Ist Trump konservativ?

Leise, bedächtig, ironisch? Nein, mitnichten: Trump ist laut, verärgert und antagonistisch – und auch seine Fans sind bisweilen ziemlich bunt. Foto: Aaron Josefczyk (Reuters)
Ich möchte es vor dem Hintergrund des Nominierungsparteitages der Republikanischen Partei in Cleveland ganz deutlich sagen, meine Damen und Herren, und ich habe es immer gesagt: besser Trump als Cruz. Ich bin kein Anhänger von Donald Trump. Aber was bei all der gern dünkelhaften Kritik an ihm in Europa (und anderswo) oft untergeht, ist: seine erfrischende Weltlichkeit. (Die bornierte Überheblichkeit im Umgang mit Trump fand sich übrigens zuletzt bei Ronald Reagan, und der hat uns unter anderem vom Kalten Krieg befreit, wenn ich das hier mal in Erinnerung rufen darf.) Herr Trump ist ganz dem Diesseits zugewandt, er beruft sich nicht auf eine höhere Macht, und diese aufgeklärte Qualität ist eine hochgradig begrüssenswerte Eigenschaft bei jemandem, der sich politisch engagieren möchte. Gerade in unseren Zeiten.
Eine andere Qualität Trumps ist seine ideologische Fluidität. Es ist hinreichend oft festgestellt worden, dass er sich aufgrund seiner Positionen eigentlich nicht ins herkömmliche Spektrum der US-amerikanischen Politik einordnen lässt. Ich kann Ihnen sagen, was Trump nicht ist: konservativ. Er mag einzelne konservative Standpunkte vertreten, aber er ist keine konservative Persönlichkeit, jedenfalls nicht im angelsächsischen Sinne. Der auf Edmund Burke zurückgehende konservative Geist im angelsächsischen Sinn ist leise, bedächtig, auch ironisch: Er versucht, das Gute zu bewahren, und weiss doch, dass dem Fortschritt die Zukunft gehört.
Trump ist durchaus nicht leise und bedächtig, sondern verärgert und antagonistisch, das Gewinnen ist sein Narrativ. Damit tritt Trump im Grunde gegen das klassische Erbe der Republikanischen Partei an. Deshalb hat Barack Obama (als er bei Jimmy Fallon zu Gast war) darauf hingewiesen, dass er den Schaden an der politischen Kultur bedaure, den Trumps Kandidatur für das Parteiensystem der USA bedeute.
Was Barack Obama über den Zustand der Republikanischen Partei sagt. Quelle: Youtube
Jenseits dieser philosophischen Ebene lassen sich ganz konkrete Politikfelder ausmachen, auf denen Trump alles andere als konservativ agiert: Der angelsächsische Konservative (und es sei hier darauf hingewiesen, dass dieser durchaus nicht identisch ist mit dem kontinentaleuropäischen Konservativen) ist beispielsweise prinzipiell für eine sehr eingeschränkte Rolle des Staates in Verbindung mit grösstmöglicher ökonomischer Freiheit. Trump hingegen ist Protektionist, er ist erklärtermassen nicht für den freien Handel oder die ungehinderte Mobilität von Personen, Gütern, Dienstleitungen.
Darüber hinaus teilt Trump auch nicht den klassischen republikanischen Ansatz amerikanischer Aussenpolitik: die Überzeugung, dass die USA, wenn sie sich umsichtig und geplant international einbringen, den Fortschritt der Menschheit zur Freiheit voranbringen. Das war zum Beispiel der Konservatismus Ronald Reagans. Trump verficht in internationalen Angelegenheiten einen Rückzug Amerikas auf die ausschliessliche Position des mutmasslichen ökonomischen Vorteils. Das ist das Bedenklichste an ihm, wenn Sie mich fragen. Und deshalb bin ich (mal wieder) einer Meinung mit der von mir sehr geschätzten Essayistin Fran Lebowitz, die (ebenfalls bei Jimmy Fallon) erklärte: «Ich finde Hillary nicht gerade umwerfend, aber wir alle müssen sie jetzt lieben, denn sie steht zwischen Donald Trump und dem Weissen Haus.»
Warum wir laut Fran Lebowitz Hillary Clinton lieben müssen. Quelle: Youtube
20 Kommentare zu «Ist Trump konservativ?»
Ich bin auch keine Historikerin, aber seit den 80er Jahren eine interessierte Zeitungsleserin. Mir ist nicht ganz klar, worin Reagans Beitrag zu Freiheit und Demokratie bestehen soll. Meines Wissens hat er u.a. autoritäre Folter-Regimes in Mittelamerika unterstützt, solange diese ihm dienlich waren. Über den Diktator Somoza soll er gesagt haben: „He may be a son of a bitch, but he’s our son of a bitch.“ Dieses Zitat würde wohl auch zu Trump passen.
Es kommt noch dazu, daß Reagan ihm Nahen Osten eine sehr schwächliche Rolle gespielt hat. Erinnert man sich noch an seine kurzzeitige Invasion im Libanon und wie wenige später gegen 2oo Marinesoldaten in die Luft gesprengt wurden und die Amerikaner wie geprügelte Hunde abzogen. Er hat damit im ganzen Nahen Osten gezeigt, daß die USA nur stark sind wegen Israel. Dieses Bild wurde erst 1991 durch den alten Bush gegen Saddam korrigiert. Auch Reagan geheimes Techtelmechtel mit dem Iran, hat Chomeini und seinen Leuten gezeigt, die USA sind ein Papiertiger. Und wieviel ist sein Verdienst am Zusammenbruch der UdSSr.
Ich würde sagen nur 5 %, Johannes Paul hat mehr dazu beigetragen, der waffenlose Vatikan!
Hillary lieben um Donald zu verhindern– das tönt ja wie sich freiwillig mit Pest anstecken um der Cholera zu entgehen…
Es ist nicht relevant, wer Präsident wird, weil die Politik nicht vom Präsidenten gemacht wird. Auch nicht von seinem Kabinett, nicht von seiner Partei, ja nicht einmal von ihren Vertretern im Senat und Repräsentantenhaus. Nein, auch seine Wähler sind es nicht, wie auch der weiteaus grösste Teil des Volkes nicht. Gemacht wir die Politk von jenen, welche schon bei der Gründung der Republik die Macht innehatten und seither nie aus den Fingern gaben: Die Oligarchenfamilien aus Wirtschaft und Hochfianz, sowie die höchste Kaste im Verwaltungsapparat. Also die Rüstungsindustrie zusammen mit den Militärs, die Wallstreet zusammen mit dem FED, das Silicon Valley zusammen mit der NSA, etc. Daran wird sich nichts ändern, egal welcher Kandidat ins Weisse Haus einzieht.
Nicht zu vergessen die sehr mächtige Gerichtsbarkeit in den USA. „The deep American tradition of law moreover enables the courts to insert themselves into either policy making or routine administration in a manner that has few parallels in other developed democracies“ (Francis Fukuyama, Political Order and Political Decay, New York 2015, S. 35).
Den Gründervätern der USA steckte der Schreck der Französischen Revolution noch in den Knochen, als sie die Verfassung ihrer demokratische Republik entwarfen. Also sahen sie zahlreiche Sicherungen vor, welche einen Umsturz durch das Volk verhindern sollten: Das System mit den Wahlmännern, welche schlimmstenfalls nicht Wort zu halten brauchten, falls Revolutionäre die Mehrheit erlangen könnten. Das gegenseitige Vetorecht zwischen Repräsentantenhaus und Senat, wobei der Senat nur zu jeweils einem Drittel erneuert wird. Das Vetorecht des Präsidenten und schliesslich die mächtigen Gerichte. Sie alle dienen vordergründig dazu, die Demokratie zu schützen, hintergründig aber, die Macht der Elite zu erhalten. Dass dieses Ziel auch ohne derartige Tricks erreicht werden kann, beweist die Schweiz.
Sie haben wahrscheinlich wie ich das Buch von Lundberg gelesen *Die Reichen und die Superreichen“. Vieles ist dort richtig, aber anderes wird überschätzt.
Natürlich kann ein Kongreß, in vielem einen Präsidenten lahmlegen und die Reichen haben nun einen privilegierten Zugang zum Kongreß. Aber wie steht es um das Ansehen des Kongresses? Mies bis ganz mies, was ja auch der Grund war das Trump Kandidat wurde. Für die republikanische Geldaristokratie ein Populist und dies bedeutet für diese Leute keine Verläßlichkeit. Reagan war der letzte konservative Republikaner zusätzlich mit mehr rassistischem als religiösen Einschlag. Cruz ist sturer Republikaner, aber mit religiöser Inbrunst. Nun sind die Geld-Republikaner bei einem autoritären Populisten gelandet, ist dies profitabel?
Nein, ich habe das Buch nicht gelesen, aber der Sachverhalt ist ja nicht neu. Er betrifft sämtliche Staaten und sämtliche Staatsformen. Die Französische Revolution hatte die Elite rund um den Erdball aufgeschreckt. Also gründete die USA (und später die Schweiz nach amerikanischem Vorbild) eine demokratische Republik, mit dem Hintergedanken, die Macht der Elite zu wahren, indem die Französischen Ideale ausgerufen werden und dem Volk via politische Prozesse eine gewisse Mitsprache eingeräumt wird. Natürlich fein-säuberlich austariert, damit kein Umsturz möglich ist. Da Politik auf Geschäften und Gegengeschäften basiert, bleibt unter dem Strich die Machtverteilung stets erhalten. So hält bis heute dieselbe Elite die Fäden in der Hand, wie damals bei der Gründung der Republik.
Ich hatte den Text. Aber dieses Bild. Jetzt muss ich nachdenken, ist schon Rosenmontag?
Alle finden Trump schrecklich, zumindest in den Medien und Hillary ist ja sooo super. Wo sind eigentlich ihre politischen Ideen? Bei Trump muss man sich nicht vom harschen Auftreten täuschen lassen und dann sieht man, dass Trump wirklich daran interessiert zu sein scheint, die USA von innen heraus wieder aufbauen zu wollen. Ich mag Trump und halte ihn weder für einen Rassisten (Mauerbau, Mexikaner usw.) noch für einen Zerstörer oder sonst was. Blocher ist auch nicht immer über alle Zweifel erhaben und nicht immer super höflich, aber er erkannte, dass die CH in der EU untergehen würde. Viele Leute denken zu wenig, sind zu oberflächlich und lassen sich zu sehr von ihren Gefühlen leiten; so regiert man kein Land!