Generation Blödheit

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Schwul zu sein, bedarf es wenig. Blöd zu sein, auch nicht. Und Themen für eines dieser neuen, jungen und anscheinend angesagten Onlinemagazine zu finden, noch viel weniger. Man nehme eine Empfindung, man blase viel heisse Luft hinein, wundere sich und beschreibe den Vorgang. Fertig. Alternativ kann man auch im Internet surfen und wahllos Themen zusammenwürfeln. Ein paar Beispiele?

Nehmen wir «Bento», das junge Portal des «Spiegels». Schlagzeilen dort lauten zum Beispiel: «Ist es tatsächlich so grossartig, Mitte 20 zu sein? Ein Plädoyer für mehr Gelassenheit». Oder «Schambehaarung, Hitler und Dorfjugend». Im «Friday»-Magazin stellte Autorin Yvonne Eisenring vergangene Woche fest: «Unsere Generation hat keine Lust auf echte Liebe, keine Energie für die Suche – und Emotionen sind eh uncool.» Und bei «Watson» heisst es: «Wie geil sind Virtual-Reality-Pornos wirklich? Wir haben Hand angelegt.»

Ich weiss nicht genau, wem diese permanente Nabelschau, diese Selbstverliebtheit, dieses Aufblasen von Belanglosigkeit anzukreiden ist. Es ist zwar die Generation Y, sind die Digital Natives, die diese Orientierungslosigkeit in bipolaren Schwankungen zwischen Unsicherheit und Grössenwahn zum Ausdruck bringen. Aber es war die Generation zuvor, waren ihre Eltern und die manische Werbeindustrie, die diesen Kindern vorgegackert haben, wie kostbar und einzigartig jede einzelne ihrer Ansichten, Empfindungen und Lüste sei. Vielleicht hätte man das ein bisschen anders angehen müssen. Denn jetzt zeigt sich das Resultat als galoppierende Idiotie.

Damit wir uns richtig verstehen: Ich wäre die Letzte, die nur Artikel über staatstragende Themen liest. Aber wenn sich diese Generation wirklich so intensiv und so ausschliesslich mit ihren Genitalien, ihrer Körperbehaarung, ihren Gadgets beschäftigt, ist das nicht dürftig? Doch. Und es ist auch gefährlich, weil dieser Generation mit der analogen Kultur auch der Sinn für Geschichte abhandengekommen ist. Was sie aber nicht davon befreit, ihre Antworten auf die grossen Fragen finden zu müssen. Und die lautet nicht, ob jemand frigide ist, der im Bett nicht alles mitmacht. Sondern wer man ist und was man unternehmen muss, um das herauszufinden. Übrig bleibt das Bedürfnis nach Struktur, nach Zugehörigkeit, nach konkreten Wertesystemen, Ernsthaftigkeit auch. Leider finden immer mehr Junge dies in immer rigideren Interpretationen von Religion, Nation oder Geschlecht.

Nein, daran sind weder «Bento» noch «Friday» noch «Watson» schuld, sie sind nur der gelebte Ausdruck davon. Während die nächste Generation schon die Uniformen bügelt, um endlich wieder klare Antworten auf grosse Fragen zu finden.

Bild oben: Warum nicht Virtual-Reality-Pornos testen? Demo eines Sony-Headset an der Tokyo Game Show 2014.

32 Kommentare zu «Generation Blödheit»

  • Andy sagt:

    Und sie werden es am Schluss besser machen als wir – weil wenn wir zurückblicken, dann haben wir im Moment wohl eines der dämlichsten Niveaus erreicht, die es gibt…und ich spreche hier nicht von den Jungen.
    Sie machen das einzig richtige…..sie interessieren sich nicht für unseren Scheiss

    Gruss

  • Jean-Paul sagt:

    Die Blödheit hat seit der Steinzeit wohl nicht zugenommen; sie ist bloss leicht anders gepolt und dergestalt wieder mal gesellschaftsfähig geworden. Es nützt auch nichts, sich darüber zu beklagen, wie dürftig unsere Generation in intellektueller HInsicht ausgestattet ist: Will man ernsthaft von der durchschnittlichen 20 min Leserin erwarten, dass sie sich Fragen stellt? Andererseits, die einzelnen, die sich Gedanken machen, die mit ihren Fragen Neuland betreten und die mehr wollen als das Wenige, was die Generation der Blog-Autorin an Relevantem hervorgebracht hat, die gibt es durchaus. Sie…

  • Herr Schibli sagt:

    Sokrates vor etwa 2400 Jahren: „Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“
    Das kommt schon gut, denn irgendwann schalten die meisten ihr Gehirn auf Nachdenken. 🙂

  • Teofilo sagt:

    Untrügliches Zeichen des Alters: das Lamentieren über die Jugend.

  • Martin sagt:

    Es ist einfach, sich hinzusetzen und andere zu kritisieren. Nun, was darf denn die Jugend noch? Die Generation vor ihr hat ja alles verboten! Kaum wird irgend etwas unternommen, ist es entweder rassistisch oder sonst irgendwie nicht recht! Der Jugend wird also der Mund verboten. Freiräume, welche nicht linksalternativ sind, gibt es auch keine. Die Jugend wird von der ganzen Bevormundung abgetötet. Und die alt Hippie Generation hat uns jetzt diesen ganzen Islamschwachsinn eingebrogt. Was bleibt: Anonym seine Meinung kund tun, der Konsequenzen wegen.

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