Prinzessin Gabi

Also, ich sitze in Berlin im Taxi, und der Taxifahrer sagt gerade, dass er Rick Astley schon immer beknackt fand. (Berliner Taxifahrer stehen zu Unrecht im Rufe, ziemlich ruppig zu sein; die meisten sind einfach, wie die Berliner überhaupt, von rauer Herzlichkeit; und ich stelle immer wieder fest, dass die Taxifahrer meiner Heimatstadt Zürich, zum Beispiel, wesentlich verstockter und unfreundlicher sind, nicht alle, aber besonders die vom Flughafen und Hauptbahnhof, da ist dann so’n muffliger oller Taxifahrer immer der erste Downer bei der Heimkehr nach Züritown, aber dies nur am Rande.) OK, der Taxifahrer sagt also, er habe Rick Astley schon immer beknackt gefunden, und dann wechselt er den Sender, worauf so komische Töne aus dem Radio kommen, worauf der Chauffeur sich (und mich) fragt, ob das nun experimentelle Musik sei.
«Vielleicht ist ja auch das Radio kaputt», gebe ich zu bedenken.
«Gut möglich», erwidert der Taxifahrer, «die Karre kann sowieso jeden Moment den Geist aufgeben.»
«Dies», entgegne ich, «wüsste ich eigentlich lieber erst am Ende der Fahrt.»
Worauf der Fahrer nochmals den Sender wechselt, und dann kommt Enya.
«Ach du Schande», sagt der Fahrer, «da kommen ja gerade meine Depressionen wieder hoch.»
«Auch dies», bemerke ich, «wüsste ich eigentlich lieber erst am Ende der Fahrt.»
Und just indem ich diese Worte sprach, fuhren wir bei Gabi vorbei. Ich konnte gerade noch ein schnelles Foto für Sie schiessen, meine Damen und Herren. Erinnern Sie sich an den Tulpenstrauss Gabi, den wir hier als Symbol unserer existenziellen Geworfenheit besprochen haben? Und nun habe ich also noch was Besseres gefunden, ein weiteres Monument der Ungleichzeitigkeit, die Steigerung: Prinzessin Gabi. Ich habe ein Paralleluniversum aufgetan, und es scheint Gabi zu heissen. Eine neue Dimension, eine andere Wirklichkeit. Vielleicht lag das an der Taxifahrt. Denn Einstein stellte folgende Hypothese auf: Bewegen wir einen Raum (beziehungsweise einen Körper, zum Beispiel ein Taxi), entsteht ein vierdimensionales Gebilde, «Raumzeit» genannt. Die vierte Dimension. Der Palast von Prinzessin Gabi. Bewegt sich hier auch die Zeit? Wir wissen es nicht. Es ist dies eine andere Realität. Narrative Prozesse, die sich der Beschleunigung entziehen, mit eigenwüchsiger Sinn- und Zeitstruktur. Der Science-Fiction-Autor Philip K. Dick stellte einst fest, Realität sei das, was nicht verschwinde, wenn man aufhörte, an es zu glauben. Gilt dies für Gabi? And the answer, of course, is oh my God yes. Thanks for reading. Come again.
9 Kommentare zu «Prinzessin Gabi»
Wer, wie ich, in einem Paralleluniversum vor Jahrhunderten Militärdienst in der Schweiz geleistet hat, kennt Gabi in- und auswendig. Die Situation wird aber erst aktuell, wenn der Taxifahrer sie aus dem fahrenden Taxi geworfen hat, warum auch immer:
G = Gibt er Antwort ?
A = Atmet er ?
B = Blutet er ?
I = Ist sein Puls normal ?
Natürlich sind die Abkürzungen lächerlich, aber nach dem gefühlten 3257. Mal sind sie eingraviert in die Festplatte, vielleicht gerade deshalb. Also, Herr Doktor: setzten Sie sich in ein Taxi mit Fahrer, der „gedient“ hat, und sie sind auf jeden Fall on the safe side.