Falscher Artikel

IMG_8614

Ich liebe, meine Damen und Herren, den Airbus A380. Zwar habe ich schon mehr Flugmeilen auf dem Buckel als manch osteuropäischer Aussenminister, doch wie eine Volkshochschulgruppe vor der Mona Lisa oder Candy Spelling vor einer Kiste Diamanten, so stehe vor ich einem A380: mit funkelnden Augen und offenem Mund. Das ist nämlich ein herrliches Ding, Leser! Das grösste Passagierflugzeug der Welt, fliegende Festung, Meisterwerk von Himmelshöhen, Augenstern und Sinnesweide, Glanzstück abendländischer Naturbemeisterung! Denkmal für die Zukunft des Reisens und Symbol einer Zeitenwende im Transportgeschäft! Und es ist herrlich, an Bord des A380 im Sessel zurückzusinken, es tritt eine wohlige Abspannung ein, der Geist wendet sich neuen Dingen zu, die grosse Fremde eröffnet sich dort hinter dem Bogen der Fenster, unterhalb des Horizonts, und freudige Erwartung beschäftigt das Gemüt, und ausserdem könnte ich schlafen, denn feengleiche Wesen zaubern aus dem Sessel ein Bett, und der grosse weisse Wal ist so angenehm leise und sanft. Wir pflügen durch die Wolken, von zartem metallischen Rauschen dahingetrieben, manchmal rüttelt es ein bisschen, als wollte Mutter Natur der menschlichen Hybris durch gelegentliches Räuspern bedeuten, dass sie immer noch die Schürze anhat.

Soweit dazu. Ebenfalls mit offenem Mund stand ich nun vor diesem Plakat von Emirates, was Sie auf obigem Photo sehen. Die A380? Haben die niemanden, der das Gut zum Druck nochmal anguckt? Dies Plakat ist, bei näherem Hinsehen, auch noch deswegen interessant, weil der schwarze Mann weiter hinten an der Bar, den die Werbefritzen offenbar als Teil eines Benetton-Regenbogen-Konzepts gecastet haben (und der seiner Garderobe nach wohl den etwas unkonventionelleren Typus verkörpern soll), entschieden nicht-gephotoshopte Zähne aufweist, und das heisst: Zähne beinahe wie Peer Steinbrück; und nicht-perfekte Zähne sind in der Werbung eigentlich eines der schärfsten Tabus. Aber auch, wenn man nicht so genau hinsieht, sieht man sofort, dass bei diesem Plakat etwas nicht stimmt, und zwar mit dem bestimmten Artikel. Nämlich dessen Geschlecht. Der Konvention nach sind Flugzeuge, wie Schiffe, in der Regel weiblich, sobald sie einen Namen tragen. Auch sämtliche Maschinen der Marke Boeing sind weiblich, doch Boeing ist ja ebenfalls ein Name, nämlich der Nachname des Unternehmensgründers William Edward Boeing. «Airbus» hingegen ist zwar auch ein Markenname, jedoch mit eigenem Geschlecht, weil zusammengesetzt aus «Air» und «Bus» (für «Omnibus»). «Der Bus» wiederum ist im Deutschen männlich – also auch der Airbus. Ich schliesse mit den Worten des wundervollen Barry White, A380 des Soul: God bless you. God keep you.

34 Kommentare zu «Falscher Artikel»

  • Manu Hummel sagt:

    Ich muss sie leider korrigieren. Es heisst tatsächlich die A380. Zumindest wird sie so auch intern bei Airbus benannt.

  • Ruedi sagt:

    Ja Herr Tingler, Sie liegen falsch: Emirates schreibt ja nicht „der Airbus A380“ sondern nur „die A380“, und das ist RICHTIG. Auch bei Airbus-Maschinen sagt man „die A330, A320, A340“ weil sich der Artikel auf „Maschine“ bezieht. Sobald aber „Airbus“ vorne steht ist des „der Airbus A380“. Aber eigentlich ist das ein Pleonasmus weil das „A“ vor der Zahl schon für Airbus steht. Wie bei den Autobahnen in der Schweiz. Deutsche sagen „Autobahn 5“ und lassen das „A“ weg. Schweizer nennen es überflüssigerweise. „Angucken“ ist übrigens bei uns auch nicht üblich, anschauen sagen wir hierzulande. Danke.

    • Maria Müller sagt:

      @Ruedi:
      „“Angucken“ ist übrigens bei uns auch nicht üblich“, richtig, sie sagen es: nicht üblich, aber auch nicht falsch, es grüsst die lebendige Vielfalt der Deutschen Sprache

  • neni sagt:

    was für ein genuss ihren artikel zu lesen, der inhalt ist nebensächlich bei der schönheit ihrer sprache,,,,,,,,

  • Thomas Blum sagt:

    Die A380 ist aber auch eine Maschine; deshalb ist der weibliche Artikel angebracht. Und, die A380 wird auch abschätzig „fette Ente“ genannt; wieder passt der weibliche Artikel.

    • Philipp Rittermann sagt:

      die kommentar gefällt mir, liebe herr blum!! die beste an die frauen-maschine ist noch die die!

  • lars sagt:

    wie wär’s mit mehrzahl herr tingler? würde sie das gütlicher stimmen?

Die Redaktion behält sich vor, Kommentare nicht zu publizieren. Dies gilt insbesondere für ehrverletzende, rassistische, unsachliche, themenfremde Kommentare oder solche in Mundart oder Fremdsprachen. Kommentare mit Fantasienamen oder mit ganz offensichtlich falschen Namen werden ebenfalls nicht veröffentlicht. Über die Entscheide der Redaktion wird keine Korrespondenz geführt.