Crap-News schlagen Fake-News
So, meine Damen und Herren. Kris Jenner im Bikini. Die Fotos haben ja offensichtlich das Internet gesprengt. Nicht etwa Kim Jong-un oder Barcelona. Nein, Kris Jenner im Bikini. Kris Jenner im Bikini ist eine Pseudosensation, und wenn irgendwas den zeitgenössischen Medienkonsum vor allem anderen auszeichnet, dann die Hinwendung zu Pseudosensationen. Hier handelt es sich nicht etwa um «Fake-News», sondern, um einen treffenden Ausdruck der stets treffenden Selina Meyer aus «Veep» zu benutzen: um «Kardashian Crap News», kurz: «Crap-News».
Während Fake-News das schlechthin Falsche, die Lüge, sind, sind Crap-News das schlechthin Unerhebliche, Belanglose, die Ablenkung. Und über diesen Ablenkungscharakter sind sie mit Fake-News verbunden: Fake-News stehen für die Verunsicherung der Gesellschaft, ihre Krisenstimmung und die Verrohung ihrer Diskurskultur; Crap-News für den Eskapismus, die Flucht aus einer verunsicherten und verrohten Welt zu Inseln der Unterkomplexität, wo einem Kris Jenner im Bikini begegnet.
Ich möchte hier nachdrücklich die These vertreten, dass Crap-News noch weitaus populärer sind als Fake-News. Denn was eignet sich besser zur Ablenkung von einem möglichen Atominferno als ein kleiner Twitterkrieg zwischen Rob Kardashian und Blac Chyna? (Nein, das ist kein Land.) Ich für meinen Teil bin jedenfalls froh und dankbar, dass mir diese Kolumne Gelegenheit gab, guten Gewissens Kris Jenners Bikini-Selfie zu betrachten. Amazing. Die Frau ist über 60. Allerdings könnten alle möglichen Filter im Spiel sein. Damit wären wir dann wieder bei Fake-News.
2 Kommentare zu «Crap-News schlagen Fake-News»
Vor allem Online Zeitungen bestehen zu etwa 25% aus Crap News. Also Meldungen und Berichte über Personen, die in ihrem Leben noch nie etwas wichtiges geleistet haben, zu 25% aus Silikon und Botox bestehen und im maximum 5% ihrer Körperoberfläche mit Textilien bedecken. Zu den Crap News zähle ich auch die jährlich wiederkehrenden Meldungen zu Schlangen mit zwei Köpfen, Kälbern mit sechs Beinen und dem Inder der seit sechs Jahren nichts gegessen hat. Ist halt einfacher als eine Story zu recherchieren und sich selber Gedanken über das Weltgeschehen zu machen. Um Gratiszeitungen mache ich schon einen grossen Bogen, sie sind schon voll Müll bevor sie in den Müll wandern.
Die Publikation von Crap ist selbst das Ereignis, nicht mehr das, was geschehen und von durchdringender Nichtigkeit und Irrationalität ist. Die Publikation, die früher einer Selektion durch die Redaktion folgte, weicht heute mehr und mehr der Selektion durch den Konsumenten selbst. Etwa in Facebook oder in einer Zeitung, die online geschaltet ist: Wisch, wisch, wisch – ah, da ist was! Das so geweckte Interesse gilt des Öfteren dem Crap. In einem ersten Schritt könnte man einen Teil davon noch als Unterhaltung oder Softeis gelten lassen. In einem zweiten Schritt muss man sich fragen, was die publizierenden Subjekte nebst dem monetären Profit antreibt: Meinungsbildung? Kaum. Massenablenkung? Schon eher. In einem dritten Schritt lugen Fundamentalisierungen um die Ecke, um bald zuzuschlagen.