Der Party-Werkzeugkasten

Sie stehen auf der Geburtstagsparty Ihrer Freundin Shoshanna und wissen nicht, wie Sie diesen irre langweiligen Typ namens Alfred wieder loswerden, der Ihnen ausführlich von seinen letzten Online-Welteroberungstriumphen berichtet? Keine Panik. Hilfe ist in Sicht. Hier ist Ihr Notfallset: Fünf Instrumente, die Sie für die Bewältigung gesellschaftlicher Verpflichtungen dringender brauchen als das Glas in Ihrer Hand:
- SCTs: Safe Conversation Topics
Die grosse Kunst des kleinen Gesprächs besteht darin, über etwas Leichtes, aber nichts Plattes zu reden. Tabu sind beim Small Talk: Politik, Religion, Einkommen, Körperfunktionen, Sex. Alle anderen Themen sind sicher – aber nicht unbedingt interessant. Falls Sie in Erinnerung bleiben wollen, eröffnen Sie Ihren Small Talk nicht mit dem Wetter oder Ihrer Beziehung zum Gastgeber, sondern zum Beispiel mit: «Wussten Sie, dass die Erde ständig einen Ton von sich gibt?»
- GRG: The Golden Rule of Gossip
Wir alle lieben Klatsch. Und daran ist auch gar nichts Schlechtes, sofern Sie sich bei der Weitergabe von Neuigkeiten immer an die Goldene Regel halten: Es ist OK, Sachen weiterzuerzählen – doch gib nie deine Quellen preis! Denn: Jedes Geheimnis wird stets mindestens einer Person weitererzählt.
- DTTH: Don’t Try Too Hard
Wie auf so vielen Feldern, so sollte auch in Fragen der Umgangsform niemals der Anschein der Bemühtheit erweckt werden; statt «Trying Too Hard» muss «Lächelnd Über Leichen» Ihre Attitüde werden. Das heisst: Wenn mal was schiefgegangen ist und Sie aus Versehen Ihr Weissweinglas mit Wasser auffüllen oder zu Gast bei Bert und Melissa zufällig deren Orgasmusyoga-DVD entdecken – dann halten Sie sich am besten an die Regeln, die der Buckingham Palace bei Protokollverstössen vorschreibt: ignorieren – ignorieren – ignorieren; sowie: lächeln – lächeln – lächeln. Wie eine Nonne mit Gehirnerschütterung.
- SEL: Standard Escape Line
Falls Sie auf einer Handtaschenausstellung von Ihrer sterbenslangweiligen Cousine Mandy aus Martigny okkupiert werden und sich zu entziehen versuchen mit «Ich geh mir mal eben was zu trinken holen» – dann haben Sie eine Standard Escape Line praktiziert. Problem: Mandy könnte erwidern: «Prima, bring mir was mit!» – und Sie sind sie immer noch nicht los. Da hilft nur Drastik: Entschuldigen Sie sich nach Empfang einer fiktiven Textnachricht mit dem Hinweis, dass Sie dringend telefonieren müssten, etwa nach folgendem Muster: «Verzeihung, ich sehe gerade, ich muss sofort die Notaufnahme in Barcelona anrufen. Die U-Bahn hat plötzlich gebremst, und mein Bruder ist mit seinem Finger im Ohr eines alten Mannes gelandet.»
- ST: Social Topping
Partygeflüster kann auch ein Krieg sein. Und der geht wie folgt. Loretta: «Ich gehe zum Preview von ‹Jurassic Park 3D›.» Dolores: «Ach wirklich? Da war ich schon in New York.» Dieses gegenseitige verbale Aufschaukeln wird als Social Topping bezeichnet. Sie können notorische Übertrumpfer stoppen, indem Sie Ihnen die beabsichtigte Botschaft einfach als Antwort servieren. So könnte Loretta erwidern: «Das wundert mich nicht. Du bist ja auch smart und weitgereist.» Und Dolores muss überlegen, ob das ernst gemeint ist.
Im Bild oben: Sprich mit meiner Hand: Greifen Sie in die Werkzeugkiste, um solch drastische Massnahmen zu vermeiden. (Flickr/wokka)
17 Kommentare zu «Der Party-Werkzeugkasten»
das glas in der hand ist wichtig, es hilft in fahrt zu kommen. und dann
1) selber den langweiler raushängen
2) lauthals die häppchen beim gastgeber kritisieren
3) jedes aufkommende „seriöse“ thema konsequent mit nichtssagenden phrasen boikottieren
4) die party teilnehmer analisieren und titulieren und zwar direkt, hemmungslos und anmassend
ah ja – ich habe pkt. 5 vergessen….gell, herr dr. tingler. 8)
5) randalieren – das ende jeder furchtbaren fete.
Lieber Herr Rittermann, ich finde alle vier Punkte ganz fabelhaft. Leider muss ich Ihnen jedoch aus Erfahrung sagen, daß man sich, völlig zu unrecht natürlich, durch ein solches Verhalten für die nächste Einladung disqualifiziert. Und das geht soweit, daß meine Frau schon gefragt wird, ob sie denn nicht ohne mich kommen möchte. Also ich meine ja, daß noch unerträglicher als schreckliche Leute…..schrecklich langweilige Leute sind……………Aber wenn Sie Dr. Tinglers Gebote bis zur Selbstverleumdung durchhalten, sind Sie zweifelsfrei ein gern gesehener Gast.
guten tag eure lordschaft. jaja, dessen bin ich mir vollauf bewusst. als ich noch auf parties ging, habe ich mir hauptsächlich anonyme ausgesucht um die aufzumischen; es käme mir nie in den sinn auf eine party zu gehen um mich beliebt zu machen, gar nie. und – mein verhalten zeitigte erfolg. ich werde höchst selten eingeladen; und wenn doch, mit dem unmissverständlichen auftrag des gastgebers sie zu crashen.
Cher Monsieur Rittermann
Mein Kollege Luis de Funès hatte, von seiner Natur her, schon einige Uebung als Partyschreck.
Bei mir geht das leider, schon vom Naturell her, nicht ohne den Seelentröster Alkohol,
und der sollte auf einer richtigen Party in rauhen Mengen vorhanden sein – sonst verabschiede ich mich – auf französisch…
Hihihi. Es gibt Partys, für die müsste man den Ritte… äh, den Herrn Rittermann mieten können! Obwohl, ich habe auch ganz gute Methoden, um mir die Leute vom Leib zu halten. Ich rede zum Beispiel so lange über schreckliche Krankheiten, bis mein Gegenüber sagt: „Ich gehe mir noch einen Drink holen!“ Den braucht man dann auch, um das Gesagte erst einmal zu verdauen. Was genauso gut ankommt: grundsätzlich die Gegenposition zur Meinung der Gesprächspartner einnehmen. Und dazu lächeln – lächeln – lächeln. 🙂
An die hochwohlgeborene Katharina I;
Also mit ausgefallenen Krankheiten – könnten wir uns treffen.
Und trinkfest bin ich auch – aber niemals auf dem Niveau von Rasputin.
Dafür kann ich sogar Lesen und Schreiben…
Rasputin? Kam der nicht lange nach Екатерина I? Ich muss mal schnell mein Geburtsdatum googeln, ist ja schon so lange her. Genau, den Rasputin hab ich nicht persönlich erlebt. Dafür mag ich Ihre Filme, Herr Tati! Doch ich würde Sie bezüglich Trinkfestigkeit enttäuschen. Nach vier Gläsern Schampus muss man mich in der Regel aus dem Saal tragen.
@ Katharina l, Gnädigste, Unterschichtenabkürzungen wie “ Schampus “ sind Ihrer nicht würdig……
Dochdochdoch! Sie darf Unterschicht! Weil sie erstens offensichtlich nicht zur Unterschicht gehört und zweitens die Unterschicht irgendwie mag. Steve Jobs hat ja schliesslich auch keinen Anzug gebraucht, um zu wissen, wer er ist, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und ich laufe auch nicht die ganze Zeit mit meiner Krone und dem Zepter herum. Prost! Schampusglasheb.
Sollten Sie bei einer Party auf eine der oben genannten Verhaltensweisen treffen oder sie gar anwenden müssen, empfiehlt sich die Suche nach anderer Gesellschaft bzw. einer besseren Party.
Hah! 😀
Ich kann nicht anders, ich muss mich Franka anschliessen: Ha!
„…dringender brauchen als das Glas in Ihrer Hand“.
Stimmt, zwei Gläser in den Händen funktioniert besser – und dazu schon einige Gläser intus.
Dann findet man sogar Belangloses relativ interessant, oder sogar die Leute auch, die es von sich geben. Oder man rettet sich – indem man auch „do loop forever“ redet. (Aehnliches heilt Aehnliches).
wer hat schon zeit für partys???? da baue ich mir lieber mit den WERKZEUGEN einen neuen tisch………..
das sind echte probleme, die hier gewälzt werden. vorallen dingen noch wenn man sie mit anglizistischen überschriften spickt – das macht das problem noch grösser. wenn mir jemand auf einer party ein ohr abzuknabbern versucht und sein geschwätz mich nicht interessiert habe ich als deutscher den unschalgbaren vorteil, das ich dann voll in die schweizer vorurteilskiste greifen kann, den arroganten dütschen raushole und den typ einfach stehen lasse. warum soll ich mich da gentlemanlike abseilen, wenn mir an dem typ eh nichts liegt ?
Sie haben’s noch nicht begriffen: Insbesondere in der Schweiz sieht man sich immer zweimal… mindestens…
Dessen ungeachtet ist es ja wohl ein Zeichen waaaaahhhhhnnnnsinnig schlechter Kinderstube ein solches Verhalten an den Tag zu legen.