Nicht in der Öffentlichkeit

Was man draussen darf. Neuerdings und schon immer.

Was sich liebt, das … : Zärtlichkeiten und Streitigkeiten sollten privat bleiben. (Foto: Getty Images)

Nicht nur im Sommer, meine Damen und Herren, wenn man öfter vor der Tür ist, stellt sich die Frage: Was sollte man eigentlich nicht in der Öffentlichkeit tun? Was gehört sich, was gehört sich nicht? Grundsätzlich geht es bei Manieren ja darum, die Zumutungen für seine Mitgeschöpfe auf ein Minimum zu reduzieren. Also wird es nie manierlich sein, beispielsweise in öffentlichen Verkehrsmitteln Thrash Metal (oder das Oberland Sextett) ohne Kopfhörer zu konsumieren oder geruchsintensive, fettig-tropfende Speisen zu verzehren. Ansonsten ändert sich auch die Etikette für den öffentlichen Raum: Früher etwa durfte man in der Öffentlichkeit zwar keine Knie, aber Bescheidenheit und Freundlichkeit zeigen. Verboten waren dafür unter anderem: Vulgarität, Ehrgeiz, Sentimentalität. Heute hat sich Manches ein wenig geändert. Werfen wir einen genaueren Blick auf die wichtigsten Punkte:

  1. Körperpflege

    Nach dem letzten Stand der Dinge ist es für Damen zulässig, ihr Make-up in öffentlichen Verkehrsmitteln zu erledigen. Das Haarekämmen oder gar Nägelschneiden bleibt selbstverständlich für jedwedes Geschlecht verboten.

  2. Zärtlichkeiten

    Traditionell wird über den öffentlichen Austausch von Zärtlichkeiten (fachsprachlich: Public Display of Affection, kurz: PDA) die Nase gerümpft. Aber es gibt wesentlich Schlimmeres als ein bisschen Händchenhalten. Vor allem das Gegenteil: Paare, die ihre Beziehungsprobleme in der Öffentlichkeit austragen (fachsprachlich: Public Display of Meanness, kurz: PDM). Das war höchstens bei den Taylor-Burtons glamourös. Und auch da nicht immer.

  3. Konsum von Rauschmitteln

    Bleibt in der Öffentlichkeit verpönt. Bloss der Katalog von Rauschmitteln ändert sich. In Beverly Hills wird inzwischen die Zigarette dazu gerechnet, in Zürich nicht. NB: (Stark) angetrunkenes Auftreten in der Öffentlichkeit war ebenfalls höchstens bei den Taylor-Burtons glamourös. Und auch da nicht immer.

  4. Missionierung in jeder Form

    Es bleibt bei dem Grundsatz, den das englische Gesellschaftsmagazin «Tatler» dazu formulierte: Gott sollte nur im Privaten diskutiert werden.

  5. Entblösste Knie

    Sind nicht mehr tabu. Bloss für Herren in Ausübung ihres Berufs, sofern sie keine Paketboten sind. Und für Damen ungefähr ab dem Alter von Brigitte Macron.

23 Kommentare zu «Nicht in der Öffentlichkeit»

  • Thomas Moser sagt:

    Dieser Artikel nimmt sich wohl selbst nicht gar so ernst, sonst hätte er nicht so viele Lücken offen gelassen resepktive Aussagen gleich wieder relativiert und abgeschwächt. Manieren in der Oeffetnlichkeit finde ich sehr sehr wichtig, nur leider werden sie immer schlechter. Dass man im ÖV und in Restaurants nicht herumknutscht ist eine Selbstverständlichkeit, wie eben auch das Nägelschneiden zu unterlassen ist. Das Haupproblem ist jedoch, dass sich die Menschen nicht nur nicht daran halten, sondern, dass es auch keine Autorität mehr zu geben scheint, welche die guten Manieren durchsetzt, sondern im Gegenteil, wer sich öffentlich beschwert, sofort eins auf die symbolische Nase gehauenbekommt, so dass sich eben niemand mehr getraut zu reklamieren und so die Manieren immer mehr zerfallen.

    • Anh Toàn sagt:

      „dass es auch keine Autorität mehr zu geben scheint, welche die guten Manieren durchsetzt, “

      Sie vermissen die Sittenpolizei?

  • P. Gerber sagt:

    Sonntag, früher Morgen nach einem durchwachsenenen Abend in Zürich könnte man schon auf so Bloggideen kommen.

  • Jacques sagt:

    Aber früher, – durfte Josephine Baker bereits ihren Bananentanz aufführen (die Idee wurde später von Woody Allen etwas eigensinnig kopiert, Bananas). Oder im Moulin-Rouge wurde auch etwas Knie gezeigt. Aber das geht eben unter künstlerisch wertvoll, gar bis zur Hochkultur (Jacques Offenbach). Und die Knie der Tänzerinnen wirkten immer sehr gepflegt. Etwa im Ggensatz, zu denjenigen vom Ludi Sämi (Übername). Darauf ist die Historik seiner vorherigen Aufenhalte immer abgebildet.

  • Sabina Tschudi sagt:

    Was soll diese Prüderei? Ok, ich bin älter, ich habe grad am Rande der Kindheit die 68er erlebt. Aber müssen wir wirklich so weit in die Vergangenheit zurück, da wo wir hübsch, keusch, anständig, wohlsituiert, nichts und niemanden störend und mit Blümchenblick dasitzen, und mit verschränkten Beinen und Armen höflich Distanz wahren zum wirklichen Leben? Was soll dieser Retro – Kult ins Viktorianische eigentlich bewirken oder uns nahe bringen?

  • Lia sagt:

    Jeder soll seine Knie überall und so lange zeigen, wie er/sie Bock drauf hat. Wieso bitte soll eien 80jährige kein Knie mehr zeigen dürfen???

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