Sonya Raus

Sonya Kraus trägt ihr Baby zu Markte. Anders kann man das leider nicht nennen. Ich habe in einem Kiosk das Cover des neuesten Buches von Frau Kraus für Sie photographiert, meine Damen und Herren. Das passt zu Sonya Kraus, die einfach alles zu Markte trägt, und was soll sie auch sonst machen, sie kann nichts Besonderes und hat auch nichts Besonderes gelernt. Und während solche Leute früher füglich hinter den Kulissen verschwanden, stellen sie sich heute ins Privatfernsehen. Das geht schon seit Jahren so, aber irgendwie verwundert und schockiert es mich immer noch, ich bin eben von gestern. Dabei bin ich nicht mal drei Jahre älter als Frau Kraus. Dabei will ich das eigentlich gar nicht wissen. Ich will so Leute wie Sonya Kraus gar nicht kennen. Es ist mir peinlich, dass ich weiss, wer das ist.
Sonya Kraus hat ein Charisma wie ein Schuss aus einem Betäubungsgewehr. Einem deutschen Betäubungsgewehr. Haare und Zähne. Frau Kraus arbeitet erklärtermassen mit folgender Masche: Ich stelle mich dumm. Ich bin damit eigentlich irgendwie postfeministisch oder hab jedenfalls irgendwie so ne Distanz zu dem ganzen erbärmlichen geistlosen Schmuddelzeug, mit dem ich mein Geld verdiene. Mit der gleichen Masche arbeitet auch Daniela Katzenberger. Wobei die Katze irgendwie noch mehr Authentizität besitzt, sie trägt in ihrem Innern, unter all dem Puder und Plastik, irgendetwas, was man womöglich mit etwas Mühe als Eigenart und Charme erkennen könnte. Die Katzenberger hat irgendwie noch so ne Art innerer Wärme. Kein Zombie aus Haaren und Zähnen. Sonya Kraus hingegen ist so kalt und deutsch und charmefrei wie Frankfurt am Main. Oder Heidi Klum. Urgh.
Dieses erklärte Dummstellen ist natürlich nichts als eine hohle, reichlich dumme Fratze; es stimmt vorne und hinten nicht, weil hinter dem angeblichen Verstellen gar nichts ist; nichts dahinter steht ausser Geldgier und Geltungsbedürfnis und Ramsch und Rummelplatz. Vielleicht aber ist ja dieser Versuch der Selbstdistanzierung ein letzter Rest von Scham, eine Art von Entschuldigung dafür, dass man alles mitmacht. Eventuell meldet sich ja bei Frau Kraus ein letzter Rest von Scham dafür, dass sie im Aufzug einer Prostituierten im Ramschfernsehen die grausamsten Ausschnitte aus menschenverachtenden Vorführshows nochmals vorführt und sich über die Menschen, die dort der Belustigung preisgegeben werden, nochmal auf Pausenhofniveau lustig macht. Ich weiss, dass solche Formate seit Ewigkeiten laufen und ja wohl auch (hoffentlich) ihren Zenit längst überschritten haben, aber ich kann mich irgendwie nicht dauerhaft darüber beruhigen, dass es solche Formate überhaupt gibt und dass die nicht verboten werden und dass Frau Kraus sich nicht geniert und dass sich all die Leute beim Privatfernsehen nicht schämen und versuchen, stattdessen lieber irgendeinen anständigen Beruf zu machen. Wie ich schon sagte: Ich bin eben von gestern. Mich versteht ja nicht mal Siri. Gerade wollte ich an Richie texten «Hallo Kleines, wie läuft alles bei dir?» und Siri verstand: «Hello clownishly life Dallas back year.» Small wonder I’m a grumpy old man.
37 Kommentare zu «Sonya Raus»
Ich glaube, die privatisierte Anbieterseite der Mediengesellschaft arbeitet zu professionell, als dass mit ihr etwas nicht stimmen könnte. Das Konsumverhalten wird zu präzise gemessen, analysiert und statistisch visualisiert, als dass etwas gesendet würde, was keinen Abnehmer findet. Solange ausreichend viele anspruchslos Doofe vor der Kiste sitzen, wird auch die richtige Dosis Doofes gesendet werden. Macht aber nichts. Wer auf dümmliche TV Bespassung steht, greift auch nach Absetzen seines Lieblingsformats nicht zu bildungsfördernder Weltliteratur.
es ist ein rätsel. einerseits wollen die damen so wahnsinnig dem feminismus frönen…bis zum allein unglücklichmachenden emanzentum hin, und andererseits entblöden sich blonde dd-oberweiten- doof-tussen à la katzenberger in der gesellschaft. da dies wohl kaum was mit erreichen einer gewissen transzendenz zu tun hat stellt das für mich schon einen widerspruch dar. witzig ist aber, dass die mehrheit der damenwelt die doof-tussen, die ja eigentlich dem image einer gestandenen, selbstständig und ledigen emanze total diametral entgegenlaufen, auch noch in schutz nehmen. politik der nackten brüste?!
„stellt das für mich schon einen widerspruch dar“
Verständlich. Zu begreifen, dass es sich eben nicht um dieselben Leute handelt und „die Frauen“ alles andere als eine homogene Masse sind, erfordert doch immerhin eine minimale Menge Hirnschmalz.
Lieber Herr Rittermann, natürlich hätte sich Schelling vom Hölderlinturm in den Neckar gestürzt, hätte er sich das eine oder andere Privatfernsehformat ansehen müssen………
Soviel zum transzendentalen Idealismus und den Damen mit den schlagenden Argumenten.
Aber wenn ich mir’s so recht überlege Herr Rittermann : Ich glaub‘ Schopenhauer hat gesagt, wenn man alles (also das menschliche Dasein per se) auf die elementaren Grundbedürfnisse reduziert bleiben noch Hunger und Fortpflanzungstrieb. Zu letzterem scheinen die im Artikel genannten Damen und weitere Vertreterinnen dieser Kohortengruppe (Promiskuität !!) mit dieser von Herr Dr. Tingler beschriebenen Idiosynkrasie nicht unbedingt ungeeignet.
guten morgen, eure lordschaft. ich liebe schopenhauer! 🙂 (das problem ist nur, dass er an syphillis gestorben ist…leider). der gute war somit nicht allzu konsequent. sein statement jedoch – „wenn du zu einer frau gehst, vergiss die peitsche nicht“ – hat schon was wahres.
Après moi la blénnorragie !
@Philipp Rittermann, mit Schopenhauer sich doch etwas zu weit hinausgelehnt? Friedrich Nietzsche hat nämlich den frauenverachtenden Ausspruch getan, und es ist ebenfalls Nietzsche der vermutlich an den Folgen von Syphilis gestorben ist.
Darf ich dem lieben Herrn Rittermann zur Seite springen : Er hatte vermutlich den „Marquet“- Prozess im Sinn, welcher einen Vorfall vom 12.August 1821 verhandelte. Hier wurde Schopenhauer wüsten Handgreiflichkeiten gegenüber einer Näherin bezichtigt. Schopenhauer starb zwar an einer Lungenentzündung, allerdings gab es jedoch keine Beweise keiner „Spirochätenvirulenz“.
(soll mir jetzt keiner schreiben, daß es das letzte Wort nicht gibt………)
meine äh-lieben. ich habe mich tatsächlich getäuscht – obwohl ich schopenhauer brutal verehre – es war – bezüglich ausspruch und todesursache auch nicht nietzsche – es war der ehrenwerte friedrich gottlieb klopstock!
Bravo, 12 Punkte! Und das am 12. Dezember. Da der Weltuntergang ja einmal mehr verschoben wurde, haben wir nächstes Jahr die Möglichkeit, die Welt ein Stückchen besser zu machen. Und alles, was man dazu braucht, ist eine Fernbedienung. So, people of the world, stand up for your brain rights!
hmm…, hat apple nach den maps jetzt auch noch die kalender-funktion in den sand gesetzt? essen sie den notvorrat noch nicht auf, lindo! erst am 21.12. geht die welt unter (gut bin ich kein esoteriker, dann kann ich wenigsten in jener nacht an einer maus und nicht an einem baum kleben). wieso jemand allerdings fürs nichts danach notvorräte kauft, hat mir noch niemand erklären können. und falls sie in einer andern zeitrechnung unterwegs sind – sternzeit? – auch kein problem, jeder hat doch seine agenda.
herr tingler, die spitzen pfeile gegen die deutschen und deutschland wären nicht unbedingt nötig gewesen. ihr artikel wäre trotzdem brilliant und ihre wortspiele wie immer aller erste sahne. hier in der schweiz heisst die peinlichkeit vielleicht nicht sonja kraus und ist nicht blond, aber für mich gehörten kurt felix und paola wie auch beni turnheer auch nicht unbedingt zum bildungsfernsehen…
Und wie Sie nicht von gestern sind, lieber Herr Tingler.
Wenn ich Ihre Blogs lese, denke ich oft, dass Sie etwas übertreiben respektive sich allzu künstlich über Dinge aufrege.
Heute nicht. Heute haben Sie ja sowas von recht…
Es ist schlicht und einfach peinlich.
Wer ist eigentlich der Daddy des Kindes? Empfindet er ihr Verhalten nicht abstossend…?
Aber ja, solange diese Formate geschaut werden, wird sich nichts ändern. Leider