Alles neu macht der Herbst

Adieu tristesse! Fünf Mittelchen gegen die saisonale Melancholie.

Meditation beginnt im Kopf. Foto: Pixabay (Pexels)

Der Herbst ist im Anzug, meine Damen und Herren, ach was, er ist schon da, volle Kanne, und irgendwie gilt der Herbst ja als Metapher des Rückzugs und Abdorrens, als Saison der Heissgetränke und gedeckten Farben … wo man eingeschmiegt in eine mittelbeigefarbene nepalesische Pashminadecke vor dem flackernden Kaminfeuer so leicht melancholischen Gedankenexperimenten nachhängt wie: Wäre es nicht schön, wenn … Karl Lagerfeld einen Bruder namens Dieter hätte, Dieter Lagerfeldt, der in Schleswig-Holstein als Tankwart arbeitete?

Das muss nicht sein. Das mit der Melancholie, meine ich: Die herbstliche Jahreszeit kann genausogut als Zeit des frischen Neuanfangens und dynamischen Umdenkens durchgehen. Dafür hier ein paar Beispiele:

  1. Neubewertung

    Amy Schumer ist gar nicht so schlecht. Schauen Sie mal «I Feel Pretty».

  2. Neuanfang

    Donatella Versace verscherbelt ihren Laden. Für angeblich zwei Milliarden. An Michael Dings.

  3. Neue Idee

    Furore erregte unlängst eine Maschine der in Hongkong basierten Fluggesellschaft Cathay Pacific. Auf der Maschine stand: «Cathay Paciic». Offenbar ein Lackierungsfehler. Der wurde dann «mit viel Selbstironie zum viralen Klick-Hit», schrieben die Zeitungen. Als Beispiel dafür, «wie man souverän einen Fehler eingestehen kann». Darauf dass es sich eventuell auch um einen besonders kessen Marketing-Trick handeln könnte, kam offenbar niemand.

  4. Neue Informationen

    Diesen Monat nutzte die US-amerikanische Katastrophenschutzbehörde den sogenannten Waffle House Index, um die Ernsthaftigkeit der Lage nach Hurrikan Florence zu eruieren. Waffle House ist eine Schnellrestaurantkette, deren Niederlassungen dafür bekannt sind, dass sie auch bei härteren Lagen offen bleiben. Die Federal Emergency Management Agency fasst nun in einem Index zusammen, welche Waffle-House-Filialen offen, geschlossen oder im Angebot reduziert sind, um einzuschätzen, wie dramatisch die Situation in einem bestimmten Gebiet nach einer Naturkatastrophe ist.

  5. Neues Ich

    Eine regelmässige Meditationspraxis kann aufgrund der Anpassungsfähigkeit und Wandelbarkeit des Gehirns, also aufgrund dessen, was man Neuroplastizität nennt, die Eigenart von Synapsen, Nervenzellen oder auch ganzen Hirnarealen nachhaltig verändern. In Richtung einer achtsameren, gelasseneren Persönlichkeit. Ausserdem soll Meditation die Chromosomenenden verlängern. Das verlangsamt die Alterung. Aber auch Achtsamkeit und Gelassenheit kann man übertreiben. Um den britischen Philosophen Theodore Zeldin zu zitieren: Meditation kennt keinen Humor.

2 Kommentare zu «Alles neu macht der Herbst»

  • Rolf Rothacher sagt:

    Das mit «Cathay Paciic» war selbstverständlich ein Marketing-Gag. Dass die Medien so taten, als wäre es ein Versehen, stimmte mich traurig. Fake News, ob lustig oder erschütternd, sind längst wichtiger geworden als Realitätssinn oder gar Skepsis. Selbst für gefakte Stories verkaufen Journalisten heute ihre Seele, um zu den „ersten“ zu gehören. Grässlich.
    Waffle House-Index finde ich dagegen wirklich stark. Und mutig von den US-Behörden. Einmal mehr ein Zeichen, wie überaus agil, offen und vorurteilsfrei die Amerikaner tatsächlich sind. (keine Ironie).
    Meditation verändert unsere Denkweise. Was soll daran positiv sein? Die Leute nehmen sich selbst wichtiger, überhöhen ihr Ich gegen andere. Man sollte sich besser mit der Welt als mit seinem eigenen Innersten beschäftigen.

  • Hanspeter Fischer sagt:

    Hr. Dr. Tingler ist noch im aktiven Lebensabschnitt.
    Wenn man selber im Herbst des Lebens ist wird Melancholie zu einem
    Begleiter, der öfter mal einem über die Schulter lugt.
    Aber das stört nicht. Ich bin ein Wanderer auf dem Weg zu den Toten, die mir
    bald näher scheinen den die Lebenden.

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