Es riecht hier so nach Poison, bist du das?

Zur Produkthaftung.
Blog Mag

Wohlgeruch oder Gestank? Das ist die Frage. Montage: Nathalie Blaser

Je entwickelter die Konsumgesellschaft, desto detaillierter die Vorschriften zur Produkthaftung, meine Damen und Herren. Mit gewissen Verstiegenheiten, die dann zu popkulturellen Anekdoten oder urbanen Mythen werden wie die Geschichte von dem Hund in der Mikrowelle.

Andere Fragen werden privat geregelt: Giorgio Beverly Hills, zum Beispiel. Dies war der Name einer legendären Luxuswarenhandlung am Rodeo Drive in Beverly Hills – und so heisst seit 1981 auch das dazugehörige Duftwasser, das recht, sagen wir, intensiv riecht, weshalb es der Überlieferung nach von einigen Restaurants auf die schwarze Liste gesetzt wurde: Wer «GBH» trug, bekam keinen Platz. Auch eine Form von Produkthaftung.

«GBH» war übrigens der Anfang einer ganzen Parade von Duftbomben in den ohnehin bombigen Achtzigern; es folgten weitere sogenannte Super Scents: Ungaros Diva (1983), zum Beispiel, und Chanels Coco (1984) und, natürlich (oder auch nicht): Diors Poison (1985), dem Vernehmen nach auf die schwarze Liste gesetzt von Maxim’s in Paris.

Düfte als mutmassliche Attraktivitätskrücke

Diese private Form der Sanktionierung zeigt uns nebenbei auch einen interessanten kulturgeschichtlichen Zusammenhang: Wie Produkte auf Umgangsformen einwirken. Eine Art von Duftetikette entstand; die überreichliche Benutzung schwerer Düfte wurde als unangemessen und vulgär empfunden, der Duftschatten als aufdringlich und belästigend.

Wir sind alle Narzissten geworden. Das sagt jedenfalls die Theorie: Im Ich-Kult der Spätmoderne verwandelt sich der Mensch in ein Produkt der postindustriellen Massenkultur. Und im Dienste des Self-Design umstellt er seine Existenz mit Hilfskonstruktionen aus den Welten des Konsums, um möglichst attraktiv zu wirken. Eine solche mutmassliche Attraktivitätskrücke sind Düfte.

Die Auswahl an Duftwässern ist heute so gross wie nie; es muss nicht mehr blumig, zuckersüss und tonnenschwer sein. Auch nicht für die Belästigung: Unlängst sass ich beim Frühstück im Mandarin Oriental Hotel in New York City, und mir blieben fast die Eggs Benedict im Halse stecken, weil die Dame am Nebentisch so überwältigend mit einem dieser spätmodernen synthetischen Unisex-Mischmaschdüfte parfümiert war. Auch Düfte können die Privatsphäre verletzen. Also: lieber einen oder zwei Spritzer weniger. Danke.

7 Kommentare zu «Es riecht hier so nach Poison, bist du das?»

  • thomas covenant sagt:

    vor langer zeit hat eine büroangestellte ein parfüm so intensiv benutzt, dass es mir jedesmal schlecht wurde wenn sie an meinem pult vorbei ging.
    es gab ein paar parfüms, die namen sind mir entfallen, welche einen ähnlichen stoff verwendete und meine freundin hatte ein solches parfüm. ich musste ihr verbieten es zu benutzen, wenn wir auto fuhren, da es mir jedesmal übel wurde.
    eigentlich sollten parfüms die anderen anziehen. doch viele frauen kaufen sich das parfüm selber, das ihnen passt. das ist grundfalsch. ein experiment in bern hat seinerzeit gezeigt, dass solche parfüms bei männern genau das gegenteil erreichen: sie machen einen grossen bogen darum herum

  • Peter sagt:

    Cherry blossom… Alptraum, mir ist beim Gedanken dran noch übel. Musste im Büro Veto einlegen.

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