Der vorletzte Schrei

Sie wissen ja, dass ich ein Verfechter der freien Marktwirtschaft bin, meine Damen und Herren – was nicht heisst, dass ich nicht gelegentlich einige ihrer spätmodernen Hervorbringungen hinterfrage, denn nicht immer versagt mein kritischer Verstand vor der kapitalistischen Glitzerwelt.
Ein solches fragwürdiges Produkt sehen Sie oben, für Sie fotografiert beim Einkaufen in Zürich.
Ich bin, wie gesagt, sehr für Konsumentensouveränität und die Freiheit des einkaufenden Menschen, möchte aber angelegentlich des oben gezeigten Parfüms für Hunde und Katzen gerne einen Gedanken wiederholen, den ich das letzte Mal geäussert habe, als man mir in der Massabteilung von Louis Vuitton in Asnières exotische Tierhäute vorführte: Ich finde, Leute, die Geld für Alligatorhaut ausgeben, sollten verpflichtet werden, den gleichen Betrag an eine karitative Organisation ihrer Wahl zu spenden. Oder ein paar Tage lang am Rand der Autobahn aufzuräumen. Und dies gilt analog für Menschen, die Geld für Hundeparfüm ausgeben.
Wie ich bei Norbert Bolz lese, dienen Mode und Konsum nicht zuletzt dazu, Marken der Individualität zu setzen, um irgendwie aus der sozialen Redundanz zu ragen und so quasi das spätmoderne Massenschicksal der Komplexität und Kontingenz zu sabotieren. Aber ich möchte gerne anregen, dass man hierfür vielleicht mal andere Wege in Erwägung zieht als den Erwerb eines Katzen- und Hundeparfüms. Kaufen Sie ein Buch. Am besten eins von mir. Zur Not auch eins von Norbert Bolz.
Apropos Parfüm: Neulich sagte ich zu Richie: «Diese fiese Seife hier neben dem Handwaschbecken hält irgendwie ewig.»
Darauf Richie: «Alles, was fies ist, hält ewig.»
Auf dieser nachdenklichen Note entlasse ich Sie für heute. Mehr Kritik an der Spassgesellschaft dann wieder übermorn.
Nicht nur die Frisur zählt für den modernen Hund von heute. Auch der Duft will gepflegt sein. Foto: Sakchai Lalit (AP Photo/Keystone)
4 Kommentare zu «Der vorletzte Schrei»
Macht diesen verwerflichen Blödsinn mal mit den Menschen. Tiere müssen diese widerlichen grotesken und tierquälerischen Taten des Menschen herhalten um das EGO des Menschen zu befriedigen. Stopp diesen Wahnsinn im menschlichen Hirn – Verblödung pur! Der Hund unser bester Freund wird missbraucht und gequält – diese Veranstaltungen sind sofort zu verbieten.
alexandra weber
Armer Herr Tingler, solange es Menschen gibt die ihren Hunden/Hündchen gerne mit echten Steinen besetzte Halsbänder um legen, ihnen am Esstsich einen eigenen Platz einräumen und stets auf auf eine modische Frisur ( nicht das angebrachte Trimmen je nach Jahreszeit), und ihre Hunde in Wellnesshotels in die Ferien bringen – wird auch das Hundeparfün nicht aussterben.
Meine Katze würde mich mit dem Schwanz nicht mehr angucken wenn ich ihr ein solches Parfüm aufsprühen würde – da hätte ich voll versch……… bei ihr!!!
Um Ihre und die Bücher von Herrn Bolz zu drucken, wird der Regenwald abgeholzt. Die Krokodile in Vietnam haben kaum mehr Lebensraum und ziehen in von Menschen besiedelte Gebiete. Die Bewohner finden es nicht lustig, wenn deren Kinder gefressen werden, also werden die Krokodile eingefangen und in Zoos gesteckt, wo sie sich mangels natürlicher Feinde mit rasender Geschwindigkeit vermehren würden. Mit dem Erwerb eines ausgestopften Baby-Kroko-Kopfes als Schlüsselanhänger spende ich für besonders geforderte Vietnamesen, welche diese in Handarbeit herstellen. Krokos wachsen schneller nach als Wald.
Ich halte, genauso wie einer Katze ein Glöckchen umzuhängen, Parfüms für Hunde für Tierquälerei: Würde dem Hund überlassen, sich das Parfüm auszusuchen, würde er etwas wählen, was für menschliche Nasen widerlich stinkt. Ein Hund setzt „Marken der Individualität“ über seinen Geruch: Wie sich ein Punk freut, wie hässlich er ist, freut sich der Hund, wenn er richtig „stinkt“.