Der amerikanische Traum

Es sind Präsidentschaftswahlen in den USA, meine Damen und Herren, vielleicht die wichtigsten seit Franklin Roosevelt, und ein zentrales Thema im Wahlkampf und in der amerikanischen Gesellschaft ist Rassismus – nicht nur der mutmassliche in den Äusserungen Donald Trumps, sondern auch der unzweifelhafte, historische in Gestalt der systematischen Unterdrückung und Benachteiligung der schwarzen Bevölkerung – und das Weiterleben dieser Diskriminierung.
Und hier nun hat Ta-Nehisi Coates, ein Journalist aus Baltimore, bereits im letzten Jahr ein gleichermassen kämpferisches wie poetisches Buch vorgelegt, das seit Frühjahr dieses Jahres auch in deutscher Übersetzung verfügbar ist: «Zwischen mir und der Welt» heisst der schmale Band (im amerikanischen Original: «Between the World and Me»; man beachte die interessante Drehung). Mit diesem Büchlein, in den USA ein Bestseller, leistete Coates einen Beitrag zur Debatte, der ihn für viele zur Stimme des schwarzen Amerika überhaupt werden liess; Ta-Nehisi Coates ist eine Berühmtheit geworden, jüngst auch als Schöpfer der ersten schwarzen Superheldenserie der Marvel-Comics, die gerade ihre fulminante Premiere feierte.
Das Buch hat die Form eines Briefes, den Coates an seinen 15-jährigen Sohn Samori schreibt und in dem es darum geht, was es bedeutet, in Amerika als schwarzer Mensch aufzuwachsen, in einem schwarzen Körper zu leben. Neben dem intellektuellen und politischen Werdegang von Coates geht es gerade auch immer wieder um schwarze Körperlichkeit – und ihre Zeichen.
Gestörtes Idyll
Coates kommt zu interessanten Deutungen, wenn er beispielsweise die Versatzstücke der schwarzen Pop- und insbesondere Hip-Hop-Kultur als Insignien der Angst liest, weil eben zwischen dem schwarzen Körper und der Welt etwas liegt, eine Barriere, die Coates den «Traum» des weissen Amerika nennt: ein Idyll mit Segelbooten, Debütantinnenpartys und Ivy-League-Universitäten. Der schwarze Körper störe diesen Traum, so Coates, weil seine Anwesenheit an das historische Verbrechen der Sklaverei erinnere.
Coates schreibt diesen offenen Brief, den man auch als eine Art inneren Monolog lesen kann, in einem berührenden, aber nie sentimentalen Stil, oft in einer Art melancholischer Wut, die aber nicht blind ist für Differenzen und Ambivalenzen, auch innerhalb der schwarzen Bevölkerung. Diese ganz eigene Tonalität, eine Mischung aus Pathos und Deutlichkeit, kennzeichnet auch einen Essay von Coates, welcher der deutschen Übersetzung von «Between the World and Me» angefügt ist. Coates plädiert darinnen für die Leistung von Reparationen an die aktuell in den USA lebenden Schwarzen als Entschädigung für die in der Sklaverei und der Phase der Rassentrennung bis in die Sechzigerjahre erlittenen systematischen Benachteiligungen und Deklassierungen. Wer die amerikanische Gesellschaft besser verstehen will, sollte Coates lesen.
Bild oben: Ausschnitt aus dem Cover des N.W.A.-Debütalbums «Straight Outta Compton» (1988).
3 Kommentare zu «Der amerikanische Traum»
Wie lange noch? Die Afroamerikaner sollten eher die Differenz zahlen, die zwischen den Leistungen der Amerikaner und der Afrikaner in Afrika selber liegt. Ausserdem : wer US-Filme aus den 40ern sieht, bemerkt, dass dann noch die Europaeische Musiktradition eine Rolle gespielt hatte. Unterdessen wurde diese quasi ausgerottet.
All Ka–Ching. All Ka–Ching. All Ka–Ching.
Einen „Amerikanischen Traum“ kann man durchaus in Europa testen. Hier ist eine Idee, hier stehe ich und dort will ich hin. Liebe Freunde, Ideen sind nicht ausgeschöpft! Sie gibt sie in Hülle und Fülle……nur erfährt sie niemand, denn Ideen/Innovationen bedürfen Schutz. Also legt sich der Mensch ins Zeug und arbeitet daran. Starte bei Null, bis sich was bewegt! Jeder hat die Freiheit, seine Ziele zu erreichen und…..ewig dauert die Durststrecke. Eh du verzweifelst freue dich, dass es diesen Mythos gibt. Lenkt von Ideen ab, die du für dich behalten musst.