Falscher Artikel

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Ich liebe, meine Damen und Herren, den Airbus A380. Zwar habe ich schon mehr Flugmeilen auf dem Buckel als manch osteuropäischer Aussenminister, doch wie eine Volkshochschulgruppe vor der Mona Lisa oder Candy Spelling vor einer Kiste Diamanten, so stehe vor ich einem A380: mit funkelnden Augen und offenem Mund. Das ist nämlich ein herrliches Ding, Leser! Das grösste Passagierflugzeug der Welt, fliegende Festung, Meisterwerk von Himmelshöhen, Augenstern und Sinnesweide, Glanzstück abendländischer Naturbemeisterung! Denkmal für die Zukunft des Reisens und Symbol einer Zeitenwende im Transportgeschäft! Und es ist herrlich, an Bord des A380 im Sessel zurückzusinken, es tritt eine wohlige Abspannung ein, der Geist wendet sich neuen Dingen zu, die grosse Fremde eröffnet sich dort hinter dem Bogen der Fenster, unterhalb des Horizonts, und freudige Erwartung beschäftigt das Gemüt, und ausserdem könnte ich schlafen, denn feengleiche Wesen zaubern aus dem Sessel ein Bett, und der grosse weisse Wal ist so angenehm leise und sanft. Wir pflügen durch die Wolken, von zartem metallischen Rauschen dahingetrieben, manchmal rüttelt es ein bisschen, als wollte Mutter Natur der menschlichen Hybris durch gelegentliches Räuspern bedeuten, dass sie immer noch die Schürze anhat.

Soweit dazu. Ebenfalls mit offenem Mund stand ich nun vor diesem Plakat von Emirates, was Sie auf obigem Photo sehen. Die A380? Haben die niemanden, der das Gut zum Druck nochmal anguckt? Dies Plakat ist, bei näherem Hinsehen, auch noch deswegen interessant, weil der schwarze Mann weiter hinten an der Bar, den die Werbefritzen offenbar als Teil eines Benetton-Regenbogen-Konzepts gecastet haben (und der seiner Garderobe nach wohl den etwas unkonventionelleren Typus verkörpern soll), entschieden nicht-gephotoshopte Zähne aufweist, und das heisst: Zähne beinahe wie Peer Steinbrück; und nicht-perfekte Zähne sind in der Werbung eigentlich eines der schärfsten Tabus. Aber auch, wenn man nicht so genau hinsieht, sieht man sofort, dass bei diesem Plakat etwas nicht stimmt, und zwar mit dem bestimmten Artikel. Nämlich dessen Geschlecht. Der Konvention nach sind Flugzeuge, wie Schiffe, in der Regel weiblich, sobald sie einen Namen tragen. Auch sämtliche Maschinen der Marke Boeing sind weiblich, doch Boeing ist ja ebenfalls ein Name, nämlich der Nachname des Unternehmensgründers William Edward Boeing. «Airbus» hingegen ist zwar auch ein Markenname, jedoch mit eigenem Geschlecht, weil zusammengesetzt aus «Air» und «Bus» (für «Omnibus»). «Der Bus» wiederum ist im Deutschen männlich – also auch der Airbus. Ich schliesse mit den Worten des wundervollen Barry White, A380 des Soul: God bless you. God keep you.

34 Kommentare zu «Falscher Artikel»

  • Mario Saluz sagt:

    Es ist ganz einfach. Die Emirates haben mehr als einen A380. Folgerichtig ist „Die Emirates A380“ richtig. Ansonsten nennen Sie mir den Artikel für den maskulinen Plural…

  • Anh Toan sagt:

    Dass DER/DIE/DAS etwas mit dem Geschlecht zu tun haben, ist ein reines Gerücht:

    So oft Deutschlehrer, Rechtsschreibreformer und sonstige Dogmatiker es auch wiederholen mögen, als Hete sag ich Euch, ein Weib ist weiblicher als eine Exportrisikogarantie oder eine Heizkostenabrechnung!

    Alle Versionen des Airbusses sind weiblich, dennoch soll der Airbus an sich männlich sein, weil er viel mehr (der) Bus als (das) Flugzeug sein soll.

    Zum Glück ist das mit den Geschlechtern grundsätzlich überholt (Boys will be girls an girls will be boys,It’s a mixed up muddled up shook up world: Kinks: Lola)

  • Markus Schlichenmaier sagt:

    Sehr geehrter Herr Dr. Tingler, als PR-Agentur von Emirates erlauben Sie uns bitte darauf hinzuweisen, dass die offizielle Airbus-Sprachregelung hier zu Grunde liegt: die A380 oder der Airbus A380. Beste Grüße Markus Schlichenmaier

  • Markus Marti sagt:

    Was auch immer als Maschine kriecht, fliegt oder schwimmt – sofern dieses Ding Personen transportiert – ist es weiblich.
    Das kann „die General Guisan“ sein oder die „Casanova“ oder die „Airbus sowieso“.

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