Was ist Preppy-Style?

Kürzlich, in Chicago, konnte ich mir endlich wieder ein Paar Bass Loafers kaufen, meine Damen und Herren. Weejuns. Sie sehen sie oben. Ich hatte ein paar Jahre Loafers-Pause, denn als ich das letzte Mal ein Paar wollte, sagte Richie, der beste Ehemann von allen, nur: «St. Gallen.» Das wirkte. Ich sah sofort deutsche Wirtschaftsstudenten im Golf GTI vor mir und nahm Abstand (no offence, I used to be one of you, if only seemingly). Seitdem habe ich ungefähr eintausend Mal zu Richie gesagt: «Hätte ich bloss damals die Loafers gekauft. Nicht nur sind sie Klassiker, Kleines, sondern auch wieder ganz modern. Nerds und der Bleak Chic sind sowas von over. Und wenn ich noch ein Oversized-Ray-Ban-Gestell mit Fensterglas sehe, schicke ich alle verbliebenen Urban-Outfitter-T-Shirts nach Afrika!»
Stattdessen ist das Gegenteil vom Nerd zurück: der Preppy. Goodbye, Graham Coxon – willkommen, Ezra Koenig! Der Frontman der New Yorker Indiepop-Band Vampire Weekend tritt nämlich mit Vorliebe in Loafers und Khakihosen auf. Oder in Chinos, die ich übrigens für eines der besten Kleidungsstücke überhaupt halte (siehe unten). Auch der College-Rapper Asher Roth ist ein Preppy-Phänomen und trägt gerne mal Oxford-Hemd und Patentstrick. Wobei es zunächst gilt, nicht zu vergessen, dass «Preppy» im Grunde keine Mode ist, sondern ein Lebensstil. Der Preppy ist ein Archetyp, eine soziale Kategorie, entstammend der nordamerikanischen Ostküste, jenem gesellschaftlichen Segment, das als «WASP» bekannt ist, also den wohletablierten Familien Neuenglands. Preppies besuchen die klassischen Preparatory oder Prep Schools (daher der Name) wie Middlesex, Groton oder Brooks, die sie aufs College bzw. die Ivy-League-Universität vorbereiten. (Ezra Koenig ist in New Jersey aufgewachsen und hat die renommierte Glen Ridge High School besucht, Asher Roth immerhin noch die West Chester University in Philadelphia.) Preppies haben eine Vorliebe für Tennis, Segeln, Lacrosse und Golf, und sie verbringen ihre Ferien gern auf Nantucket oder Martha’s Vineyard. Preppies tragen Marken wie Ralph Lauren, J. Crew, Lacoste, Brooks Brothers. Sie haben keine Scheu vor kräftigen Farben (gern Pink und Limonengrün), binden ihre Kaschmirpullover um den Nacken, stellen den Kragen des Polohemdes hoch und lieben geflochtene Gürtel. Was sie nicht lieben, ist sexualisierte, enge Kleidung. Sie kommen mit einem Minimum an Styling und Haarprodukten aus. «Weniger ist mehr» lautet ihr Credo. Wer Preppies für Snobs oder Schnösel hält, versteht sie nicht. Wer nicht hart arbeitet, kommt nicht nach Princeton. Soziale Verantwortung ist ein wichtiger Preppy-Wert. Die Kennedys sind und waren Preppies.
Es ist also falsch, wenn der Preppy in der kollektiven Pop-Erinnerung mit dem materialistischen Markenfetischismus der 80er-Jahre assoziiert wird – und doch begünstigte die immer noch anhaltende Achtziger-Nostalgie das Wiederauftauchen von Versatzstücken des Preppy-Stils. Wobei ja all diese Achtziger-Reminiszenzen, wie das stets bei Retro-Phänomenen der Fall ist, nicht allzuviel damit zu tun haben, wie es in den Achtzigern wirklich war (glauben Sie mir, ich war dabei). Das, was unter dem Titel «80s Revival» als modischer Referenzrahmen vor ein paar Jahren schon begann, sind gar nicht die Achtziger. Sondern das, was sich Stylisten und Grafiker mit der Gnade der späten Geburt heute darunter vorstellen. Diese gefilterte Hipster-Version fokussierte sich bisher vor allem auf die Frühe-Achtziger-Blondie-Neonpunk-Sphäre, mit Drainpipe-Hosen, Schmalspurkrawatten und Haarsprayfrisuren – aber nicht auf «Wall Street» oder MC Hammer, Pluderhosen aus Kunstseide bis unter die Achseln, Schulterpolster bis ins benachbarte Ausland, Herrenwinker, Latzhosen, Gordon-Gekko-Hosenträger, Lackschuhe und Herrenbroschen, die aussahen, als wären sie geradewegs einer schweren Depression von Yves Saint Laurent entstiegen. Niemand hat diesen Plunder bisher wiederbelebt (bis auf Kim Kardashian).
Und so kann man sich heute auch aus dem Preppy-Inventar das Beste raussuchen, und wenn Sie mich fragen, sind das Beste: Chinos. Chinos, gestern noch zu Unrecht als bieder verschrien und das Gegenteil jener Röhrenhöschen, die in den letzten drei Jahren weitaus mehr Jungs (und Mädchen) angezogen haben als die, die sich das figurmässig erlauben konnten. Ich liebe Chinos; sie gehen zu allem, sie sind korrekt und trotzdem leger, und man kann sie sogar ins Handgepäck quetschen, denn sie sind leichter als Jeans. Klassische Chinos, die richtige Preppies auch in Farben wie «Olive» oder «Weathered Red» tragen, kommen zum Beispiel von Labels wie «Acne», «ASOS» oder «Bills Khakis». Und der klassische Loafer dazu kommt eben von Bass. Übrigens gibt es einen Unterschied zwischen Khakis und Chinos: beide sind leichtere Baumwollhosen, beide müssen nicht unbedingt khakifarben sein, aber Chinos sind vom Schnitt her immer formeller, eher wie Anzughosen, oder, in der Terminologie der Dresscodes: «smart casual». Doch die Übergänge sind fliessend. Und überhaupt sollte man sich nicht so an Kategorien klammern, sondern einfach vorwärtsgehen. In Weejuns, zum Beispiel.
44 Kommentare zu «Was ist Preppy-Style?»
Haha. Chinos und Pullover über der Schulter – Das sah und sieht immer noch weichgespühlt aus. Das ist voll der Schwiegersohn-Style. Die Amis sind in modischen Angelegenheiten ja nicht so anspruchsvoll 🙂
stimmt. so laufen die älteren herren, (ü30), auf den golfplätzen dieser welt rum. das ist ja nicht wirklich erstrebenswert.
Wieso funktioniert mein „Antworten“-Knopf nicht ? Egal, in den 80er gab es noch keine Webcams, aber 20 km Distanz zum See hat niemanden abgehalten, aber, Herr Doktor, das müssten gerade Sie doch wissen: bei 99% ging das ja nicht wirklich ums Fahren, das Surfbrett auf dem Dach war DAS modische, vulgo coole Statement, mindestens im Korridor Zürich-Zug-Luzern-Brunnen-Flüelen.
Also wenn man den Kragen beim Polo-Shirt oben hat, dann ist das in New Jersey eher Shore denn Glenn Ridge.. Und Chinos mit Polo, man kommt nicht drum rum, man muss sich das Zeugs in die Hosen stopfen.
Was mal casual war, ist heute schon ziemlich formell. Kennen Sie eine Alternative zur Polo-Chino Kombination? Ich finde es ziemlich herausfordernd, darin nicht wie ein pädophiler Familienmörder auszusehen, please?
🙂 lockeres, dezent gemustertes hemd über der jeans; sie sehen darin dann zwar aus wie ein arbeitsloser buchhalter, (frisch geschieden), aber es ist immer noch die bessere alternative zum „pädophilen familienmörder“.
Vergessen Sie die Jeans, es muss sportlich sein. Ausserdem ist die Kombo Jeans-gemustertes Hemd was fürs ETH-Volk vom Lande, dass dann glaubt, formell gekleidet zu sein. Jeans ist Freizeit, das was Polo-Chino mal waren..
na ja carl. für eher konservative empfehle ich dann halt bundfaltenhosen und navy boots. um das polo-shirt kommen sie aber wahrscheinlich nicht rum; ausser sie entblöden sich mit hawaihemd und goldkette – das darf man aber nur mit vermögen > 30 mio. chf.
Wo soll ich anfangen? Erstmal: Ich will, dass diese elende Achtziger-Nostalgie endlich mal aufhört, reden kann man ja darüber, aber sehen will ich das im Hier und Jetzt nie wieder, auch nicht als Neuinterpretation! Und die Beschreibung der Preppies fand ich fantastisch! Chinos sind auch fantastisch, allerdings „verrumpfeln“ meine immer so schnell. Gibt’s die auch bügelfrei? Und, Herr Tingler, sind Sie wirklich sicher, ich meine, wirklich, dass Sie die Weejuns wirklich anziehen wollen? Die erinnern mich irgendwie an Dauerwellen…
wieso denn? ich lebe heute noch quasi in den 80ern; zumindest mache ich mir das vor. die 80er waren lebensfreude und unbeschwertheit pur. schulterpolster, flotte mähnen und unkomplizierte girls – yeah-baby-yeah!! und die muuusiiik – ahhhhhh – 90% meiner sammlung ist 80er-sound. im auto – ein tape mit 80er-jahre italo-disco – das tape habe ich seit 1983!! man sollte die 80er wieder auferstehen lassen – ahhh, schmacht!
aber chinos sind scheisse.
Dauerwellen?
Ja, ähnlich wie der Herr Rittermann hatte ich beim Wort „Loafers“ eine spontane Vision von einem Mann mit Dauerwelle, der Loafers trägt. Und stone washed Jeans. Alsogutalsogut, ich hatte es ja gesagt, reden über die 80er und schwelgen in alten Zeiten, warum nicht? Bin auch ein Kind der 80er. Doch ich habe nun einmal diese Allergie, was die Kleider aus den 80ern angeht. Habe dafür auch noch ein paar 80er CDs. Und Chinos sind nicht scheisse! Ausserdem bin ich eine Frau! Bei Frauen sind Chinos etwas anderes. Aber ich trage ja auch Gummistiefel. Und seit neuestem sogar Lackschuhe. Hahaaa!
zumindest föhnfrisuren bei den damen. ich hatte schon damals mein haar kurz.
@Herrn Rittermann/ Mein Guter, was meinen Sie denn mit “ unkomplizierten Girls “ ? Unkompliziert und über längere Zeiträume erträglich sind sie nur, wenn ihre Gunst – wie auch immer – käuflich ist. Bei den anderen ist höchste Vorsicht geboten. Oder mit dem lieben, leider verblichenen, Sebastian Horsley :“The difference between sex for money and sex for free is that sex for money costs less“.
natürlich haben sie recht, eure lordschaft. in der heutigen zeit würde ich auch so verfahren. ich habe in den 80ern die erquickende erfahrung gemacht, dass man die geselligkeit pflegen konnte, mit damen, die keine oder vernachlässigbare forderungen stellten. ich weiss – heute undenkbar – aber das gabs damals. aber vielleicht hatte ich einfach nur glück.
meine lieben. mein heutiger morgengruss für alle 80er nostalgiker kommt hier ->
http://www.youtube.com/watch?v=WYX0sjP6Za8
was für ein start in den tag!
Ha! Eine gute Idee! ich habe hier auch einen Gruss, aus den ganz frühen 80ern: http://www.youtube.com/watch?v=Tk7r8whgH-c
Noch ein Nachtrag, ein „Nachgruss“ sozusagen. Die Neue Deutsche Welle gehört ja auch zu den 80ern: http://www.youtube.com/watch?v=nuNaUmWEV5w
ha – dann habe ich da auch einen für sie!
http://www.youtube.com/watch?v=xwBMrYJODmM