Das Böse unter der Sonne

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Es ist Sommer, meine Damen und Herren, und damit gehen viele schöne Dinge einher, zum Beispiel lange milde Abende oder mein Geburtstag, und auch ein paar schreckliche Dinge, zum Beispiel: Weiss. Ja, Weiss. Von zahlreichen Menschen aus unerfindlichen Gründen für eine Sommerfarbe gehalten, wie Sie am obigen Waren-Arrangement sehen können, was ich für Sie im Zürcher Glattzentrum fotografiert habe. Das erinnerte mich, auch in seiner Freiheit von jeglicher Ironie, an die Dokumentation über Jackie und David Siegel, die ich neulich gesehen habe. Und wussten Sie, dass Schaufenster-Dekorateure neuerdings «Visual Merchandizer» heissen? Crazy, huh?

Wussten Sie ausserdem, dass Mutter Natur die Farbe Weiss oft benutzt, um zu sagen «Nicht anfassen»? Der Weisse Hai zum Beispiel ist – weiss. Weiss ist ebenfalls die Farbe, die einfach viele Autos, um nicht zu sagen: beinahe jedes Auto ruiniert. Was A.A. Gill kürzlich im «Vanity Fair» über Hochzeitskleider schrieb, nämlich dass Weiss eigentlich niemandem stehe, lässt sich meines Erachtens ohne weiteres auf die automobile Karosse übertragen (es sei denn, es handle sich um ein ganz besonderes Fahrgestell): Weiss ist sehr oft unvorteilhaft. Per se. A priori, wie Kant sagen würde.

Herren über 50, die auf Sonnenbräune und weisse Jeans zu pastellfarbenen Cashmere-Pullovern Wert legen, werden gerne in die Flavio-Briatore-Ecke eingeordnet. Meist völlig zu recht. Weisse Jeans gehen nur bis zu einem Alter von 25 und bei Bundweiten bis 29 und ohne jeglichen Schnickschnack. Wenn Sie mich fragen, sollten in der Herrengarderobe eigentlich nur T-Shirts, Smoking-Hemden und Dinner Jackets für Schiffsreisen und Anlässe im Freien weiss sein. Und Socken, natürlich. Die Rede gegen weisse Socken ist so bieder und klischeehaft wie jener Stil, gegen den sie sich zu richten vorgibt. Wenn Sie zwanzig Leute auf der Strasse anhalten und sie nach dem schlimmsten Faux pas mit Bezug auf die Männer-Garderobe fragen, werden ihnen siebzehn antworten: weisse Socken in Sandalen. Die Antwort ist falsch, abgeschmackt und langweilig. Seien Sie wenigstens so cool wie der vielfach unterschätzte Kevin Federline – und tragen weisse Socken. In Flip-Flops. Why don’t you? Die sprichwörtliche weisse Weste hingegen ist die Frackweste; während ansonsten für jede Weste, sei sie weiss oder nicht, tendenziell das Diktum meiner Heldin Karen Walker gilt: dressed like a lesbian comedian, circa 1983.

Apropos: Weiss wird, und dies nicht nur im Sommer, auch gern getragen von jenen Damen, die sich jenseits der Menopause plötzlich wieder anziehen wie achtjährige Mädchen; warum, ist weitestgehend rätselhaft. Mit so Riemchenschühchen und Blümchenblüschen und bunten Holzperlen und vielleicht noch einem neckischen Hütchen dazu. Nun, die Gesetze der Farbphysik lehren uns Folgendes: Mächtige Hüften sehen in einem Glockenrock aus weissem Leinen noch mächtiger aus.

Soweit dazu. Und gerne wiederhole ich abschliessend, für jedes Alter und Geschlecht, die No-1-Rule: No White Belts (NWB). Never. Soweit dazu. Und nun weg mit dem weissen Seidenhemd von Versace, in dem Sie aussehen wie die russische Delegation am Eurovision Song Contest! Weg!

25 Kommentare zu «Das Böse unter der Sonne»

  • emily sagt:

    Egal ob vor oder nach der Menopause – ich finde eine weisse Bluse geht immer. Es gibt’s nichts besseres und ich kenne gar niemanden, dem das nicht steht.

  • Joerg Hanspeter sagt:

    Nur etwa einer von 10’000 kann einen weissen Smoking (oder Anzugsjacke) tragen, ohne dass er an einer Party dauern Trinkgeld kriegt, weil man ihn mit dem Kellner verwechselt.

  • Katharina I sagt:

    Und weisse Gummistiefel?

  • Sama sagt:

    Eine Frau, die ein helles Kleid oder eine helle Baumwollhose trägt, ist entweder sehr jung und kinderlos hat deshalb eine schwache Mens, oder sie nimmt die Pille und hat deshalb eine regelmässige, planbare Mens oder hat bisher einfach Glück gehabt und es kam nie zu einem Malheur in Form von Blutflecken durch zu früh oder zu stark einsetzende Periode. Viele Frauen jedoch fürchten letzteres und meiden deshalb helle Kleidung.
    Und jenseits der Menopause, nach 30 Jahren Zwangspause können diese dann endlich wieder sorglos helle Stoffe „untenrum“ tragen.

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