Das ist 40

Kürzlich habe ich im Flugzeug «This is 40» gesehen, diese neue Form der Coming-of-age-Komödie, die auf Deutsch den etwas unglücklichen Titel «Immer Ärger mit 40» trägt. Der Film ist nicht schlecht. Stets, wenn ich seinen Hauptdarsteller Paul Rudd, der zurzeit gut im Geschäft ist, irgendwo erblicke, muss ich an dieses Zitat von Joel McHale in «Community»denken: «To me, religion is like Paul Rudd. I see the appeal and I would not take it away from anybody, but I would not exactly stand in line for it.» Aber ich mag Paul Rudd, irgendwie. Wie jeder. Jeder mag Paul Rudd. Oder, wie es das «New York Magazine» unlängst so treffend ausdrückte: «Everybody doesn’t like someone, but nobody doesn’t like Paul Rudd. He could beat a puppy to death onscreen and you’d worry about the ill effects on him.» Und nun genug. Von Paul Rudd, meine ich. Der Punkt ist: Auch wenn wir alle immer länger Teenager bleiben (wollen) – ein paar Sachen sollte man langsam beherrschen, wenn man so ungefähr 40 ist. Hier kommen fünf davon:
- Small Talk
Small Talk ist nicht schwer. Die zeitlosen Small-Talk-Tabu-Themen sind: Politik, Religion, Einkommen, Körperfunktionen, Sex. Des weiteren sollten Sie offene Fragen stellen, also Fragen, aus denen sich eine Unterhaltung ergeben kann, keine Ja-oder-nein-Fragen. (Zum Beispiel: «Woher kennen Sie den Gastgeber?» Und nicht: «Sind Sie auch Linkshänderin?») Und vergessen Sie nicht, dass es hilfreich ist, sich an etwas festzuhalten, zum Beispiel an einem Glas. (Da kann ja ruhig auch nur Soda drin sein.) Mit etwas besseren Bekannten können Sie zur nächsten Stufe übergehen, dem Medium Talk.
- Zurückweisungen
Termine, die Sie nicht brauchen; Bekanntschaften, die Sie nicht wünschen – spätestens ab 40 sollten Sie mit Ihrer Zeit ökonomischer umgehen. «Vergeude Deine Jugend» ist ja als Maxime schön und gut – aber «Waste your midlife»? No, thanks. Halten Sie sich an Nancy Reagan: Just say no. (Daran, dass ich diesen Slogan noch im Kopf habe, sehen Sie, dass ich über 40 bin.) Sagen Sie Nein – aber vermeiden Sie detaillierte Begründungen. Sie könnten sonst jemanden verletzen.
- Sich selbst vergeben
Man muss seinen Frieden mit sich machen. Am besten jeden Abend. Seien Sie freundlich zu sich selbst. Damit werden Sie noch lange nicht zum überheblichen, eingebildeten Monster. Sondern nur zu jemandem, der morgens gern aufsteht.
- Grundregeln der Gesellschaft
Die drei wichtigsten wären:
I. Nicht alles ist, wie es scheint. Aber einiges schon.
II. Jedes Geheimnis wird mindestens einer Person weitererzählt.
III. Wenn Ihnen jemand irgendwas unter dem Siegel der Verschwiegenheit anvertraut, hat er dieses Siegel damit selbst durchbrochen. - Diskretion
Stellen Sie keine Fragen, wenn Sie mit den Antworten nicht umgehen können.
Im Bild oben: Schauspieler Paul Rudd in einer Szene von «Admission». (Keystone/Focus Features)
26 Kommentare zu «Das ist 40»
meine persönliche ü-40 liste:
1) ich sage jedem, was ich von ihm halte – unvorteilhaft, aber ehrlich.
2) ich mache privat keine konventionen mehr – vorteilhaft und ehrlich.
3) ich lasse mich nicht mehr für blöd verkaufen – unvorteilhaft, aber ehrlich.
4) ich äussere kritik, auch wenn man mir sagt, ich solle die fre**e halten – unvorteilhaft, aber ehrlich.
5) ich versuche, das leben gelassener zu nehmen – vorteilhaft, aber nicht immer umsetzbar.
Ich ich ich mein – ab 40 ist das Ich zugunsten des Gegenueber zurueckgetreten – alles andere ist unreif…
Punkt 5 gelingt Ihnen nur, wenn Sie die Punkte 1-4 weglassen
Mit der Gelassenheit ist es so ein Sache.
Manchmal kommt sie mit zunehmendem Alter automatisch – oder eben nicht (Luis de Funes).
Und das „Lieber Gott schenke mir mehr Gelassenheit – aber ein bisschen plötzlich, bitte“,
ist doch eher der Jugend (Sturm und Drang) – vorbehalten.
Und wie man in den Wald ruft – .kommt es …).
sie haben wohl beide recht; glücklicherweise hat intelligenz nichts mit vernunft zu tun. ich hebe einen auf sie.
Punkt 6: Als Mann sollte man in der Lage sein, im Umgang mit Frauen eine gewisse Gelassenheit an den Tag zu legen. Entweder man ist cool, oder man ist es halt eben nicht. Ab 40 sieht man die Frauen ganz anders, schliesslich ist Mann vielschichtiger, intensiver, erfahrener und reifer geworden.
Na ja, da gibt es irgendwie einen Widerspruch. Wenn Sie Ihre Zeit nicht verschwenden wollen (Punkt 2), dann sollten Sie aber auch Small Talk meiden (Punkt 1). Ab 40 darf man sich ohne weiteres auch mal ein tiefergehendes Gespräch zutrauen. Langweilt sich Ihr gegenüber, dann suchen Sie sich einfach intelligentere Gesellschaft. Ach, und Schauspieler beim Namen kennen – ist dass nicht irgenwie auch etwas für jüngere Leute?
Wahnsinn, über was ich mir in den letzten anderthalb Jahren alles Gedanken hätte machen sollen… und was hab ich gemacht, ich de**? Mich an meiner noch jungen Familie erfreut, an unser aller Gesundheit, unserem bescheidenen Wohlstand, unserer schönen Natur, etc. Erstaunlich, wie gut ich die Probleme mit meinem Alter ignorieren konnte… werde aber noch heute darüber nachdenken. Versprochen!
Mit 40 sollte man die Reife haben, solche zufällig-zusammengestellten Listen mit einem Schmunzeln zu begegnen und zu ignorieren.