Sind Sie ein guter Beifahrer?

Was wäre das Reisen im Auto ohne Beifahrer – diese zauberhaften Geschöpfe, die uns den Kaffee reichen und manchmal von rechts beherzt auf die Hupe drücken. Allerdings gibt es da gewisse Unterschiede. Man könnte es so ausdrücken: Manche Beifahrer sind wie der niedliche kleine Ersatzreifen, den man nimmt, wenn den anderen die Luft ausgeht: der kleine Ersatzreifen fährt Sie bis zur nächsten Tankstelle, aber versuchen Sie nicht, längere Reisen damit zu unternehmen… – Was also macht einen guten Beifahrer aus? Sind Sie einer? Testen Sie sich selbst anhand der folgenden Auflistung der schlimmsten Beifahrersünden.
- Landkartenaltklugheit
Funktionierende Partnerschaften beruhen auf Aufgabenteilung. Eine der obersten Pflichten des Beifahrers ist daher: das Kartenlesen. Beziehungsweise in unseren modernen Zeiten die Unterstützung des Fahrers bei der Bedienung eines satellitengesteuerten Navigationssystems. Oder beim Abgleich der Wegbeschreibung irgendeines Online-Routenplaners mit der Wirklichkeit. Seien Sie bei dieser Wegfindungsaufgabe charmant und geduldig, nehmen Sie Rücksicht auf eine beim Fahrer möglicherweise vorhandene Robustheit gegenüber Richtungsangaben (fachsprachlich: Driving Directions Deafness, kurz: DDD). Beginnen Sie keine Diskussionen über das Einschlagen von vermeintlichen Um- und Schleichwegen in Gegenden, in denen Sie sich nicht auskennen.
- Kommunikationsversagen
Eine weitere Hauptpflicht des Beifahrers besteht in: Konversation. Sorgen Sie für leichte, doch anspruchsvolle Gesprächsthemen, zum Beispiel: Schmerzmittel, die nicht süchtig machen. Oder wie super Trevor Donovan aussieht. Falls Ihre bessere Hälfte das Lenkrad hält: Konfliktthemen bitte nur bei Verkehrsstockungen ansprechen. (Letzteres gilt nicht für Choleriker. Auf beiden Sitzen. Dann gilt vielmehr das Primat der absoluten Konfliktvermeidung.)
- Krisenhysterie
In potenziellen Krisensituationen mit anderen Verkehrsteilnehmern sollte der Beifahrer stets deeskalierend wirken, und das heisst: Bewahren Sie Ruhe. Yogi-Ruhe. Beruhigen Sie den Fahrer. Auch wenn Sie von St. Margrethen bis Niederbipp hinter einem 25 Jahre alten Nissan Cherry mit Jesusfisch-Aufkleber festhängen, dessen Fahrer bis unters Armaturenbrett geschrumpft ist und nicht über 40 fährt.
- Technisches Versagen
Desweiteren ist der Beifahrer zuständig für: technische Assistenz. Greifen Sie dem Fahrer bei der Handhabung von eventuell komplizierten Fahrassistenzsystemen und sonstiger Bordelektronik unter die Arme (wenn möglich nicht im wörtlichen Sinne). Hier gilt das Gleiche wie beim Kartenlesen: Seien Sie geduldig – doch stehen Sie zu Ihren Grenzen. Schliesslich wurden Sie nicht als Co-Pilot für die «Endeavour» verpflichtet. Unaufgeforderte fahrtechnische Anmerkungen vom Beifahrersitz aus (wie «So, jetzt ist frei!» oder «Achtung, es ist rot!») werden selten goutiert.
- Party Pooper
Autofahren soll Freude machen. Auch die Betreuung von Verpflegung und On-board-Entertainment gehören zur Domäne des Beifahrers. Halten Sie bei anspruchsvollen Manövern für den Fahrer seinen Iced Super Skinny Triple Venti Latte. Und tolerieren Sie es, wenn der Mensch am Steuer gerne The Pooh Sticks oder The Pastels hören will. (Ausnahme: Deutscher Soul. Das ist keine Musikrichtung, sondern ein Widerspruch in sich, den niemand akzeptieren muss.)
Damit schliessen wir unsere kleine Übersicht. Nur noch ein Warnhinweis zum Schluss: Allzu enthusiastisch sollten Sie auch nicht werden. Animieren Sie den Fahrer nicht zum Austausch von Zärtlichkeiten, selbst wenn Sie frisch verliebt sind. Das ist bereits bei Tempo 30 sehr gefährlich. Und im Stau kriegen Sie die Verkehrsverflüssigung nicht mit, wenn die Scheiben beschlagen sind. Gute Fahrt!
Im Bild oben: Der ideale Beifahrer für längere Reisen? (Keystone/Martin Meissner)
26 Kommentare zu «Sind Sie ein guter Beifahrer?»
ich beteilige mich nie! und bediene nie knöpfe, weil:
1. ich kann nicht autofahren, und
2. die letzte errungenschaft, die ich an einem auto noch irgendwie mitgekriegt habe, ist die zentralverriegelung.
3. ich lebe trotzdem gut.
4. 🙂
brav marie – sie verhalten sich vorbildlich! 🙂
Bei uns klappt das bestens.Ich bin Motorradfahrer, kann nicht Autofahren und bin deshalb immer Beifahrer.Meine Frau fährt ausgezeichnet(…seit wir einen Automat haben.Frauen haben einfach nicht das Feeling für den coolen Motorensound.)Als Mitfahrer schätzt sie es,dass ich mich kümmere um die Klimaanlage,die Scheibenwischer,inkl. -Flüssigkeit,das Soundsystem,Sonnebrille reichen Bonbons rübergeben, Navi bedienen und so einige Kleinigkeiten.Ihr ausschliesslich vorbehalten ist das Gas- und das Bremspedal und das Steuerrad Wie gesagt:Sie fährt ausgezeichnet, schätzt aber auch meinen Service.
„…seit wir einen automat haben…“ alles klar, werter lui. äh. ich würde ihren post der gattin nicht unbedingt zeigen! 🙂
lui, frauen haben einfach nicht das feeling für den coolen motorsound??? eine absolute frechheit, was sie da schreiben.
tja, jeweils beim zweiten kommentar meinen fahrstil betreffend, halte ich an der seite an und sage meiner frau, sie soll doch bitte selber fahren. will sie dann jeweils aber auch nicht. zumindest versteht sie die kernaussage und bleibt ruhig 🙂 gottseidank hat sie die erste beule am neuen auto verursacht; sonst wuerd ich das noch auf dem sterbebett vorgeworfen bekommen…
tja herr bilger – auch hier – eine nachhaltige beziehung heisst – „arbeit, arbeit, arbeit!“ 8)
Ich bin ein schlechter Beifahrer, meine Frau eine gute. Ausser beim Kartenlesen. Sie kann sich nicht entscheiden. „Müssen wir nächste Ausfahrt raus?“ Noch 1000m. „Aehm…“ „Und?“ Noch 500 m. „Hmmmm..“ „Scha-aatz!?“ Noch 200 m. „Also was jetzt?“ „Ich weiss nicht.“ Nach 1000m „Du, ich glaub, das wär Sie gewesen.“ „Umpf.“
Der beispielhafteste Kommentar, den ich je hörte, des nachts, als auf einer Landstrasse 200 m vorn zwei Abblendlichter auftauchten: „Es kommt ein Auto entgegen!“
Das sachliche Problem solcher Panikkommentare/ Erziehungsversuche ist der Abstumpfungseffekt. Wenn man zum n-ten Mal auf die Bremse getreten ist, weil die Beifahrerin mit einem Warnschrei zusammenzuckte, die Gefahren-Quelle jedoch weit weg war, sichtbar war, unwichtig war, dann wird der Cry Wolf Effekt die grösste Gefahr: Wenn’s dann wirklich mal richtig und wichtig ist, dann ist man womöglich abgestumpft und überhört die Warnung.
herr müller – chapeau – perfekt auf den punkt gebracht. der „cry wolf“-effekt ist in der tat fatal – erst erschreckt man, und wenns ganz blöd läuft, verliert man die kontrolle. im notfall – aluklebeband im handschuhfach mitführen.