Sapiosexuell?

Wie doof ist das denn?
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Brüste interessieren den sapiosexuellen Mann nicht. Montage: Nathalie Blaser

Wissen Sie, was das Neueste auf dem Markt der Beziehungsanbahnungen ist, meine Damen und Herren? Nun, wenn Sie nach der «New York Times» gehen: Sapiosexuals. Was ist das? Nun, «Sapiosexualität» soll eine sexuelle Orientierung bezeichnen, die eine erotische Attraktivität zuallererst aus der Intelligenz des Gegenübers ableitet. Statt beispielsweise aus dessen körperlichem Erscheinungsbild. Die Dating-App Okcupid hat «sapiosexuell» bereits 2014 auf die Auswahlliste ihrer sexuellen Orientierungen und Identitäten gesetzt.

Dazu kann man einige Fragen stellen, zum Beispiel: Ist dies eine Gegenbewegung zur ausufernden Körperlichkeit der Spätmoderne? Geht es hier darum, den strikt normierten Körper endlich weniger wichtig zu nehmen, zugunsten von Intelligenz? Und wie wäre diese Intelligenz zu verstehen? Als kognitive oder emotionale oder soziale Intelligenz?

Ich habe aber ne ganz andere Frage dazu, nämlich: Gehts noch prätentiöser?

Mir persönlich scheint der Begriff «Sapiosexualität» viel eher als Beispiel für einen anderen blühenden Markt als jenen der Partnersuche zu fungieren, nämlich den Markt der Begrifflichkeiten. Oder, anders ausgedrückt: Hier müssen sich wieder mal ein paar Millennials ganz besonders besonders vorkommen. Oder, noch mal anders ausgedrückt: Wie doof ist das denn, bitte?

Nun, wie doof das ist, lässt sich an einer oft getätigten Äusserung selbstdeklarierter Sapiosexueller erahnen, nämlich: «Aussehen ist vergänglich, Wissen bleibt.»

Eugh! Schön wärs. Auch Wissen ist vergänglich. Zum Beispiel weiss ich nicht mehr, wo ich meinen Ehering hingelegt habe. Und was das Aussehen angeht: Ja, Schönheit ist vergänglich. Aber das kann dauern.

17 Kommentare zu «Sapiosexuell?»

  • Jacques sagt:

    Ehering suchen? Ich würde im Kühlschrank nachschauen. Da liegt er ev. unter dem Portemonnaie. Jedenfalls fand ich einmal mein Portemonnaie im Kühlschrank wieder. Warum? Wissen ist vergänglich, jedenfalls nach einer langen Nacht.

  • Michel Sautert sagt:

    Der Autor ist offenbar nicht Sapiosexuell. Das ist natürlicherweise ein Hinderniss. Doch wärend meine Kollegen auf Brüste und Hintern starrten, an die sie eh nie ran kamen, faszinierten mich schon immer die Mauerblümchen. Man muss mit ihnen nicht herumkurven und Essen gehen um Spass zu haben. Man beginnt mit dem Gespräch beim aktuellen Buch, redet über die verschiedenen Querbezüge und den dadurch verbundenen weitern Büchern und durchwandert an einem Abend den ganzen Themencluster und geniesst es, so einen wunderbaren Menschen getroffen haben. Da die Sapios eher weniger aufreizend gekleidet sind, sie aber eine detailliert ausgearbeitete erotische Fantasie haben, fallen bei einem der nächsten Treffen die Hüllen vom gehüteten Juwel das stets Hemmungsloser wird – das ist Erfüllung pur.

    • Doris sagt:

      Besser kann man das nicht beschreiben, Herr Sautert. Die stillen Wasser waren immer schon tief, und es ist wunderbar, was sich da so 200 m unter der Wasseroberfläche alles tut. l

  • Mensa sagt:

    Gibts schon, sapiosexuell. Werden Sie Mitglied von einem Hochbegabtenclub wie „Mensa“, und Sie werden sehen, wie wohl man sich unter seinesgleichen fühlen kann.

  • Mike sagt:

    Wissen ist vor allem nach meiner Auffassung nicht notwendigerweise ein Anzeichen von Intelligenz, aber die Diskussion über den Begriff sparen wir uns wohl besser gleich zum Vornherein…

  • Meinrad sagt:

    Die Konstruktion des Begriffs irritiert. Im Lateinischen gibt es «sapiens» für «weise» (Adjektiv) oder den «Weisen» (Substantiv). Dann gibt es «sapio» als Ich-Form für «Geschmack haben» (des Geniessenden) oder auch (aber erst in übertragener Bedeutung) für «Weisheit besitzen». Eigentlich müsste es «sapientsexuell» bzw. «sapientsexual» heissen. Die Verwendung des Wortteils «sapio-» mit der Endung «-o» rührt wahrscheinlich von «homo-» oder «hetero-». Erstaunlich, wenn jemand die Intelligenz eines/r Anderen sexuell attraktiv findet und sich dann als «sapiosexuell» bezeichnet, will heissen, dass die sexuelle Präferenz im Grunde genommen vom angeblichen eigenen Besitz der Weisheit herrührt. «Sapio aliquid» kann übrigens auch noch «ich rieche nach etwas» bedeuten.

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