Anständig einkaufen

Jetzt auch bei uns!

Striktes Körperkontaktverbot: Auch wenns beim Ausverkauf heiss hergeht, gilt es den Anstand zu wahren. (Montage: Nathalie Blaser )

Black Friday jetzt auch bei uns, meine Damen und Herren. Wer jemals zu Black Friday in den USA gewesen ist, weiss, dass dieser Einkaufstag hier noch nicht annähernd so sensationell daherkommt wie in Amerika … aber es nähert sich an. Dann kommt Cyber Monday. Und dann die Weihnachtseinkaufssaison. Und dann der Post-Christmas-Sale. Da stellt sich der zivilisierte spätmoderne Konsument ein paar Fragen zur Etikette.

Denn auch wenn es hergeht wie bei American Gladiators, ist der Ausverkauf keine benimmfreie Zone; es handelt sich sogar, ähnliche wie die Flugzeugkabine, um ein Faux-pas-Hochrisikogebiet. Die wichtigsten Regeln: Das Körperkontaktverbot in der Öffentlichkeit gilt auch hier. Sie sollten niemals reissen, zerren, drängeln. Es gehört sich des Weiteren nicht, das letzte reduzierte Set Ralph-Lauren-Bettwäsche unter einem Stapel Handtücher zu verstecken, weil man vielleicht später wiederkommen und es kaufen will. Feilschen ist hingegen, gerade bei grösseren Einzelstücken wie Möbeln, möglich und nicht unmanierlich. Ansonsten: Lernen Sie loszulassen. Im wörtlichen Sinne, wenn jemand am anderen Ende der runtergesetzten Zagliani-Handtasche zieht. Denken Sie daran, wie viele Taschen Sie schon besitzen. Und: Der Preisnachlass sollte nie Ihre Hauptmotivation für den Kauf sein.

Kulanz bei Migros-Manieren

Ein andere Frage ist, inwieweit man eigentlich die Ware prüfen darf. Neulich sah ich beim Einkaufen in der Migros, wie eine Dame bei den Duschgels ein paar Tuben öffnete und deren Inhalt beschnupperte. Das ist zulässig. Die Ware darf ausprobiert werden, sofern sie dadurch nicht unverkäuflich oder entwertet wird. (Falls die Tuben also nicht eingeschweisst sind, zum Beispiel.) Aber ist es auch manierlich?

Ich kann nichts Schlimmes daran finden. Aber ich bin ja auch der Meinung, dass man im Supermarkt eine Flasche Wasser, die man kaufen will, schon vor der Kasse trinken kann, wenn man anschliessend die leere Flasche aufs Band legt zwecks Bezahlung. Streng genommen ist das Diebstahl, denn zum Eigentumserwerb kommt es erst nach dem Passieren der Kasse. Vernünftigerweise wird hier Kulanz geübt. Ein schönes Beispiel dafür, wie sich der Umgang miteinander daran ausrichten sollte, sich das Leben zu erleichtern.

5 Kommentare zu «Anständig einkaufen»

  • Peter sagt:

    OR Art 185 Abs. 2: Bei Gattungsware geht Nutzen und Gefahr dann auf den neuen Eigentümer über, wenn sie ausgeschieden ist. Das heisst, ich darf die Flasche Wasser bereits trinken, sobald ich sie aus dem Regal genommen habe.

    • Meinrad sagt:

      Die juristische Frage ist, ob der Kaufvertrag schon geschlossen ist, wenn Sie die Flasche aus dem Regal nehmen.

      • Meinrad sagt:

        Der Kaufvertrag wird angesichts der Ware auf dem Band zwischen dem Kunden und der Kassierin als Hilfsperson des Ladens (zumeist stillschweigend) geschlossen. Erst wenn dann der Kunde die Ware ergreift und diese in seiner alleinigen „Gewalt“ ist, hat er das Eigentum erworben.

  • Henry sagt:

    Und ich bin der Meinung, daß es nachgerade ein offensichtliches Attribut des gesellschaftlichen Niederganges ist, die Leute coram publico, oft noch laufenderweise, essen und trinken zu sehen. Kann denn keiner mehr abwarten, bis er zu Hause ist, oder in einem dafür vorgesehenen Café oder Restaurant ? Wissen diese, mittlerweile überwiegend das Straßenbild füllende Menschen, welches Bild sie abgeben ? Alles egal, keine Konvention zählt mehr, denn jeder ist ja, Gott sei’s gedankt, ach so authentisch. Nur noch dumpf konsumierende Deppen, kaum in der Lage, einen Satz mit den erforderlichen Präpositionen oder gar Artikeln in einigermaßen erträglicher deutscher Sprache hervorzubringen.Und trotzdem ein „Einser-Abitur“. Schöne neue Welt, ohne Umwege auf dem Weg zurück zur Höhle. Frohes Fest!

    • Vierauge sagt:

      ja, es ist wirklich tragisch, dass heute die Konventionen anders sind als „früher“ (wann auch immer das war).
      Interessant ist aber, dass Sie nach Ihrem flammenden Votum für korrekte Sätze nur noch unkorrekte Sätze schreiben; selbst das Stück mit diesem flammenden Votum ist kein vollständiger Satz. Was wollten Sie uns genau sagen?

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