Wer hat an der Uhr gedreht?

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So, heute mal was Kurzes, meine Damen und Herren: Ich blättere so gedankenverloren durch eine alte amerikanische Ausgabe von «Vanity Fair», nämlich die von Januar, und dann sehe ich diese doppelseitige Anzeige für eine Hautcrème, und ich blättere weiter, dann wieder zurück, weil ich denke: Diese Frau, die Frau erinnert mich an irgendwen, vage, aber an wen … Ich überlege und überlege, dann sehe ich: oben rechts in der Ecke des Bildes steht «Kate Winslet». Ich habe dies Reklamekonterfei für sie fotografiert. Ich nehme an, man hat vorsichtshalber «Kate Winslet» oben rechts in die Ecke geschrieben, denn Kate Winslet sieht nicht mehr aus wie Kate Winslet.

Ich kann Kate Winslet nicht leiden, aber darum geht’s hier eigentlich gar nicht. Hier geht’s vielmehr darum, dass wir mittlerweile in einem Zeitalter leben, wo die Leute nicht nur nicht mehr ihrem Alter ähnlich sehen, sondern inzwischen auch nicht mehr ihrem früheren Selbst. Wie auch immer es geschah: Kate Winslet sieht einfach nicht mehr aus wie Kate Winslet – oder das Phantom, was sich früher Kate Winslet nannte. Und ich rede hier nicht von digitaler Bildbearbeitung und sowas, ich rede von: einem völlig anderen Gesicht. Ungefähr so wie bei Liza Minnelli. Aber die ist 67. Kate Winslet ist 30 Jahre jünger.

Ich will jetzt hier gar keine Vorträge über den Kult um Schönheit und Jugend als ethnische Störung der Spätmoderne halten, das hebe ich mir für die Spitex-Delegiertenversammlung auf, und auch nicht über die spezifische Heuchelei von Frau Winslet, die glaube ich mal mit ein paar anderen Schauspielerinnen so eine Anti-Schönheitswahn-Bewegung ins Leben gerufen hat, örk! Nein, ich will nur die simple Frage aufwerfen: Ist es nicht besser, ein paar Alterserscheinungen in Kauf zu nehmen, und dafür wiedererkannt zu werden? Also auszusehen wie man selbst? Ist das nicht besser? Selbst wenn man Kate Winslet ist? Thanks for reading. Come again.

28 Kommentare zu «Wer hat an der Uhr gedreht?»

  • Philipp Rittermann sagt:

    gutes thema. mit würde zu altern heisst auch, die (verdienten) spuren der vergangenheit mit stolz zu tragen oder mindestens zu akzeptieren. gerade im shoz-biz ist es weit verbreitet, der „makellosen“ jugend bis ins alter zu frönen. das ego und der badezimmerspiegel lassen keine biologischen kompromisse zu. nebst all den negativen beispielen wie winslet, hawn, klum, etc. gilt es aber auch eine positive erscheinung aus dito gattung hervorzuheben – meryl streep.

    • Karl Knapp sagt:

      Na ja, wir können hier unbehelligt nur mit Namen unsere Meinung zu den persönlichen Ansichten des guten Doktors darlegen. Gerade beim heutigen Thema wäre ich gespannt, wenn jeder noch ein Föteli von sich dazu hochladen müsste. Und ja, ich zum Beispiel mag Madonna nicht, aber das interessiert wohl auch keine Sau.

    • Philipp Rittermann sagt:

      da kann ich dienlich sein, lieber herr knapp -> http://blog.tagesanzeiger.ch/outdoor/wp-content/uploads/2012/09/PHR.jpg

    • Lia sagt:

      sind Sie sicher, dass Frau Streep nicht geliftet ist? Sie wirkt schon gar straff. Judi Dench wäre da wohl ein löblicheres Beispiel. Übrigens ist der Trend in HW längst nicht bei den Damen stehen geblieben..

  • diva sagt:

    hallo herr doktor, ich hatte sie schon vermisst, die letzten tage… stimmt, was sie hier schreiben. besonders die retoucheure der firma l’oreal scheinen spass daran zu haben, gesichter bis zur unkenntlichkeit zu tode zu retouchieren… und wenn die betroffenen damen kein veto einlegen… nun ja, geld stinkt nicht. das ist wohl der grund…

  • tom sagt:

    Warum können Sie Kate Winslet nicht leiden, haben Sie sie persönlich kennengelernt?

  • Grace sagt:

    Ja, man würde gewissen Damen und Herren wünschen, dass sie mit etwas mehr Eleganz altern würden. Und die Spuren, die das Leben im Gesicht hinterlässt, mit so viel Gelassenheit wie z.B. Bruno Ganz oder Judi Dench tragen würden. Unverständlich ist mir, wieso manche Menschen meinen, ein Facelift würde sie jünger aussehen lassen. Die meisten sehen danach nur aus, wie nicht mehr junge Menschen, die sich das Gesicht geliftet haben. Wobei der Vorbehalt bleibt, dass ich selber natürlich nicht weiss, ob ich mir nicht später einmal ein Facelift zum Geburtstag wünschen werde. Hoffentlich nicht.

    • Lia sagt:

      ich bin nun 33 und werde mir alles wünschen, bloss kein Lifting – egal, welcher Körperteil betroffen ist. Irgendwo steht in der ewigen Jugendlichkeit doch die Angst vor dem Tod geschrieben, und den trickst man auch nicht aus, wenn man sich wieder Pausbacken und Babynäschen ins Gesicht operieren lässt. Ich bin stolz auf jede Falte, denn sie zeigt, wie und dass ich gelebt habe.

  • richard sagt:

    dann frage ich Sie Herr Tingler,warum verwenden sie eines dieser hippen Hipstamatic Bilder von sich? Weil man jünger und moderner als Wirklichkeit darauf aussieht? ein bisschen wie retuschiert…

    • Lia sagt:

      das sagt er ja eben: etwas retuschiert, ok, aber die Gesichtsstruktur verändern, so dass man mit dem Namen Kate Winslet wirbt, aber das Gesicht dazu nicht erkennt, ist was ganz anderes.

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