Das Leben, Joan zufolge

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Ich muss diesem Beitrag voranstellen, meine Damen und Herren, dass er völlig unkritisch werden wird. Denn Joan Collins ist fabelhaft. Am 23. Mai feiert diese famose Schauspielerin, Unternehmerin, Entertainerin und Bestseller-Autorin ihren 80. Geburtstag. Sie selbst drückt das so aus: «I was born in the second third of the 20th century.» Was man höchstens erraten würde, wenn man ganz nah rangehen, die Perücke entfernen und all das Make-up abwischen würde, aber wahrscheinlich selbst dann nicht. Denn Joanie hat schon in einer Zeit angefangen, sich zu konservieren, als die Schönheitschirurgie noch brachiale Methoden wie Backenzähneziehen anwendete und geliftete Gesichter aussahen wie im Windkanal festgefroren. Damals bereits hat Frau Collins stets die Sonne gemieden und sich eingecremt, um dann nach Jahrzehnten der B-Movies, Krankheitsvertretungen, Absagen, Fernsehgastauftritten, «The Stud» und «The Bitch» schliesslich 1981 die Rolle ihres Lebens zu übernehmen: Alexis Morell Carrington Colby Dexter Rowan aus der Seifenoper «Dynasty» (auf deutsch «Der Denver-Clan»), wo es um grosses Drama ging und um noch grössere Schulterpolster.

Ja, Joanie weiss, wie es ist, wenn man die Miete nicht bezahlen kann, und sie muss sich geschworen haben, nie wieder arm zu sein. Sie hat schneller als irgendwer sonst die Funktionsweise der kommerziellen Soap Opera als Einkommensmaschine kapiert. Sie hat pro Dynasty-Episode über 150’000 Franken kassiert, damals, vor einem Vierteljahrhundert; nicht, weil sie eine unersetzliche Schauspielerin war (das war sie offen gestanden nie), sondern weil sie hart und ausgebufft daherkam und notfalls bereit, von Zwergstaat-Rebellen erschossen zu werden oder mit einer explodierenden Bohrplattform in die Luft zu gehen oder wie immer sonst die Dynasty-Drehbücher Charaktere eliminierten, die zu teuer oder unpopulär wurden.

Frau Collins hingegen war teuer, aber populär. Sie erklomm mit 50 Jahren das Cover des «Playboy» (1983 eine Sensation), machte und macht Reklame für Alkoholika, Parfum, Hautcrème, Schokoladenriegel und Brillengestelle, schrieb und schreibt Bücher über Schönheitstricks und Wohlbefinden, von denen das Jüngste den Titel trägt: «The World According to Joan». Darüber hinaus hält Frau Collins immer noch den Vorschuss-Rekord für ein unveröffentlichtes Manuskript (1,3 Millionen Dollar, also mehr als die Dotierung des Literatur-Nobelpreises, im Jahre 1991 für die Erzählung «The Ruling Passion», die der Verlag Random House wegen mangelnder Qualität nicht druckte). Damit übertraf Joan sogar ihre Schwester Jackie, eine der reichsten lebenden Autorinnen. Joan und Jackie teilen eine Vorliebe für Leopardenmuster und streiten gerne darüber, wer die Ältere sei. Sie sind ein bisschen wie die Nachfolgerinnen der Garbor- und Vorläuferinnen der Hilton-Schwestern, bloss cleverer als Erstere und tüchtiger als Letztere.

Frau Collins ist, bekanntlich, Engländerin (und zwar im Rang einer Offizierin des Order of the British Empire) und eine treue Unterstützerin ihrer Königin, obschon ihr in Ascot mal der Zugang zur Royal Enclosure verweigert wurde, wegen unangemessener Garderobe. Sie ist ausserdem mehrfache Mutter und Grossmutter und seit 2002 in fünfter Ehe verheiratet. Wobei sie den vieldiskutierten Altersunterschied zu ihrem jüngsten (genauer: 32 Jahre jüngeren) Ehemann, dem Impresario Percy Gibson, wie folgt kommentierte: «Was solls. Wenn er stirbt, dann stirbt er.»

Joan Collins, meine Damen und Herren, hält eisern durch. Sie weiss, dass Selbstkonservation die erste Pflicht ihres Berufstands ist und Repräsentation zum Handwerk gehört. Tapfer verteidigte sie über 30 Jahre lang bei British Airways ihren Titel «Most Frequent Flyer of First Class», als eine der letzten lebenden Luggage Queens, die mit Bergen von monogrammierten Louis-Vuitton-Koffern zwischen ihren Wohnsitzen in London, New York und Südfrankreich pendelt – und auch sonst nicht ruht. Ende 2006 begann sie eine Tour durch Nordamerika mit dem Bühnenstück «Legends», mit Dynasty-Costar Linda Evans, was nicht so gut ausging, weil Linda bei den im Skript vorgesehenen Raufereien offenbar ein bisschen zu herzhaft zugriff. «Joan beendete die Tournee mit einem verstauchten Knie, einer Narbe an der Hand und beinahe zu Tode gewürgt», erklärte ein Sprecher von Frau Collins, während Joanies eigenes Statement lautete: «Linda tut mir leid … ich meine, ich habe Enkelkinder, sie hat – Pferde.» Anschliessend liess Frau Collins sich in den nächsten Leopardenprint einnähen, stülpte sich das nächste Kunsthaar über und machte weiter.

Gerade jetzt, im April, hat sie eine neue Tournee mit ihrer anekdotischen Personality Show «One Night With Joan Collins» angetreten, wieder eine Tour durch das keinesfalls sturmfreie britische Eiland, Auftakt in zentralenglischen Kaff Northampton, Derngate Theatre, die «Daily Mail» schreibt: «The 1300-seat venue was almost two-thirds full.» Ausserdem lesen wir über Frau Collins: «She forgets her lines more than is strictly comfortable.» Aber: «No one seems to mind. After all, we are in the presence of a legend.» Und wenn Legenden ein bisschen bröckeln, erhöht das nur ihren Nimbus; sie dürfen sich nur nicht völlig selbst demontieren. Das kann Joanie nicht passieren. Ihr Make-up wird von der tapferen Korrespondentin der «Daily Mail» als «orkansicher» beschrieben. Das braucht man auch, um einen Berg von Erinnerungen zu erklimmen. Im Jahre 2007 hätte Joan Collins gerne statt Susan Sarandon die Rolle der bösen Königin im Disney-Weihnachtsfilm «Enchanted» gespielt, denn: «Ich habe nicht Barbra Streisands Geld. Ich muss arbeiten.» Notfalls mit einem Leopardenprint über der Sauerstoffflasche. Dafür lieben wir Joan Collins. Happy Birthday!

Im Bild oben: Joan Collins wird am 23. Mai 80. Jahre alt. (AFP/Evan Agostini)

7 Kommentare zu «Das Leben, Joan zufolge»

  • feldmann irene sagt:

    collins make-up ist orkan-sicher??? ahahaaaaaaaaaaaaaaaaahahahhhhhhhhahhah, eine wahns-frau!!! happy birthday!!!!

  • Philipp Rittermann sagt:

    einverstanden. da es eine gratwanderung ist für ältere damen im showbiz; und jc ist selten damit aufgefallen, sich krampfhaft exponieren zu müssen um die präsenz zu manifestieren – das spricht in der tat für sie. ich denke, nur wer sich selber nicht zu ernst nimmt, den alterungsprozess akzeptiert, (wenn auch kaschiert) und mit humor agiert, kann längerfristig auf der bühne mithalten. die mehrheit scheitert und beispiele hierfür gibt es ja mehr als genug.

  • Walter Kuhn sagt:

    Der erwähnte Film „The Stud“, was eigentlich Hengst bedeutet, lief hier unter dem Titel „Die Stute“. Egal wie dumm übersetzt, man wusste, worum es ging, nämlich um ein „Chocolate Sandwich“.

  • Lord Henry sagt:

    Nicht zu vergessen ist auch ihr wundervoller Gastauftritt in einer „the persuaders“ („Die Zwei“) Folge, in der sie eine , den Männer eher wahllos zugeneigte, Fotografin spielt.

  • Marc Zimmer sagt:

    „Das Alter ist irrelevant, es sei denn du bist eine Flasche Wein“. Dieses Statement von Joan Collins fällt mir immer ein, wenn ich die Lady sehe. In diesem Sinne Happy Birthday Frau Collins!

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