Die Franchise kann man noch bis Ende Dezember erhöhen

claude chatelain am Sonntag, den 29. November 2015

Wir wollen uns aus aktuellem Anlass nochmals mit der Franchise der Krankenkassenprämie befassen. Bis Ende November bleibt nicht mehr viel Zeit, allenfalls die Kasse zu wechseln und sich auf eine Franchise festzulegen: auf 300, 500, 1000, 1500, 2000 oder 2500 Franken.

Ich sprach letzte Woche von einem Kollegen, der die tiefste Franchise von 300 Franken wählt und damit eine hohe Prämie in Kauf nimmt, obschon sich bei ihm weder die Abhängigkeit von teuren Medikamenten noch ein kostspieliger Spitalaufenthalt abzeichnet. Er sagt: Wenn er hohe Gesundkeitskosten zu berappen hätte, würde er mit der Franchise von 2500 Franken viel schlechter fahren als mit der Franchise von 300 Franken.

Ich mache die Probe aufs Exempel. Nehmen wir doch das KPT-Produkt Win-doc. Fast jeder zweite KPT-Kunde entscheidet sich in der Grundversicherung für dieses Produkt. Wenn sich ein Stadtberner für die höchste Franchise entscheidet und notfallmässig ins Spital muss, so zahlt er maximal 6638 Franken: 3438 Franken für die Prämie, 2500 für die Franchise und 700 Franken für den maximalen Selbstbehalt. Bei einer Franchise von 300 Franken beliefen sich die Gesamtkosten dagegen lediglich auf 5681 Franken: 4681 Franken für die Prämie, 300 Franken für die Franchise, 700 Franken für den Selbstbehalt. Fazit: Mit der höchsten Franchise zahlte der Stadtberner 967 Franken mehr als mit der 300er-Franchise. Liebe Leser, merken Sie sich die Zahl von 967 Franken.

Nehmen wir den anderen Extremfall: Der KPT-Kunde setzt auf die tiefste Franchise und muss überhaupt nicht zum Arzt. Also zahlt er insgesamt 4681 Franken Prämien. Hätte er die höchste Franchise gewählt, wäre sein Konto bloss mit 3438 Franken belastet worden. Fazit: Mit der tiefsten Franchise zahlt der Stadtberner 1243 Franken mehr als mit der höchsten. Bei anderen Produkten kann die Diskrepanz noch grösser sein. Überzeugt? Sie haben bis Ende Dezember Zeit, die Franchise nach oben zu korrigieren. Und falls Sie die Franchise nach unten anpassen möchten, müssten Sie das hingegen der Kasse bis Ende November mitgeteilt haben.

Nicht nur mit einem Kassenwechsel liesse sich Geld sparen

claude chatelain am Montag, den 16. November 2015

Bis Ende November bleibt Zeit dafür, allenfalls die Grundversicherung zu wechseln. Die Erfahrung zeigt, dass nur wenige von dieser Flexibilität Gebrauch machen, auch wenn sich mit einem Kassenwechsel  Hunderte von Franken sparen liessen. Ebenfalls Hunderte von Franken liessen sich mit der richtigen Wahl der Franchise sparen. Wobei diese Wahl ungleich schwieriger ist. Es sei denn, eine Operation steht bevor oder man ist auf teure Medikamente oder Therapien angewiesen und weiss schon im Voraus, dass mit hohen Gesundheitskosten zu rechnen ist und man mit einer Franchise von 300 Franken am besten fährt.

Es gibt eine Faustregel: Wer mit Kosten über 1800 Franken rechnet, fährt mit der ordentlichen Franchise  von 300 Franken am besten. Liegen die voraussichtlichen Kosten darunter, ist man mit der Maximalfranchise von 2500 Franken am besten beraten.

Ein Kollege meines Alters sagte mir kürzlich, er habe seit einigen Jahren stets die  Franchise von 300 Franken abgeschlossen, obschon er nicht alle Jahre zum Arzt müsse. In unserem Alter nähme die Wahrscheinlichkeit eines Spitalaufenthalts zu. Er würde sich fürchterlich aufregen,  wenn er nach einem unverhofften Spitalaufenthalt 2500 für die Franchise plus 700 Franken für den maximalen Selbstbehalt auf den Tisch legen müsste. Mit der hohen Franchise kämen ihn die Krankheitskosten insgesamt viel höher zu stehen als mit der 300er-Franchise.

Stimmt. Im Fall eines unverhofften Spitalaufenthalts kämen ihn die Kosten insgesamt höher zu stehen. Das würde ihn ärgern. Interessant ist nur, dass er sich überhaupt nicht aufregt, wenn er sich für eine 300er-Franchise entscheidet, nicht zum Arzt zu gehen braucht und  ihn deshalb die Kosten insgesamt viel höher zu stehen kommen als mit der Franchise von 2500 Franken.

Das eine stört; das andere nicht. Wir sind im Mental Accounting angelangt. Was das ist? Sorry, mir fehlt hier der Platz. Google weiss Rat.

Das Machtspiel der UBS-Sprecherin

claude chatelain am Sonntag, den 15. November 2015

Wir müssen uns etwa die Frage gefallen lassen, weshalb wir  nur Anlageexperten von Regionalbanken zu Wort kommen liessen. Dabei hätten doch die beiden Grossbanken auch in Bern ausgewiesene Experten und würden grössere Kundenportefeuilles betreuen als Regionalbanken.

Die Frage ist berechtigt. Das Problem liegt darin, dass  Interviews mit Vertretern der Grossbanken nur in Absprache mit der  Kommunikationsabteilung in Zürich stattfinden dürfen.  Dabei schrecken die Kommunikationsfachleute  nicht davor zurück, die Antworten nach ihrem Gusto abzuändern, obschon sie dem Interview gar nicht beiwohnten. Vor langer Zeit ist mir einmal  passiert, dass ich mit dem Chef Private Banking der Stadtberner Filiale  einer Grossbank ein Interview führte, in welchem er Aktientipps zum Besten gab. Als Tipp nannte er unter anderen die «Zürich». Ich gab das Kurzinterview zum Gegenlesen, wie das der Gepflogenheit entspricht, worauf bei der abgesegneten Version die  Zürich» durch «Swiss Re» ersetzt wurde. Der Chef Private Banking erklärte mir darauf am Telefon, er würde seinenKunden sehr wohl «Zürich» empfehlen, doch das Headoffice habe ihm gesagt, im Interview müsse «Swiss Re» erscheinen. Das Interview habe ich dann selbstverständlich nicht publiziert.

Es geht um Macht. Gewisse – beileibe nicht alle – Mediensprecher fühlen sich in ihrem Ego gekränkt, wennn ein Zitat ohne ihr Plazet den Weg in die Zeitungsspalte findet. Sie nehmen sich mitunter wahnsinnig wichtig. Letzte Woche konnten wir wieder so eine Machtdemonstration erleben. Der Autor eines Artikels über Hypotheken hatte das Zitat der UBS etwas zugespitzt. An der Aussage änderte sich jedoch nichts. Im Stil eines Oberbefehlhabers verlangte eine gewisse Ursula Dober sofort und dringend eine Korrektur. Wir taten das in der Online-Ausgabe. Schliesslich werden die Artikel dort häufig auch Tage und Wochen nach deren Publikation noch gelesen.

Doch in der Printausgabe wollten wir von dieser Korrektur nichts wissen. Der Leser hat keinen Nutzen, wenn Tage nach der Publikation das Originalzitat dem Zugespitzten gegenübergestellt wird. Man müsste die ganze Geschichte nochmals erzählen, damit der Leser weiss, um was es überhaupt geht. Zudem war ja die Differenz unerheblich.

Wie gesagt: Es geht um Macht. Im gefühlten Stundentakt velangte Ursula Dober dringend und sofort eine Richtigstellung auch in der Printausgabe, was in der Tat nur eine Umformulierung war. Wir taten es. Die Mediensprecherin hat das Machtspiel für sich entschieden. Der Erfolg ist ihr zu gönnen. Gewiss, der Lesernutzen dieser Geschichte ist gering. Deshalb verzichten wir auf die Publikation in der gedruckten Ausgabe. Aber immerhin ist der Nutzen noch grösser als eine nichtssagende Berichtigung.

Über die unschöne Geschichte der Legal Quote

claude chatelain am Dienstag, den 10. November 2015

Heute wollen wir uns mit der Altersvorsorge 2020 beschäftigen. Der Bundesrat möchte nämlich die Legal Quote der Lebensversicherer von 90 auf 92 Prozent erhöhen. Davon war bisher kaum die Rede, obschon der Ständerat lange über diesen Punkt debattierte. Schliesslich schmetterte er den bundesrätlichen Vorschlag mit grossem Mehr ab.

Die Legal Quote definiert, wie die Überschüsse in der beruflichen Vorsorge zu verteilen sind: wie viel den Versicherten gutzuschreiben sind und wie viel die Versicherungsgesellschaft für sich behalten darf. Gemäss geltendem Recht beträgt die Legal Quote 90 Prozent. 90 Prozent von was? Nicht etwa 90 Prozent vom Gewinn, sondern 90 Prozent vom Ertrag, der auch die Risikoprämien und die aufgelaufenen Kosten enthält. Je höher die aufgelaufenen Kosten, umso weniger bleibt den Versicherten. Man spricht daher von der ertragsbasierten Bruttomethode. Dies im Unterschied zur ergebnisbasierten Nettomethode.

Die nun gültige Bruttomethode war leider keinesfalls im Sinne der Subkommission, die damals die Regeln aufstellte. Die Kommissionsmehrheit war dezidiert der Meinung, dass eine Überschussbeteiligung eine Beteiligung am Gewinn sei. Doch der damalige Finanzminister schaffte es, die Verordnung im Interesse der Versicherungswirtschaft umzubiegen. Die Versicherungslobby hatte also ganze Arbeit geleistet. Im Fall von Finanzminister Hans-Rudolf Merz war das gar nicht so schwierig. Vor der Wahl in den Bundesrat war der Appenzeller Verwaltungsratspräsident der Helvetia- Versicherungen.

Das führt mich zu Alt-Ständerätin Christine Egerszegi von der FDP, die sich nicht mehr zur Wiederwahl stellte. Sie war Mitglied der damaligen Subkommission und verpasste seither keine Gelegenheit, daran zu erinnern, was die Subkommission beschlossen hatte: nämlich die Nettomethode und nicht die Bruttomethode. Wie Egerszegi treten auch andere Zeitzeugen nach und nach ab. Ich fühle mich daher berufen, stellvertretend für die Aargauerin die unschöne Geschichte in Erinnerung zu rufen. Nur wer die Vorgeschichte kennt, kann nachvollziehen, weshalb die Linken schon fast penetrant für eine Erhöhung der Legal Quote eintreten.

EWS for President

claude chatelain am Freitag, den 30. Oktober 2015
Eveline Widmer-Schlumpf für.......

Eveline Widmer-Schlumpf für…….

Vor vier Jahren schrieb ich in dieser Spalte: «Eveline Widmer-Schlumpf wünsche ich mir im Verwaltungsrat einer Grossbank». Ich schrieb das für den Fall, dass die Finanzministerin nicht wiedergewählt werden sollte. Nun, die BDP-Bundesrätin wurde im Herbst 2011 bestätigt. Jetzt aber, nach ihrem Rücktritt, will ich mein Anliegen wiederholen.

Vor vier Jahren dachte ich vorab an die UBS. «Keine Frage», schrieb ich damals: «Die Finanzexpertin aus dem Bündnerland würde bei der UBS als Verwaltungsratspräsidentin eine ganz andere Figur abgeben als der heutige Amtsinhaber und frühere FDP-Bundesrat Kaspar Villiger. »

...Urs Rohner. Das wär doch was.

…Urs Rohner. Das wär doch was.

Heute verfügt die UBS mit Axel Weber aus Deutschland über eine herausragende Persönlichkeit als VR-Präsident.  Das gleiche kann man von der Credit Suisse nicht wirklich behaupten. Ich bin sowieso erstaunt darüber, wie man  all die Unterlassungssünden der zurückliegenden Jahren dem ehemaligen CEO Brady Dougan in die Schuhe schiebt und nicht dem Verwaltungsratspräsidenten Urs Rohner. Die CS machte vor allem strategische Fehler und meines Wissens nicht operative. Für die Strategie ist  der Verwaltungsrat zuständig und nicht der CEO. Und als im Mai letzten Jahres bekannt wurde, dass die Credit Suisse  von der US-Justiz für ihr Fehlverhalten eine  Busse von 2,8 Milliarden Dollar aufgebrummt erhielt, forderten  auch  ernst zu nehmenden Blätter wie NZZ oder Finanz +Wirtschaft mehr oder weniger unverblümt einen Wechsel an der obersten Spitze der Credit Suisse. Für mich ein Fall für EWS.

Eine Einschränkung habe ich aber: Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Englischkenntnisse der Bündnerin für die strategische Führung einer globalen Bank ausreichen. An der Eröffnungsrede zum Weltwirtschaftsforum 2012 in Davos machte sie mit ihrem Englisch als Bundespräsidentin jedenfalls keine gute Figur. «Ihr Vortrag war ein einziges phonetisches Spiessrutenlaufen», schrieb damals Kollege Francesco Benini in der «NZZ am Sonntag». Auf Rätoromanisch hätte man sie besser verstanden. Ich hätte volles Verständnis gehabt, wenn BBC ihre Rede mit Untertiteln versehen hätte.

Naja, Verwaltungsratspräsidentin bei der Bündner Kantonalbank wäre ja auch nicht ohne. Hauptsache, die kompetente und blitzgescheite Juristin und Finanzexpertin bleibt der Schweizer Wirtschaft erhalten.

Widmer-Schlumpf setzte auf die Abgeltungssteuer – und die Banken setzten Millionen in den Sand

claude chatelain am Freitag, den 23. Oktober 2015
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Eveline Widmer-Schlumpf agierte nicht in jedem Fall so glücklich, wie bei der Rettung der UBS.

Heute wollen wir uns aus aktuellem Anlass mit einem  Steuerthema befassen, mit der Abgeltungssteuer. Aktuell ist diese Steuer zwar in keiner Weise, doch jene Person, die sich dafür besonders starkmachte, ist derzeit in aller Munde: Eveline Widmer-Schlumpf.

Die Finanzministerin machte sich mit grossem Eifer für eine Abgeltungssteuer  stark, bei der ausländische Kunden anonym und das Bankgeheimnis gewahrt bleiben konnten. So wäre auf Kapitalerträgen und Kapitalgewinnen ausländischer Konten automatisch die Abgeltungssteuer in Abzug gebracht und dem entsprechenden Land überwiesen worden. Widmer-Schlumpf wollte  damit das Bankgeheimnis retten, an welchem sich die Gegner laut ihrem Vorgänger  noch die Zähne ausbeissen sollten.

Auf Anfang 2013 hätte die Abgeltungssteuer für deutsche Kunden eingeführt werden sollen. Doch nur wenige Wochen vor dem geplanten Inkrafttreten erteilte die Länderkammer Deutschlands dem Vorhaben eine Absage.

All das wäre nur halb so schlimm, wenn diese Fehleinschätzung die Banken nicht Millionen von Franken gekostet hätte. Die Banken  konnten nicht auf den Entscheid der Deutschen warten. Sie mussten sich wappnen, in kürzester Zeit ihre Software umschreiben und eine aufwendige informationstechnologische Übung veranstalten. Als Aussenstehender kann man sich kaum vorstellen, was es braucht, um die Informatik auf eine solche Abgeltungssteuer einzurichten. Alles  für die Katz.

Man muss wissen, dass schon damals Kritiker betonten, die Abgeltungssteuer sei im besten Fall «gekaufte Zeit». Der automatische Informationsaustausch lasse sich nicht aufhalten. Widmer-Schlumpf war  anderer Meinung. Die Banken kam das teuer zu stehen.
Gewiss doch, Eveline Widmer-Schlumpf hat Grossartiges geleistet, etwa bei der Rettung der UBS. Es muss dennoch erlaubt sein, auch ihre Fehlleistungen in Erinnerung zu rufen.

 

Man stelle sich vor, Unfall gleich Krankheit – und umgekehrt

claude chatelain am Dienstag, den 20. Oktober 2015

7 Ärztinnen und Ärzte mussten darüber urteilen und Gutachten schreiben, ob die Schulter der 55-jährigen Frau wegen des Fahrradunfalls oder als Folge einer Arthrose operiert werden musste. Eine ausführliche Version dieser Geschichte publizierten wir vor einigen Wochen auf dieser Seite.

Die akademische Übung war notwendig, weil sich Axa Winterthur vorerst weigerte, die Kosten für die Schulteroperation zu übernehmen. Nach offizieller Leseart hat Axa den Unfall «nie als ursächlich für die Operation erachtet». Es hätte dem Prinzip, alle Versicherten gleich zu behandeln, widersprochen, in diesem Fall die Operationskosten zu übernehmen. Nach inoffizieller Darstellung wollte sich Axa vor der Zahlungspflicht drücken und damit Kosten sparen.

Dem aus Paris gelenkten Konzern ist kein Vorwurf zu machen. Er will den Gewinn maximieren. Da ist jedes legale Mittel recht, Kosten zu sparen. Und so drückt man sich halt in der Hoffnung, die verunfallte Person werde vor den Umtrieben und den Kosten eines Gerichtsverfahrens zurückschrecken. Ein Vorwurf ist dagegen der Politik zu machen, die es zulässt, dass wir ein Unfallversicherungsgesetz (UVG) und ein Krankenversicherungsgesetz (KVG) mit unterschiedlichen Leistungen haben: Hervorragende Leistungen nach UVG; mässige Leistungen nach KVG.

Stellen Sie sich vor, wir verzichteten auf diese juristische Unterscheidung zwischen Unfall und Krankheit und hätten beides beim gleichen Anbieter versichert, wie das im benachbarten Ausland auch gängig ist. Hätten wir solch idyllische Zustände, wäre es der Versicherung egal, ob nun die lädierte Schulter auf den Velounfall oder auf eine Arthrose zurückzuführen ist. Zahlen muss sie so oder so. Tausende von Versicherten blieben von einem Spiessrutenlauf verschont. Und Juristen und Gerichte müssten sich plötzlich über mangelnde Arbeit beklagen. Für sie eine neue Erfahrung.

Börsenanalyst? Nichts einfacher als das

claude chatelain am Donnerstag, den 8. Oktober 2015

In meinem nächsten Leben will ich auch Börsenanalyst werden. Man verdient gut und kann erst noch nicht viel falsch machen. Wie meine Berufskollegen müsste ich dann die Frage beantworten, weshalb die Aktienkurse gestiegen sind. Ein druckreifes Zitat müsste ich auch abgeben können, sobald die Kurse in den Keller sausen. Und wenn die Börsen mit hohen Kursschwankungen auffallen, so werde ich dafür bezahlt, diese Volatilität zu begründen. Nichts ist einfacher als das.

Besonders simpel gestaltete sich das Kommentieren des Börsengeschehens in der ersten Jahreshälfte. Stiegen die Kurse, war das wegen Griechenland. Sanken sie, war das ebenfalls wegen Griechenland. Mittlerweile ist die chinesische Konjunktur an Stelle der griechischen Tragödie getreten. Ein Auf an der Börse wird mit der Konjunktur Chinas begründet, die besser sei als angenommen. Ein Ab an der Börse ist ebenfalls auf die Konjunktur Chinas zurückzuführen, die sich  doch nicht so toll entwickelt.

Angenommen, gegen Ende Oktober kracht es an der Börse: Warum gerade jetzt?
a) die  Hausse dauert schon rekordverdächtige sieben Jahre. Auf jede Hausse folgt eine Baisse
b) an der Schuldenfront ist keine Besserung auszumachen
c) die Wirtschaft kommt trotz Finanzspritzen nicht in Schwung, was sich in tieferen Unternehmensgewinnen niederschlägt.

Und was sind die Gründe, falls  wir im Oktober keinen Kurssturz erleben?
a) Der Wirtschaftsmotor kommt nicht in Fahrt, also werden die Zinsen nicht angehoben
b) Anlagenotstand: Es gibt  keine Alternativen zu Aktien
c)  Unternehmen zahlen rekordhohe Dividenden aus.
Und in beiden Fällen könnte man noch Syrien anfügen.
Zutreffendes bitte ankreuzen.

Das erinnert mich an einen Witz. Er geht so: Einstein sucht sich einen neuen Assistenten. Frage an den ersten: «IQ ?»
Antwort: «200»,
Einstein: «Da könnten wir zusammen philosophieren».
Frage an den zweiten: «IQ ?», Antwort: «100»,
Einstein: «Da können wir zusammen ins Theater».
Frage an den dritten: «IQ ?»
Antwort: «50»,
Einstein: «Was macht die Börse?»

Über das Versagen der Geldpolitik

claude chatelain am Montag, den 5. Oktober 2015

Janet Yellen hat in ihrer Zeit als Fed-Chefin noch nie die Zinsen erhöht.

Am 17.September hat der Offenmarktausschuss der amerikanischen Notenbank zur Überraschung vieler die Zinsen nicht angehoben. Noch heute, drei Wochen später, ist das in Finanzmarktkreisen das grosse Thema. Und die Beobachter fragen sich, was der Nullentscheid für die Finanzmärkte bedeute, ob das gut oder schlecht sei für Aktien und Obligationen.

Nun, die Frage ist falsch gestellt. Vielmehr müsste man beantworten, ob die Zinsentwicklung in den USA gut oder schlecht sei für die Wirtschaft. Um es vorwegzunehmen: Sie  ist schlecht. Sie beweist, dass die Geldpolitik versagte.

Kollege Mark Dittli hat jüngst in der «Finanz+Wirtschaft»  treffend beschrieben: «Janet Yellen, Mario Draghi, Haruhiko Kuroda, Mark Carney, Thomas Jordan: Was haben die Vorsitzenden der mächtigsten Notenbanken gemeinsam? Sie alle haben in ihrem Amt noch nie die Zinsen erhöht. Nie», schrieb der Chefredaktor der F+W

Warum ist das so speziell? Weil  die genannten Notenbankchefs den Geldhahn voll aufdrehten und die Wirtschaft mit Liquidität überschwemmten,  um mit allen verfügbaren Mitteln den Konjunkturmotor anzuwerfen. Doch der Motor springt nicht an. Die Wirtschaft kommt nicht auf Touren. Die Preise stagnieren. Laut gängiger Lehrmeinung müsste sich die westliche Welt bei einer solchen Geldschwemme schon längst über zweistellige Inflationsraten grämen. Stattdessen macht bereits wieder das «R-Wort» die Runde, eine drohende weltweite Rezession. Es herrscht Ratlosigkeit. «Terra incognita in der Geldpolitik», sagt Mark Dittli dazu.

Man kann zwar die Pferde zur Tränke führen, doch saufen müssen sie selber. Aber sie weigern sich, zu saufen. Die Unternehmen kaufen mit dem billigen Geld lieber Aktien, statt  in Maschinen zu  investieren.  Nicht die Wirtschaft boomt, sondern die Aktienbörse.

Das ist das wahre wirtschaftspolitische Problem der Gegenwart  – und nicht der Euro, nicht die billigen Rohstoffpreise, nicht China,  und schon gar nicht Griechenland.

“Herr Chatelain, was haben Sie eigentlich gegen Witwen?”

claude chatelain am Montag, den 28. September 2015

Neulich geträumt:
Ständerat S: Herr Chatelain,  was haben Sie eigentlich gegen Witwen?
Chatelain: Nichts.
SRS: Weshalb wollen Sie dann die Witwenrenten streichen?
CCH: Weil ich ein soziales Netz als  wichtig, eine soziale Hängematte dagegen als schädlich erachte.
SRS: Ziemlich zynisch, finde ich.
CCH: Zynisch finde ich, zur Finanzierung der Altersvorsorge die Mehrwertsteuer und die Lohnabzüge zu erhöhen und gleichzeitig  kinderlosen Karrierefrauen Witwenrenten auszurichten.
SRS: Sie wollen auch den Witwen erwachsener Kinder die  Witwenrente streichen.
CCH: Erstens sprechen wir hier nur von künftigen Witwen, also werden keine Renten gestrichen. Zweitens gefällt mir der Vorschlag des Bundesrats,  nur Witwen mit unterstützungspflichtigen Kindern eine Witwenrente zu bezahlen.
SRS: Vor dem Volk bringen wir Abstriche bei der Witwenrente nicht durch.
CCH: Wie wollen Sie das wissen?
SRS: 2004 ist die 11.AHV-Revision auch wegen Kürzungen bei den Witwenrenten abgelehnt worden.
CCH: 2004 ist nicht 2016. Tausende, die damals Nein stimmten, sind gestorben. Tausende, die vor 11 Jahren noch nicht abstimmen durften,  werden nichts dagegen haben, kinderlosen Frauen eine Witwenrente vorzuenthalten.
SRS: Ich gebe zu, dass sich die Zeiten geändert haben. Es lohnt sich nicht, die Sanierung der AHV wegen der Witwenrente zu gefährden.
CCH: Die Sanierung wird nicht wegen der Witwenrente gefährdet. Sie wird eher durch die Erhöhung der AHV-Rente um 70 Franken gefährdet.
SRS: Wir wollen nicht Frauen bestrafen, die sich für eine bestimmte Lebensform entschieden haben.
CCH: Sie haben also nichts dagegen, wenn sich Frauen trotz zum Teil hervorragender Ausbildung ausschliesslich dem Haushalt widmen und dafür sorgen, dass die Pantoffeln parat sind, wenn der Mann nach Hause  kommt?
SRS: Das sind Ihre Worte.
CCH: Eine andere Frage: Hatten Sie sich nicht für die Anschubfinanzierung von Kinderbetreuungsplätzen ausgesprochen?
SRS: Selbstverständlich. Wir haben in der Schweiz einen Fachkräftemangel. Wir müssen Anreize schaffen, damit Frauen einer Erwerbstätigkeit nachgehen.
CCH: Bravo. Die Witwenrente ist sicher der beste Anreiz dafür.