Immer noch?

Singer Adele arrives at the 58th Grammy Awards in Los Angeles, California February 15, 2016.  REUTERS/Danny Moloshok - RTX2733L

«Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne», so lautet, meine Damen und Herren, ein etwas abgeschmacktes Zitat von Hermann Hesse, das leider nicht wahr ist. Oder haben Sie schon mal den Zauber am Anfang einer Wurzelbehandlung verspürt? Eben. Dann gibt es aber noch diese andere Kategorie von Sachen. Die, die tatsächlich mal ganz interessant angefangen haben. Können Sie sich noch an «Orange Is the New Black» erinnern? Ja, genau, das war diese Netflix-Serie aus dem Frauengefängnis, über die damals alle geredet haben und die auch ganz interessant anfing und dann… irgendwie anstrengend wurde. Sie wissen, was ich meine. So Chosen, die schillernd anfangen und dann irgendwie ein bisschen zur Qual werden. Die Ehe von Prince Charles und Lady Diana Spencer, zum Beispiel. Oder die Ehe von Kanye West und Kimberly Kardashian – nein, halt, die war schon immer eine Qual. Und ich bin irgendwie beruhigt, dass bei Google, wenn man «Kim» eingibt, Kim Jong-un noch vor Kim Kardashian kommt. Wenn auch nur knapp. So weit sind wir schon, dass einen so was beruhigt! Wo war ich? Genau: Es folgen zur Illustration und zur Diagnose der Gegenwartskultur noch fünf weitere Phänomene, die am Anfang irgendwie ganz unterhaltsam waren und dann irgendwie anstrengend wurden:

  1. Die Kandidatur von Donald Trump für die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten von Amerika.

  2. Der Eurovision Song Contest. Anstrengend seit ungefähr 1990.

  3. Kohl. Das Gemüse, meine ich. Erst war es Grünkohl. Jetzt soll es Blumenkohl sein. Kohl für alles: Smoothies, Kuchen, Chips. Get over it, Hipsters, es ist nur ein Gemüse!

  4. Die Fussball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland. Und 2022 in Katar.

  5. Adeles Beziehungsprobleme. In Musikstückform.

Bild oben: Verspüren Sie auch schon einen leichten Adele-Überdruss? Foto: Danny Moloshok (Reuters)

10 Kommentare zu «Immer noch?»

  • Peter sagt:

    Naja Herr Tingler. Adele kann wenigstens singen, was weder bei Trump noch dem ESC zutrifft (Ich wusste übrigens nicht dass Australien in Europa liegt…) Und sie liegt inhaltlich allemal noch vor einem Dylan oder Grölemeyer. Wenn Sie über nervige Musik und musikalische Zeitgenossen sinnieren wollen, dann gäbe es die diversen Hip-Hopper und natürlich den nicht totzukriegenden Bieber mit seinen inhaltslosen Kinderliedern.

  • Leonardo sagt:

    Bei Ihnen, Herr Tingler, verhält es sich erfreulicherweise genau umgekehrt:
    Anfangs fand ich Ihre Texte eher anstrengend und schwerfällig, mittlerweile haben Sie sich aber stark verbessert und der heutige Text ist wirklich sehr gelungen! Gratulation!

  • Adrian sagt:

    Zu Punkt 3 kommen mir noch zwei andere, für mich ziemlich anstrengende Lebensmittel ein; Aloe Vera und Wasabi. Und ebenfalls für alles; Smoothies, Kuchen, Chips und noch vieles mehr,…

  • Jacques sagt:

    Kohl? Dazu fallen mir Birnen oder Krautrock ein. Das wurde mit der Zeit auch etwas anstrengend. Hermann Hesse bezog seinen ‚Zauber‘ wohl auf die Anfänge seiner Malerei. Aquarell-Zauber.- und unten der See…

  • Diego sagt:

    6. Die FCZ Propaganda beim Tages-Anzeiger.
    Der Verein verströmte anfangs 2000er Jahre einen Hauch von Coolness, heute geht der Klub samt karger Anhängerschaft nur noch auf die Nerven.

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