Die Kunst des Namedropping
Das allgemeine Konversationsniveau fällt, meine Damen und Herren. Woran liegt das? Nun, nicht zuletzt daran, dass in unseren hipster-ironischen, spätmodernen Zeiten weder Geburt noch Beruf noch Bildung noch Besitz automatisch irgendwelchen Status bedeuten. Damit wurde die Konversation zum wichtigsten Statusvehikel und das Namedropping zum Statusanzeiger Nummer eins. Dabei ist experimentell nachgewiesen, dass Namedropping vom Gegenüber nicht selten als unangenehm empfunden wird. Und zwar, weil die meisten Leute es sehr schlecht machen. Es folgen fünf Hinweise zur Schulung Ihrer konversationellen Kompetenz:
Grundregel: Hemmungsloses Namedropping wird zu Recht als soziales Tourettesyndrom verstanden. Streuen Sie also nicht unkontrolliert irgendwelche mehr oder weniger bekannten Namen aus Ihrem Bekanntenkreis ins Gespräch, sondern nur, wenn diese in Verbindung mit einer leidlich unterhaltsamen Anekdote stehen, die irgendwie (und sei es noch so vage) zum Thema passt. Ganz schlechte Form ist das Namedropping auf Vornamenbasis («Pippa» oder «Kanye»). Sie riskieren zudem, nicht verstanden zu werden – oder blossgestellt, falls Ihr Gegenüber die betreffende Person besser kennt als Sie. Sonderform I: Place-Dropping. Place-Dropping geht längst über das Erwähnen von statusbesetzten Feriendestinationen hinaus und bezieht sich auch auf Hotels, Clubs, Anlässe o.ä. Achtung: Geläufigkeit mit den wichtigsten Metropolen der Welt wird als gegeben vorausgesetzt, sodass Place-Dropping eher über exotische Ziele funktioniert: «Wann immer ich in St. Andrews bin, besuche ich diese kleine Austernbar …» St. Andrews bringt uns zur Sonderform II: Institution-Dropping. Eine solche Institution kann die Schule Ihrer Kinder sein, zum Beispiel, oder Ihre Alma Mater. Die Erwähnung von prestigeträchtigen Institutionen lässt sich natürlich mit anderen Renommiertechniken verbinden, wie in dem Beispielsatz: «Und wissen Sie, wer mich auf Punta del Este gebracht hat? Mark Zuckerberg, damals in Harvard!» Nicht unerwähnt bleiben sollte schliesslich: Brand-Dropping. Zu Recht als tiefste Form betrachtet. Sollte vermieden werden. Sagen Sie also nicht: «meine Rolex», sondern einfach: «meine Uhr». Danke.
11 Kommentare zu «Die Kunst des Namedropping»
Etwas Unattraktiveres als eine zigarrerauchende Frau kann ich mir kaum vorstellen (und zigarrerauchende Männer sind sowieso hoffnungslose Fälle). Das Bild ist ja geradezu ekelerregend.
Easy Eduardo – gegenwärtig gibts eh mehr von der Sorte, die Kale-Smoothies schlürfen und Chia-Guetsli hypen, nachdem sie Quinoa zum Znacht runterwürgten.
Es gibt also auch für Sie Hoffnung… 😉
Es sieht nicht nur billig aus, es sind auch ebendiese Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts (siehe Abbildung), die glauben, Männer damit anzutörnen. Wobei das bei deren männlichem Äquivalent (gerne mit La Martina-Shirt und Hublot Big Bang) meist wunderbar funktioniert … Es kommt also zusammen, was zusammen gehört.
Na ja, die Zigarre als Geruchswaffe eingesetzt und die Nervensäge/l‘ emmerdeur sucht sich ein anderes Opfer aus. Irgendwie muss man sich zu wehren wissen. 🙂
Eine Variante könnte man noch anfügen: das Profession-Dropping (oder Job-Dropping, je nach Situation). Da benutzt man nicht den Bekanntheitsgrad seiner Freunde, aber man kann sich mit dem gesellschaftlichen Status ihres Berufes selbst erheblich aufwerten. Zitat “ Mein Freund Peter war auch da mit seiner Frau. Er ist Arzt. Seine Frau ist Violinistin. Sie spielte neulich im KKL“.
Noch besser: „Er ist Chirurg.“ oder „Sie ist Juristin.“
Gab ja mal den Witz (tendenziell eher VOR dem Swissairdebakel) „Wie merkt man, dass ein Pilot an der Party ist?“
Antwort: „Gibt nichts zu merken, er wird’s lauthals erzählen“.
Und bitte nicht den Beruf beim Namen nennen. Also nicht „Kopf der menschlichen Quellen“, sondern „Head of human ressources“. Und nicht „Abwart“, sondern „Facility Manager“. Das klingt doch gleich viel besser. Isn’t it?
Stand da letzte Woche etwas ueber das Schweigen? Wie waere es einfach mal mit der Annahme, dass das Gegenueber ebenso geliebt werden will wie wir selbst? Darum geht es doch, um Naehe und Distanz. Dieses Abgrenzungsgehabe sollten wir uns fuer die Maschinen auf die Seite tun, nicht fuer Menschen. Ist 2016, oder?
Der heutige Beitrag richtet sich in erster Linie an Roger Schawinski, oder?
In unserer geschlossenen Gesellschaft sind diese Ratschläge bedeutungslos. Es spricht doch kaum jemand mit fremden die man nicht kennt. Vielleicht sollten wir erst unsere Minderwertigkeitskomplexe ablegen.