln, die gegen Diät oder Fitness immun sind.

Allerdings hat das Ganze auch was Gutes. Meine Knöchel knicken nicht wie Streichhölzer, wenn ich hohe Absätze trage, und sie geben mir Bodenhaftung. Und die braucht es in den heutigen Zeiten mehr denn je. Dieses Bild gefällt mir und lässt mich auch einen weiteren Sommer ohne Fussketteli gut überleben.