Plüschtiere sind keine Lösung

Sondern Teil des Problems.

Darauf hat kein Mensch gewartet: Das Plüschtier als Einkaufsprämie. Montage: Kelly Eggimann

Was hat Konsum mit Kultur zu tun, meine Damen und Herren? Naheliegend wäre die Hypothese, dass der Kulturstand eines Landstrichs in dessen Konsumsitten zum Ausdruck käme. Das heisst: Der Konsum ist wertgebunden. Die entwickelte Konsumgesellschaft ist sowohl auf der Angebots- wie der Nachfrageseite an Normen ausgerichtet, sie orientiert sich an einem Konsens über Werte. Nun scheint das aber nicht ganz so einfach oder eindeutig zu sein. Was soll es beispielsweise mit wertgebundenem Konsum zu tun haben, wenn Unternehmen wie Banken oder Krankenversicherungen mehr oder weniger aufwendig gemachte Kundenmagazine produzieren und ungefragt verschicken? Kein Mensch liest die. Eine Ressourcenvergeudung sondergleichen, die von den Kunden zu bezahlen ist, ohne dass die Kunden jemals gefragt worden wären. Oder was hat es mit wertgebundenem Konsum zu tun, wenn ein Grossverteiler wie die Migros grossäugige Plastikplüschtiere als Einkaufsprämie verteilt, die sinnlos den Planeten belasten, als ob es noch nicht genug Zeug gäbe, das kein Mensch braucht?

All diese Phänomene sollte es gar nicht geben. Es handelt sich um Erscheinungen, von denen man füglich hatte erwarten können, sie würden im Zuge der fortschreitenden Wertgebundenheit des Konsums und überhaupt des allgemeinen Gesittungsfortschritts der Menschheit verschwinden.

«Kommen Sie gern auf uns zu»

Apropos Fortschritt: Ich habe Ihnen noch gar nicht berichtet von den Fortschritten mit Blick auf das Meilenchaos bei «Miles & More», dem Vielfliegerbonusprogramm des Lufthansa-Konzerns, zu dem auch Austrian Airlines und Swiss gehören. Auch so eine Wertefrage. Wertgebundenes Handeln manifestiert sich in der Konsumgesellschaft schliesslich nicht nur in der Qualität der angebotenen Güter und Dienstleistungen, sondern vor allem auch im Service drumherum. Bisweilen gibt es Stichtage für den Niveauverlust, das hatte ich an dieser Stelle vor ein paar Wochen festgestellt, und eine solche Wegmarke finden wir hinsichtlich des Kulturverfalls in der zivilen Luftfahrt rückblickend am 1. Mai dieses Jahres. Da wurde «Miles & More» nach 25 Jahren als System von Distanzen und Beförderungsklassen auf Ticketpreise umgestellt. Seitdem werden die Meilen nicht mehr richtig gutgeschrieben. Und nicht nur bei mir.

Zwischenzeitlich hat sich die Werbeagentur bei mir gemeldet, die «Miles & More» vertritt. Man schrieb mir: Die zuständige Abteilung hätte mein Meilenkonto geprüft und festgestellt, dass alle Gutschriften korrekt vergeben worden seien. Dennoch möchte man mir eine nochmalige Überprüfung anbieten: «Kommen Sie gern auf uns zu.»

Das tat ich. Und zwar zunächst mit der schlichten Frage: Wenn alles korrekt gelaufen ist, wieso hat mich dann «Miles & More» schon vor Monaten per Mail um Verständnis für den nicht reibungslosen Ablauf meiner Prämienmeilengutschriften gebeten? Das sei immerhin genau jene Art von widersprüchlicher Kommunikation, jene Mischung aus Hinhalten und Abwimmeln, die ich in dieser Kolumne als «Fake Service» bezeichnet habe. Das Gegenteil von Wertorientierung, Transparenz, Konsistenz. Und selbstverständlich ändert diese Art von Pseudobetreuung, die sich in Phrasen erschöpft, nichts an tatsächlichen Ungereimtheiten und Seltsamkeiten, die einem kein Mensch erklären kann. Und wissen Sie, was die Werbeagentur hierauf geantwortet hat? Das, was niemanden überrascht. Nämlich: Gar nichts. Dazu kann ich nur sagen: Kommen Sie gerne auf mich zu.

10 Kommentare zu «Plüschtiere sind keine Lösung»

  • werner boss sagt:

    Für einmal zu 100% einig mit Tingler, das glaube ich ja nicht! Allerdings; das mit den Meilen Hm- weniger fliegen würde auch weniger Ärger bedeuten und wäre besser für das Klima angesichts der unserer sterbender Wälder und schmelzenden Gletscher!

  • Michael Bauer sagt:

    Gut gemachte Plüschtiere sind was schönes und imho um einiges pflegeleichter, ressourcenschonender und herziger als richtige Kinder.

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