Alltagsproust

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Ich bin zwar, zum Glück, nicht Marcel Proust – aber ich hätte trotzdem ein paar Fragen an Sie. Ja, genau, ich meine: Sie. Nehmen Sie sich drei Minuten Zeit und beantworten Sie, allein oder im Kreise lieber Menschen, den nachfolgenden Katalog von sorgfältig kalibrierten Erkundigungen, behutsam auf den modernen Menschen zugeschnitten nach dem entfernten Vorbild des sogenannten Proust-Fragebogens. Und schon erfahren Sie mehr über sich. Oder über einen Kreis lieber Menschen. Oder auch nicht. Aber dann haben Sie bloss drei Minuten verklickert. Pretty good deal.

  1. Sind Sie im gesellschaftlichen Umgang mit aufgesetzter Höflichkeit vollkommen zufrieden, solange dadurch alles reibungslos läuft?

  2. Was schmeichelt Ihnen mehr: Wenn jemand feststellt, dass Sie Humor haben, oder wenn jemand feststellt, dass Sie gut aussehen?

  3. Wenn Sie an der vollbesetzten Terrasse eines Ausflugslokals vorbeigehen und jemand lacht – beziehen Sie das dann automatisch auf sich?

  4. Finden Sie, dass Antipathien und Konfrontationen in erster Linie Energieverschwendungen sind oder schöpferische Dynamiken?

  5. Hat Sie jemals jemand als schwierig bezeichnet?

Im Bild oben: Der französische Schriftsteller Marcel Proust.

11 Kommentare zu «Alltagsproust»

  • Barbara Koller sagt:

    Lieber Herr Tingler,

    Konfrontationen koennen eine schoepferische Dynamik zur Verringerung oder gar Vermeidung von Antipathie bewirken. Antipathie (unnoetig) und Konfrontation (wichtig) sind deshalb nicht mit demselben Urteil belegbar. Wovon vor allem dringen abzuraten ist, ist Konfrontation rein aus Antipathie (ohne Sachgruende oder Zweck) – energieverschwenderischer geht es kaum.

    Mit unaufgesetzt hoeflichem Gruss,

    BK

    • Etno sagt:

      Anthipathie liebe Barbara K. ,hat nicht nur mit Negativität zu tun, sondern ist auch der erste Schritt zu unseren Denken; ich mache einen Abstand , um so zur Erkenntis zu kommen. In einer Konfrontation sind darum die anthipathischen Kräfte unlöslich miteinander verbunden, sonst käme es ja nicht zu einer Konfrontation.
      Dies hat schon der Herr Schiller beschrieben in seiner „ästhetischen Erziehung des Menschen“…

    • Bento sagt:

      Liebe/r Etno, heisst das Sie hegen Antipathien zu Menschen die Sie lieben? Wohl kaum. Aber Sie haben Konfrontationen mit Geliebten. Antipathie ist eine Form von Hass, sie ist bekanntlich destruktiv und negativ. Wir sind weder Sturm und Dränger noch Romantiker. Schiller mag ein grosser Schreiber gewesen sein, vergessen Sie aber nicht, dass er den Herzschmerz als Muse hatte. Ausserdem hat Frau Koller sowieso erwähnt, dass Antipathie und Konfrontation verbunden sein könnten. Antipathie bleibt und ist nur negativ, da können Sie Schiller noch und nöcher zitieren.

    • Etno sagt:

      Bento
      Sie sehen Antipathie zu oberflächlich ! Die Welt besteht bekanntlich nicht nur aus Gut und Böse. Wie schon gesagt, braucht es immer eine Grundsubstanz Antipathie um zu einer Erkenntnis zu kommen, auch wenn ich mein Gegenüber liebe.
      Schiller war übrigens auch Naturwissenschaftler …und ihm nur den „Herzschmerz“ unterschieben zu wollen , tut ihm zu kurz…

  • tststs sagt:

    Wer Proust lieber etwas einfacher hat:
    http://en.wikipedia.org/wiki/Proust_Questionnaire

    Und wer’s lieber ganz trivial will, orientiert sich an:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Ungeschminkt

    Nicht minder aufschlussreich…

  • Marc sagt:

    Ah, Punkt 4. Dieser Punkt ist äusserst heikel und hat mich den ganzen Tag beschäftigt. Konfrontationen erfordern viel Übung. Die meisten Leute sind sich Probleme nicht gewohnt, und ihre Antwort auf Konfrontation ist der Revolver oder das Gift. Von „wähle die Waffe“ kann keine Rede sein, meistens entsteht ein asymmetrischer Konflikt von der Dauer eines Vietnamkriegs. Zusammenfassend würde ich also sagen, Konfrontationen sind das schlechtest mögliche Mittel zur Konfliktbewältigung, obwohl sie rein theoretisch gleichzeitig das beste Mittel sind.

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