Spurwechsel

Eine neue Frisur ist ein guter Weg, um sich den Wert der Freiheit bewusst zu machen: Ben Stiller in «Zoolander». Foto: PD
Das neue Jahr ist eine Woche alt, meine Damen und Herren, und wirkt zunächst wie das alte: Es gibt immer noch gute und böse Bienen. Und vielleicht Ausserirdische, die den Asteroiden ’Oumuamua geschickt haben. Donald Trump will auf den Mars, und neben dieser fürchterlichen Ronaldo-Büste auf dem Flughafen von Madeira existiert jetzt ebenfalls noch eine fürchterliche Maradona-Statue in Kolkata. Und Österreich hat die Ehe für alle beschlossen. Was die Schweiz als einziges Land in Westeuropa übrig lässt, in dem Homosexuelle per Gesetz diskriminiert werden. Alles bekannt. Alles wie gehabt. Falls Sie das Jahr jedoch mit der einen oder anderen kleinen Veränderung beginnen möchten, hier eine Anleitung:
Ein grundlegender Wechsel des Bewusstseinsrahmens ist nicht leicht, wird aber gefördert, indem Sie zunächst versuchen, kleinere Abneigungen abzustellen, zum Beispiel gegen Drahtbügel oder Massive Attack oder dagegen, dass jemand die Milch im Karton auf den Tisch stellt. Bei der Neuaufsetzung Ihrer sozialen Interaktion im neuen Jahr hilft vielleicht dieser Hinweis aus «Erwachsenensprache», dem neuen Buch des Philosophen Robert Pfaller: «Das Schweigen ist eine entscheidende Tugend für die Zivilisiertheit.» Pfaller schreibt weiter: «Um uns zivilisiert zu verhalten, müssen wir oft (...) so tun, als hätten wir bestimmte Laute nicht gehört, manche Dinge nicht gesehen oder gewisse Aromen nicht gerochen.» Natürlich werden manche Dinge standardmässig ignoriert, zum Beispiel Sicherheitshinweise im Flugzeug, Urheberrechte, Beipackzettel, Rot bei der Fussgängerampel, der Tod. Wie wäre es also, hier stattdessen mal hinzuschauen, und dafür andere Sachen zu ignorieren, die bloss unerfreulich, aber harmlos sind, zum Beispiel der Kulturverlust, der darin liegt, dass Melinda Abonji immer noch Bücher schreibt. Oder Crocs an wirklich gutaussehenden Personen. Apropos Crocs: Bleiben Sie auch im neuen Jahr wachsam für Anzeichen dafür, dass Sie die Kontrolle über Ihr Leben verloren haben. Zum Beispiel Wasserabzieher für die Dusche. Ändern Sie mal die Frisur. Auch das kann einem den Wert der Freiheit bewusst machen: In Nordkorea sind für Männer nur 10 verschiedene Haarschnitte erlaubt.
8 Kommentare zu «Spurwechsel»
zu Nr.5:
für Frauen nur 2, entweder kurz und Pony oder lang und Rosschwanz.
( es gibt also viel zu tun, nach der Wende dort )
So viele verschiedene Damenfrisuren sehe ich auf meinem täglichen Weg zur Arbeit in Zürich the little big City auch nicht. Wobei wir ja die Freiheit hätten, zu entscheiden…..
Herr Tingler, ich habe mir kurz überlegt zu schweigen, aber dann wollte ich das doch nicht. Und die Zivilisiertheit halten ja nicht alle Menschen für erstrebenswert. So seltsam das auch klingen mag. Und ist in der Schweiz wirklich eine Mehrheit gegen die Ehe für alle? Apropos: Die Ehe ist ja auch etwas Seltsames. Eine Art Verwandtschaftsvertrag. Ein bisschen wie eine gegenseitige Adoption. Alle scheinen danach zu streben. Und doch will man sich mit der Scheidung eine Tür offen lassen: Wenn mir mein neuer (Seelen-)Verwandter nicht mehr passt, muss ich ihn so leicht wie möglich wieder loswerden können. Erst verspricht man sich alles, später will man sich im schlimmsten Fall töten. Warum wollen zivilisierte Menschen überhaupt heiraten? Da fällt mir ein: Ich muss mir endlich neue Crocs kaufen!
Gut gebrüllt, Herr Tingler! Gemessen an der Diskriminierung der Homosexuellen in der Schweiz finde ich es sehr eigenartig, dass so viele Afrikaner plötzlich schwul werden, wenn sie einen Asylantrag einreichen, mit der Begründung, sie würden wegen Homosexualität in ihrer Heimat verfolgt. Dass die Reise in die Schweiz durch weitaus homosexuellenfeindlichere Länder ging, als es die angeblichen Heimatländer sind, wird geflissentlich ignoriert.
Jetzt sind die schon Ausländer, arm und schwarz und wollen auch noch schwul sein. Das ist schwer verständlich, wenn Mann Eineimisch, weiss und reich oder wenigstens „premium mediocre“, dazu gehören aus globaler Sicht auch Schweizer Sozialhilfeempfänger.
Schweigen.
Herr Tingler wird uns sicherlich auch im 2018 erklären, was gut und böse bei den Bienen bedeuten und dabei wie stets nicht fabulieren, vielleicht im Anschluss an Robert Pfaller, der zugegebenermassem recht handsome ist. Mein Anreiz, den Blog von Herrn Tingler zu lesen, ist die Tatsache (oder der mentale Vorgang, yadayada), dass ich den roten Faden der Parzen, deren Gesang Goethe in der Iphigenie so wundervoll dichtete, den Brahms ebenso wundervoll vertonte, beim genannten Dr. phil. I nicht gefunden habe. Böse Zungen würden behaupten, das sei verhüllende Ironie. Seis drum: Das ist vielmehr wahres Amusement. Nur Überraschungen reizen zu denken. So zumindest beim Lesen.
PS: Bekommt der Ginger-Prinz Harry wirklich eine Glatze.? Ich kann es in der Zeitschrift GALA nicht richtig erkennen.
Zu #1 : Man braucht eine Gattin mit einem cineastischen Fundus, wenn man diese, gerade aus der Reinigung kommend und die Anziehsachen im Schlafzimmer verstauend, anbrüllt :“ No wire hangers ever“