Das wars

claude chatelain am Dienstag, den 24. Januar 2017

Das hier ist meine letzte «Vierte Säule». Einige werden sagen: «Schade». All jene zum Beispiel, die mich mit Lob beehrten und anspornten. Andere werden sagen: «Endlich». Vermutlich Notarinnen und Notare.

Sieben Jahre hatte ich mir vorgenommen; acht sind es geworden. Aufgrund der Signale, die ich erhalte, dürften die «Schade»-Sager die «Endlich»-Sager noch übertreffen. Mit Betonung auf noch. Irgendwann wird das Verhältnis kippen. Jede Kolumne läuft sich einmal zu Tode. Das gilt übrigens auch für Fernsehsendungen. Viktor Giacobbo und Mike Müller wissen das. «Aeschbi» weiss es noch nicht. Er sollte sich an uns ein Beispiel nehmen.

Ein Redaktionskollege meinte, ich würde nur deshalb die Kolumne einstellen, weil mir die Witze ausgegangen seien.

Hier also mein letztes Exemplar: Der Besucher betritt das Büro der Anlagefirma und sagt: «Kann ich den Chef sprechen?»
«Leider nicht», erwidert die Sekretärin. «Er musste zum Gericht.»
«Und wann wird er wiederkommen?»
«Der Prokurist meint, so in ein bis zwei Jahren.»

Wenn Banken «Window Dressing» betreiben

claude chatelain am Dienstag, den 10. Januar 2017

Der Kurs der CS-Aktie verlor in den letzten zehn Tagen des alten Jahres knapp 8 Prozent. Und am ersten Handelstag des ­neuen Jahres kletterte er zwischendurch um über 7 Prozent in die Höhe. Was ist in der Silvesternacht passiert, dass sich Investoren über die Aussichten der zweitgrössten Schweizer Bank plötzlich derart hoffnungsfroh geben?

Nichts. Der Grund dieses irrational scheinenden Verhaltens heisst «Window Dressing», das Fenster dekorieren. Man könnte es Bilanzbereinigung nennen. Denn 2016 sackte die CS-Aktie um 32,6 Prozent in die Tiefe. Bei Firmen mit kleineren Börsenvolumen sind ­solche Kursschwankungen keine Seltenheit; bei grosskapita­lisierten Valoren hingegen schon.

Deshalb können sich Finanzchefs oder Pensionskassenmanager nicht damit brüsten, CS-Aktien im Depot zu haben. Verwaltungs- oder Stiftungsräte könnten unangenehme Fragen stellen, wenn Dividendenpapiere mit einer derart lausigen Performance das Portefeuille verunreinigen. Also stösst man die unliebsamen Titel kurz vor Jahresende ab, um das Wertschriftendepot per Ende Jahr in einem besseren Licht erscheinen zu lassen. Eben, um das Fenster zu dekorieren.
Und weil die Aktien als Folge des «Window Dressing» innert weniger Tage massiv an Wert verloren, kaufen institutionelle Investoren die Papiere Anfang Jahr günstig zurück. Dies natürlich in der Hoffnung, dass die Aktie im angelaufenen Jahr viel Freude bereiten wird, wie sie das vor Jahresfrist auch gehofft hatten.

Von diesem Phänomen des «Window Dressing» können auch Privatanleger profitieren. Sind bei Aktien, die im Verlauf des Jahres enttäuschten, gegen Jahresende überdurchschnitt­liche Kursverluste zu beobachten, so liegt der Verdacht nahe, dass hier etliche Grossinvestoren ihre Fenster dekorieren. Also kauft man als Privatanleger kurz vor Jahresende den in Ungnade gefallenen Titel. Nachdem das entsprechende Papier im neuen Jahr wieder zugelegt hat, verkauft man es mit einem schönen Kursgewinn. Steuerfrei. Aber ohne Gewähr.

Bei Scheidungen gilt für die Berechnung des Pensionskassenguthabens ein neuer Stichtag

claude chatelain am Dienstag, den 3. Januar 2017

Es lohnt sich nicht mehr, die Scheidung allein wegen der Pensionskasse hinauszuzögern. Szene aus dem Film «Liebling, lass’ uns scheiden»  mit Marco Rima und, Esther Schweins.

Die heutige «Vierte Säule» widme ich der zweiten Säule. Die Gelegenheit ist günstig, traten doch auf Anfang Jahr in der beruflichen Vorsorge Gesetzesänderungen in Kraft. Neu soll das Vorsorgeguthaben auch dann geteilt werden, wenn bei der Scheidung der eine oder beide Partner eine AHV- oder IV-Rente beziehen. Viel, extrem viel wurde schon über diesen neuen Vorsorgeausgleich bei Scheidung im Rentenalter geschrieben, obwohl es nur um die tausend Personen betrifft.

Tausende von Frauen und Männern – nämlich alle, die sich scheiden lassen wollen – sind dagegen von einer anderen Neuerung betroffen, über die bisher kaum berichtet wurde.

Bisher war es so, dass das Guthaben der zweiten Säule erst am Scheidungstermin geteilt wurde. Das führte dazu, dass der Ehepartner mit dem kleineren Pensionskassenguthaben, häufig die Frau, einen monetären Anreiz hatte, die Scheidung möglichst lange hinauszuschieben und Scheidungsanwälte zu beschäftigen. Denn je später die Scheidung, desto grösser das Kapital, das von der Vorsorgestiftung des Mannes an die Vorsorgestiftung der Frau zu überweisen war.

Das ändert sich. Neu gilt für die Teilung der zweiten Säule jener Stichtag, an dem die Scheidung eingereicht wird. Damit verliert der schlechter verdienende Ehepartner seine Motivation, wegen der Pensionskasse die Scheidung bis zum Gehtnichtmehr hinauszuzögern. Die Scheidung verlangen kann man wie bisher frühestens nach zweijährigem Getrenntleben.

Im Parlament war diese Neuerung übrigens nicht unumstritten. Vor allem Frauen wollten den Status quo beibehalten. Sie machten sich also dafür stark, dass der weniger verdienende Ehepartner finanziell besser dasteht, wenn er die Scheidung möglichst lange zu verzögern weiss. Dass einige dieser Parlamentarierinnen auch als Scheidungsanwältinnen tätig sind, habe ich jedoch nicht gesagt.

Zur Heraufsetzung der Franchise ist es noch nicht zu spät

claude chatelain am Montag, den 12. Dezember 2016
Das Risiko, zu hohe Krankheitskosten zu zahlen, ist bei der tiefsten Franchise von 300 Franken grösser als mit der höchsten von 2500 Franken.

Das Risiko, zu hohe Krankheitskosten zu zahlen, ist mit der tiefsten Franchise von 300 Franken grösser als mit der höchsten von 2500 Franken.

Heute wollen wir uns mit der Franchise in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) beschäftigen. Je nach Höhe der Krankheitskosten ist die tiefste Franchise von 300 oder die höchste von 2500 Franken vorteilhaft. Wer heute noch die Franchise reduzieren möchte, hat den Zug verpasst. Dies hätte bis Ende November erledigt sein müssen. Der Wechsel in eine höhere Franchise ist dagegen bis Mitte Dezember möglich.

Ich stelle zwei Behauptungen in den Raum: Angenommen, Sie entschlossen sich vor einem Jahr für die höchste Franchise von 2500 Franken. Nun passierte, was sich niemand wünscht: Sie mussten sich im Spital einer kostspieligen Operation unterziehen. Für die hohen Kosten legten Sie schon mal 2500 Franken Franchise auf den Tisch und für jeden Franken, der darüber liegt, nochmals 10 Prozent davon als Selbstbehalt. Der maximale Selbstbehalt beträgt 700 Franken. Wenns hoch kommt, zahlten Sie für Franchise und Selbstbehalt 3200 Franken. Wetten, dass Sie sich darüber ärgern, vor einem Jahr nicht die tiefste Franchise von 300 Franken gewählt zu haben?

Zweite Behauptung: Sie entschlossen sich vor einem Jahr für die tiefste Franchise von 300 Franken. Nun passiert, was sich jeder wünscht: Sie mussten nicht ein einziges Mal zum Arzt. Wetten, dass Sie sich nicht darüber ärgern, vor einem Jahr die höchste Franchise von 2500 Franken gewählt und damit massiv Kosten gespart zu haben? Willkommen auf dem Feld der Verhaltenspsychologie.

Das Problem: Es tut weh, auf einen Schlag tausende von Franken hinzublättern. Und es tut weniger weh, mit einem Dauerauftrag monatlich zu hohe Prämien zu zahlen.

Wenn wir den Rechner zur Hand nehmen, so zeigt sich Erstaunliches: Über mehrere Jahre wird sich die höchste Franchise lohnen, sofern man kein chronisches Leiden hat.

Nehmen wir als Beispiel das Swica-Produkt «Favorit Medpharm». Mit der 300er-Franchise hätten Sie beim Beispiel mit der teuren Spitalrechnung für Prämien, Franchise und Selbstbehalt nur 632 Franken weniger bezahlt als mit der Franchise von 2500 Franken.

Beim Beispiel zwei mit null Franken Arztkosten hätten Sie mit der höchsten Franchise dagegen 1568 Franken weniger bezahlt als mit der tiefsten. Wenn das kein Argument ist?

Und wenn wir schon beim Thema sind: Der Arzt wird zu einem Hausbesuch gerufen. An der Haustür sagt ihm die verzweifelte Frau: «Sie sind umsonst gekommen, Herr Doktor.» – «Nicht umsonst, nur vergebens.»

Über Fress- und andere Aktien

claude chatelain am Dienstag, den 6. Dezember 2016
Spritz Aperol drink with venetian traditional snacks cicchetti on the water chanal background in Venice. Traditioanal italian aperitif. Image with small depth of field

Aperol Spritz. 

Was meinen Sie zu ­Roche? Was halten Sie von Sika? Soll ich auf UBS oder CS setzen? Regelmässig finden Anfragen dieser Art den Weg in mein Mailfach. Abgesehen davon, dass ich aus grundsätzlichen Gründen keine Aktienempfehlungen abgebe, könnte ich einen solchen Rat selbst beim besten Willen nicht erteilen. Ich weiss nicht, warum Sie gerade dieses oder jenes Papier im Fokus haben:

  • Möchten Sie Aktien mit einer hohen Ausschüttung? Dann sollten Sie ein Papier mit einer stabilen und überdurchschnittlichen Dividendenren­dite ins Auge fassen. Dazu ge­hören etwa Swisscom, Basler, ­Roche oder Zürich. Man spricht von Dividendenperlen.
  • Spekulieren Sie auf hohe Kursgewinne, die im Unterschied zu Dividenden steuerfrei sind? Dann sollten Sie auf Aktien mit einem vielversprechenden Kurssteigerungspotenzial setzen. Man spricht von Wachstumstiteln.
  • Gehen Sie ins Berner Oberland zum Skifahren und möchten die Bergbahnen unterstützen? Dann bieten sich unter ­anderen Aktien der Schilthornbahn, der Bergbahnen Adel­boden, der Lenker Bergbahnen oder der Bergbahnen Meiringen-Hasliberg an. Man spricht von Liebhaberaktien.
  • Freuen Sie sich auf den kulinarischen Genuss anlässlich der Generalversammlung? Viele Gesellschaften haben das üppige Essen durch einen Apéro ersetzt. Bekannt für gutes Essen ist sonst die Kursaal Bern AG. Bei der Spar- und Leihkasse Gürbetal gibt es traditionsgemäss eine Berner Platte. Man spricht von Fressaktien.
  • Noch etwas: Vielleicht setzen Sie auf Novartis, weil ihr Portefeuille mit vielen Bankaktien durchsetzt ist. Mit dem Kauf von Pharmatiteln würden Sie eine bessere Diversifikation erreichen. Vielleicht haben Sie zu viele Pharmawerte und möchten das Depot mit Bankaktien aufpeppen. Keine Ahnung.

Sie sehen, liebe Leser, ich müsste ganz viel wissen über Sie, um Ihnen eine Empfehlung erteilen zu können. Aber fragen Sie mich bitte nicht, welchen Wachstumstiteln ich das grösste Potenzial zutraue. Ich habs gesagt: Ich gebe keine Empfehlungen ab.

Tragbarkeitsrechnung für Hypotheken

claude chatelain am Dienstag, den 22. November 2016

Dank der sündhaft tiefen Zinsen scheint der Kauf eines Eigenheims auch für kleinere Budgets erschwinglich zu sein. Doch häufig macht der potenzielle Käufer die Rechnung ohne die Bank. Sie überprüft, ob man in der Lage wäre, mit seinem Lohn auch einen Hypothekarzins von 5 Prozent zu verkraften. Sie ­erstellt dazu eine sogenannte Tragbarkeitsrechnung.

Die Raiffeisenbanken, bekannt für ihre forsche Praxis bei der Vergabe von Hypotheken, plädieren nun für eine Senkung dieses Tragbarkeitszinses. Sie verweisen auf die langfristig tiefen Zinsen. Ihr offizieller Zins beträgt derzeit für eine zehnjährige Hypothek lediglich 1,53 Prozent. Damit würde der Kreis potenzieller Käufer massiv erweitert.

Nicht alle Geldhäuser finden Gefallen an dieser Idee. Laut UBS wäre eine Senkung des kalkulatorischen Zinssatzes ein Spiel mit dem Feuer. Für deren Immobilienspezialist Claudio Saputelli ist der kalkulatorische Zins eine rechnerische Sicherheitsgrösse und kein Abbild der momentanen Zinserwartungen. Eine Reduktion auf 3 Prozent würde Spielraum für einen 40-prozentigen Anstieg der Eigenheimpreise bieten, schreibt Saputelli in einer Studie, die gestern veröffentlicht wurde.

Der Immobilienexperte der UBS weist zudem darauf hin, dass 8 Prozent der Haushalte nicht in der Lage wären, ihre Hypothekarzinsen zu bezahlen, sollte der Zinssatz um mehr als 2 Prozent steigen. Dies ergab eine vor ein paar Jahren durchgeführte repräsentative Umfrage bei privaten Haushalten.

Und wenn wir schon beim Thema sind: Der Immobilienmakler erklärt seinem Kunden bei der Hausbesichtigung: «Ich will Ihnen nichts verheimlichen. Das Haus hat ein paar kleine Nachteile: Im Norden befindet sich eine Mülldeponie, im Osten liegt eine Kläranlage, im Süden gibt es eine Stinktierzucht und im Westen eine Fischfabrik.»
Darauf der Käufer: «Oh Gott. Hat das Haus auch Vorteile?»

Der Makler: «Sie wissen immer, aus welcher Richtung der Wind kommt.»

Nicht mit den Wölfen heulen

claude chatelain am Dienstag, den 15. November 2016
FILE - In this Wednesday, Nov. 9, 2016 file photo, President-elect Donald Trump smiles as he arrives to speak at an election night rally, in New York. Mexico is starting to seriously contemplate the possibility that millions of its migrants could be deported under the proposals put forward by President-elect Trump. (AP Photo/Evan Vucci)

FILE – In this Wednesday, Nov. 9, 2016 file photo, President-elect Donald Trump smiles as he arrives to speak at an election night rally, in New York. Mexico is starting to seriously contemplate the possibility that millions of its migrants could be deported under the proposals put forward by President-elect Trump. (AP Photo/Evan Vucci)

Läck Jimmy. Da habe ich mich brutal getäuscht. Letzte Woche sagte ich an dieser Stelle, bei einem Wahlsieg von Donald Trump gebe es an der Wallstreet einen Kurssturz. Ich empfahl, bei einem Taucher US-Aktien zu kaufen und damit von tieferen Preisen zu profitieren. Dumm nur, dass die Kurse trotz der faustdicken Überraschung nicht gefallen sind.

Ich bin beileibe nicht der Einzige, der sich irrte. Normalerweise heule ich aber nicht mit den Wölfen. Deshalb ist es für mich kein Trost, wenn auch andere daneben liegen. Doch im Unterschied zu mir reden sich die anderen Wölfe feige heraus und erklären, die Kurse seien anfänglich gefallen, ehe sie zu einem Rally ansetzten. Auch das ist für mich kein Trost. Eine Kurskorrektur gabs nur im Terminhandel ausserhalb der offiziellen Börsenzeiten. Das nützte mir nichts.
Andere Börsianer sagen, die Kurse hätten in weiser Vorausahnung schon vor den Wahlen nachgegeben. Deshalb seien Anleger über den Wahlsieg des Pseudorepublikaners gar nicht so sehr überrascht ge­wesen.

Nicht überrascht gewesen? So ein Unsinn. Novartis und Roche legten innert Stunden über fünf Prozent zu. Tektonische Verschiebungen bei so kapitalstarken Titeln gibts nur bei Schocks und Überraschungen. Die Euphorie bei Pharmatiteln spiegelt zwar weniger eine Begeisterung für die Wahl von Donald Trump als eine Genugtuung über die Nichtwahl von Hillary Clinton. Wiederholt hat diese den Kampf gegen die zu hohen Medikamentenpreise angekündigt.

Anleger hassen nichts so sehr wie Unsicherheit. Und weil über den künftigen Kurs Washingtons noch einiges unklar bleibt, sagen Börsenpropheten unruhige Zeiten voraus. Davon ist freilich noch nichts zu spüren: Der Dow Jones kletterte gestern so hoch hinauf wie nie zuvor. Auch der Dollar ist wieder stärker geworden.
Und wenn wir schon beim Thema sind: Ein Börsenanalyst hat sich total verschätzt. Daraufhin meint sein Chef wutentbrannt: «Sind nun Sie verrückt, oder bin ich es?» – «Aber Chef, ein Mann wie Sie wird doch keine verrückten Mitarbeiter beschäftigen . . .»

Was macht die Börse, wenn Trump gewinnt?

claude chatelain am Montag, den 7. November 2016

Sollte Donald Trump die Dekadenz der amerikanischen Demokratie entlarven und 45. Präsident der USA werden, dann wird es an der Wallstreet ein Gewitter geben.
Thomas Stucki von der St. Galler Kantonalbank geht davon aus, dass europäische Aktien bei einem Sieg des Immobilienmoguls stärker fallen würden als amerikanische. «Ähnlich wie den britischen Aktien beim Brexit hilft den US-Titeln eine deutliche Abwertung des US-Dollars», so der CIO der St. Galler Kantonalbank, der seinerzeit an der Universität Bern Volkswirtschaft studiert hat.

Als emotionslos agierenden Anleger interessiert mich vorab die Frage, ob bei diesem Szenario der Börsenindex der fünfhundert grössten US-Unternehmen um 5, 10, 20 oder noch mehr Prozent fallen wird.

Es gibt Aktienfonds, die genau diesen Index abbilden. Zum Beispiel der iShares S & P 500 (Valor 1 396 252). Ein Anteil dieses Fonds, der gegenwärtig unter den an der Schweizer Börse gehandelten Indexfonds die höchsten Umsätze erzielt, kostet derzeit gut 21 Dollar. Es wäre ärgerlich, wenn ich nun bei 17 Dollar eine Kauflimite setze, und der Kurs nur bis 17,20 Dollar fällt, ehe er wieder abhebt. Deshalb scheint mir ratsam zu sein, mehrere Limiten bei minus 5, minus 10 und so weiter zu setzen und nur kleinere Kaufaufträge zu er­teilen.

Wahrscheinlich würde sich bei einer Wahl von Donald Trump das Muster wiederholen, das wir beim Brexit gesehen haben: Absturz an der Börse und nur wenige Tage und Wochen später wieder steigende Aktienkurse. Nach dem Schock würde sich die Anlegerschar rund um den Globus ­daran erinnern, dass ein US-Präsident ohne Hausmacht in Washington nicht viel auszurichten vermag.

«Wie können Sie so unmoralisch sein und insgeheim auf sinkende Kurse hoffen?», werden Sie, liebe Leser, vielleicht einwenden.
Meines Erachtens hat der wettbewerbsfeindliche Kapitalismus heutiger Prägung nicht den Hauch von Moral. Und Hillary Clinton wahrscheinlich auch nicht.

Die «Strukis»

claude chatelain am Mittwoch, den 2. November 2016

Mir ist seit je aufgefallen, dass Raiffeisen-Kunden oft strukturierte Produkte im Wertschriftendepot haben. Mehr als bei anderen Banken. Das sind komplexe Finanzkonstrukte mit ­hohen und versteckten Gebühren. Mitunter enthalten sie Garantien, die von einer Gegenpartei geleistet werden. Diese kann auch hops gehen. Lehman Brothers steht als Beispiel dafür.

Es gibt Banken, welche solche spekulative «Strukis» nur verkaufen, wenn das vom Kunden ausdrücklich gewünscht wird. Die Berner Kantonalbank gehört dazu. So ist es doch befremdend, dass ausgerechnet die genossenschaftlich organisierten Raiffeisenbanken, die vorab in ländlichen Gebieten tätig sind und eher ein konservatives Publikum ansprechen, derart undurchsichtige und spekulative Produkte an­preisen.

Wer die Hintergründe kennt, wird darüber freilich nicht erstaunt sein. Der Grund lässt sich in zwei Worten umschreiben: Pierin Vincenz.
Der 60-jährige Bündner war bis vor einem Jahr der starke Mann bei Raiffeisen. Als eine seiner letzten Amtshandlungen übernahm er das Schweizer ­Geschäft der Bank Wegelin und gründete die Privatbank Notenstein. Zudem sitzt Vincenz im Verwaltungsrat der Leonteq. Seit diesem Jahr ist er deren Präsident. An dieser Leonteq ist die Raiffeisengruppe mit 29 Prozent beteiligt. Auch Patrick Gisel, der Nachfolger von Vincenz bei Raiffeisen, sitzt im Verwaltungsrat von Leonteq.

Das Geschäftsmodell dieser börsenkotierten Leonteq besteht darin, ebensolche struk­turierte Produkte zu kreieren und zu verkaufen. Ein ein­trägliches Geschäft, das einzig und allein dazu dient, Banken und deren Manager reich zu machen, ohne Bezug zur realen Wirtschaft. Als ob es die Finanzkrise mit dem Kollaps von Lehman Brothers nicht gegeben hätte.

Liebe Raiffeisen-Kunden, fragen Sie mich bitte nicht, weshalb Sie so viele strukturierte Produkte in Ihrem Portefeuille haben.

Nicht nur im Interesse des Prämienzahlers

Claudia Salzmann am Mittwoch, den 26. Oktober 2016

Vielleicht haben Sie es auch gelesen: Die Unfallversicherer dürfen keine Detektive mehr einsetzen, um bei einem Verdacht auf Versicherungsbetrug Personen zu observieren. Das sagen fremde Richter am Europäischen Gerichtshof in Strassburg. Nun wollen Politiker subito die gesetzliche Grundlage dafür schaffen, das Ausschwärmen von Detektiven zu legalisieren. Die Unfallversicherer begründen ihr Tun mit dem Argument, dass sie dies im Dienste der Prämienzahler täten. Je tiefer die Schadenzahlungen, desto tiefer die Prämien.

Meines Erachtens sollte man in der Unfallversicherung etwas ganz anderes unterbinden. Man sollte die gesetzliche Grundlage schaffen, dass die Versicherer nicht selber entscheiden dürfen, wie weit sie für einen Schaden aufzukommen haben. Wie schon unzählige Schweizerinnen und Schweizer erfahren mussten, kennt die Schweiz einen eigenwilligen Unfallbegriff. Nicht alles, was wir als Unfall bezeichnen, gilt nach Unfallversicherungsgesetz (UVG) als Unfall. Und was kein Unfall gemäss UVG ist, gilt als Krankheit und wird nicht vom Unfallversicherer, sondern von der Krankenkasse entschädigt.

So lassen die Unfallversicherer nichts unversucht, einen Unfall als Krankheit darzustellen, wenn sich dazu eine Gelegenheit bietet. In den meisten Fällen geht die Rechnung auf: Unfallopfer haben oft nicht die Kraft, sich dagegen juristisch zu wehren. Also werden sie die bittere Pille schlucken und mit den geringeren Leistungen der Krankenkasse vorliebnehmen.

«In Tausenden von Fällen pro Jahr werden aus Unfällen Krankheiten gemacht und den Kassen zugeschoben», schrieb die NZZ im Juni vergangenen Jahres. Die Versicherer könnten nun sagen, sie täten das im Interesse der Prämienzahler. Ich fürchte, sie tun dies eher im Interesse der Aktionäre.

Abhilfe könnte nur eine neu­trale, von Unfallversicherern ­finanzierte Schadenzentrale leisten, welche begutachtet, ob ein Unfallversicherer leistungspflichtig wird. In der politischen Debatte ist das überhaupt kein Thema. Und auch fremde Richter dürften sich kaum dazu äussern.