Alles wird anders

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Das neue Jahr steht direktemang vor der Tür, meine Damen und Herren. Traditionellerweise fasst man ein paar gute Vorsätze. Doch Psychologen warnen davor, sich mit zu vielen und zu hoch gesteckten Zielen zu überfordern. Oftmals haben gute Vorsätze nach Ansicht dieser Fachleute gar keinen Bezug zur Realität. Sie seien von unerreichbaren Wünschen geprägt: nicht immer dieselben Debatten mit seiner besseren Hälfte zu führen, zum Beispiel, oder die Spanischstunden wieder aufzunehmen, oder die Klavierstunden, oder sich als Tankwart für den Flying Doctors Service in Zimbabwe zu engagieren. Oder ein bisschen netter zu seinen Mitmenschen zu sein. Obschon dies allen menschlichen Instinkten zuwider läuft. Deshalb im Folgenden, bevor Sie die grossen Würfe ansteuern, liebes Publikum, erstmal ein paar simple und realistischere gute Vorsätze: Im neuen Jahr könnte man versuchen, …

  1. ... nicht mehr alle Leute sofort nach ihrem Aussehen zu beurteilen.

  2. ... nicht immer sofort zu fragen, wie alt irgendeine Person ist.

  3. ... weniger sinnlosen Besitz anzuhäufen.

  4. ... weniger oft nachzusehen, ob man alles dabei hat.

  5. ... mehr Gelassenheit zu praktizieren.

Das sollte zu schaffen sein. Und falls Sie es nicht immer durchhalten, bedenken Sie: Man muss sich auch selbst verzeihen können. Das ist überhaupt sehr wichtig, viel wichtiger als dieser Terror der Selbstperfektionierung. Und wenn es Sie beruhigt, listen Sie doch, so ganz für sich, auch noch jene Vorsätze auf, die vielleicht gut und haltbar sind, zu deren Befolgung Sie aber schlicht keine Lust haben. Bei mir wären dies zum Beispiel:

1. zu lernen, wie man tankt

2. auf Langstrecken Economy zu fliegen

3. weniger Telefon-Screening zu betreiben

Soweit dazu. Jetzt kann 2013 anfangen! Und wenn auch vielleicht nicht alles im Lauf des endenden Jahres sich so gestaltet hat, wie man es kurzsichtig und unweise erwünscht hat, so zeigt uns doch gerade der Wechsel von Glück und Heimsuchung, dass Gott unsere Geschicke nach tiefen Absichten lenkt. Wir verstehen sie bloss nicht immer, die Absichten. Aber wenn der allzuständige mittelalte Mann da oben noch nicht entmutigt alles hingeschmissen hat, dann werden wir mit Seiner Hilfe schon durchkommen. Und es wird der Lahme klettern wie ein Hirsch, und die Zunge des Stummen wird jubeln. Das jedenfalls las ich in so einem Heftchen, das die Zeugen Jehovas in meinen Briefkasten gesteckt haben. In diesem Sinne: Happy New Year!

Im Bild oben: 2013 kann kommen! Glücksbringende Schornsteinfeger fürs Neujahr. (Quelle: AFP / Martin Gerten)

2 Kommentare zu «Alles wird anders»

  • Lovasimedve sagt:

    Machen Sie es sich nicht etwas zu einfach? Nur Mut: mit den Aufgaben wächst die Leber, wie von Hirschhausen treffend sagt.
    Es darf ruhig etwas mehr als die genannten Oberflächlichkeiten sein. Etwas mehr Leistung bringt auch mehr Befriedigung. Leider ging dieses Wissen verloren oder wurde durch Konsum ersetzt.

  • diva sagt:

    auf ihren beitrag, herr tingler, habe ich regelrecht gewartet und ich hoffe fürs neue jahr, dass sie weiterhin diesen blog schreiben (themen gibt es ja nun wirklich immer genug) und sie mich so immer wieder mal zum lachen bringen. ihnen und ihrem besten ehemann von allen ein herzliches «happy new year».

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