Kuh mit Sonnenbrille

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Vor einiger Zeit, meine Damen und Herren, wurde in der britischen Tageszeitung «Guardian» der für seine pointierten Ansichten bekannte «Times»-Kolumnist (und frühere konservative Unterhaus-Abgeordnete) Matthew Parris mit der Meinung zitiert, dass man von jeder Person, die einen Reisepass wünsche, erst einmal den Nachweis verlangen solle, dass sie willens wäre und vermöchte, ihr Herkunftsland im Rest der Welt zu repräsentieren. Jeder, dem im Ausland seine Kompatrioten schon mal unangenehm aufgefallen sind (und wem ginge dies nicht so), wird sich dem Reiz dieses Gedankens nicht verschliessen können. Allerdings ist die Idee natürlich, wie viele grundsätzlich reizende Ideen, nur schwer operationalisierbar und mit grossen Missbrauchsmöglichkeiten behaftet. Seis drum: Man könnte ja immerhin anfangen mit dem Gelöbnis inskünftiger Reisepassempfänger, sich im Ausland, sobald die Entfernung vom nächsten Badegewässer 50 Meter übersteigt, obenrum immer was anzuziehen. Aber bitte nichts von Ed Hardy.

Wiederum andererseits müsste man sich dann allerdings konsequenterweise auch Gedanken machen um Leute, die das Inland im Inland gegenüber dem Ausland repräsentieren, zum Beispiel alle Menschen, die an Flughäfen arbeiten. Ich finde ja seit jeher, dass man bei Flughafenpersonal auch auf einen gewissen Esprit achten sollte, sind doch diese Menschen regelmässig die ersten Botschafter unserer schönen Schweiz für ausländische Gäste. Und wir haben hierzulande betrüblicherweise ja sowieso schon bisweilen mit so einem klitzekleinen Esprit-Defizit zu kämpfen. Fernerhin – und nicht zuletzt – müsste man sich Gedanken machen um Objekte, die das Inland im Inland gegenüber dem Ausland repräsentieren; dies sind einerseits Sehenswürdigkeiten (von denen haben wir viele und schöne) und andererseits, allen voran: Souvenirartikel. Und damit bin ich beim Punkt. Siehe Bild oben. Andenkenladen am Flughafen. Ich weiss nicht, ob diese Kuh mit Sonnenbrille eben dabei ist, sich zu strangulieren; es wäre nachvollziehbar. Bestimmte Souvenirartikel sollten verboten oder wenigstens so strikt reglementiert werden wie harte Drogen. Ich meine, reicht es uns nicht, dass uns alle Welt fälschlicherweise als Steuerfluchtgehilfen, Korruptionshafen und Freizügigkeitsfeinde sieht? Müssen wir jetzt auch noch als beknackt dastehen? Denken Sie mal drüber nach. Bis übermorn.

12 Kommentare zu «Kuh mit Sonnenbrille»

  • Roland Balsiger sagt:

    Netter Vorschlag, das mit den Souvenir-Artikeln. Aber die Rückschlüsse sind leider falsch. Ich verkaufe doch nur Zeugs, das bei möglichst vielen Käufern Anklang findet. Der Vorwurf des schlechten Geschmacks fällt also nicht auf die Schweiz, sondern auf die Ausländer zurück. Andererseits reicht schon ein kurzer Aufenthalt am Ankunfts-Gate in Kloten, um angesichts der Mitbringsel der zurückkehrenden Schweizer jeden Mut bezüglich eines höherstehenden Geschmacks unserer Landsleute zu verlieren.

  • Alex sagt:

    Es fängt ja schon gut an, wenn man die Metro vom oder zum Terminal E am Zürcher Flughafen nimmt. Die Fahnenschwinger-Animation finde ich noch einigermassen originell, aber mit dem Gemuhe und Gejodel und Kuhglockengebimmel konnte ich mich bis heute nie richtig anfreunden. Vor allem weil es vermutlich sehr lange dauert, bis man in Zürich auf Kühe oder Jodler trifft.

  • Winston sagt:

    „… fälschlicherweise als … Freizügigkeitsfeinde sieht?“ – Hm, die Masseneinwanderungsinitiative wurde von 50.3 % der Stimmenden (und mit Ständemehr) angenommen. Ich treffe immer wieder auf Leute, die zu meiner Überraschung sagen, dass sie damals Ja gestimmt hätten. Allerdings funktionieren auch die flankierenden Massnahmen zum Schutze der ausländischen Arbeitnehmenden in manchen Branchen mehr schlecht als recht (Stundenlöhne kleiner als 10 €, Übernachten auf der Baustelle, Subunternehmer bis ins fünfte Glied usw.).

  • dominik sagt:

    Mindestens 26,6 % der Schweizer haben ja ein gestörtes Schweizbild – sie würden am Liebsten noch eine Blocher-Sennenfigur als Souvenir fordern. Wir könnten ja dann ein Mörgeli-Handörgeli, ein Köppel-Klöppeldeckeli, verziertes Rickli-Schlafkissen, ein Maurer-Souvenir-Gripen, eine Bortoluzzi-Dragqueenkuh etc. in den Shops anbieten.
    Resultat: Dann würden wir uns nicht nur lächerlich machen sondern die Touris würden uns dafür noch hassen….

  • Henri Lapin sagt:

    Souvenirs sagen eigentlich mehr über den kaufenden Touristen aus als über den Tourismusort. Die Reisepassprüfung müsste ergo eine Souvenirgeschmacksprüfung enthalten.

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