Upgrades für Ihren Economy-Flug

Die Ferien stehen vor der Tür, meine Damen und Herren, es wird noch voller im Flugzeug, und der Niveauverlust im Service von Fluggesellschaften wird häufig beklagt. Übrigens wundere ich mich immer mehr über Leute, die bereits mittags auf Kurzstreckenflügen Alkohol konsumieren, denn die scheinen immer zahlreicher zu werden. Haben sich die Sitten geändert? Well, to each his own is beautiful, wie Heinrich VIII. zu sagen pflegte. Oder war das Wallis Simpson? Egal. Aber ich wundere mich trotzdem.
Der Serviceverlust an Bord wird also beklagt. Dabei existieren hier eigentlich strenge Regeln. Wussten Sie beispielsweise, dass das Uniformreglement unserer Heimatfluglinie Swiss für weibliche Flight Attendants eine Absatzhöhe zwischen einskommafünf und acht Zentimetern vorschreibt und dazu maximal zwei Armreife von höchstens zwei Zentimetern Breite gestattet? Sowie nicht mehr als vier Fingerringe, die nicht am Zeigefinger oder Daumen getragen werden dürfen?
Swiss hat übrigens gerade den Economy-Tarif weiter aufgefächert, in der billigsten Stufe darf man jetzt nur noch Handgepäck mitnehmen, was als Flexibilisierung und Anpassung an Kundenbedürfnisse vermarktet wurde, aber doch ein bisschen so wirkt, als müsse der Reisende nun für Sachen extra zahlen, die früher selbstverständlich waren. Es wirkt ein bisschen so, weil es ein bisschen so ist. Auch die Platzwahl ist eingeschränkt: Die Reihe hinter der Business Class ist beispielsweise für die teuerste Economy-Kategorie reserviert. Offenbar wird es als Privileg verstanden, Plätze vor sich zu haben, die mehr kosten als die eigenen.
Falls Sie Economy fliegen, meine Damen und Herren, haben Sie trotzdem immer noch gewisse Handlungsspielräume: Die Mittelplätze in der Economy-Sektion werden in der Regel von vorne nach hinten besetzt, sodass Ihre Chancen, dass der Mittelsitz neben Ihnen frei bleibt, Sie also mehr Platz haben, grösser sind, wenn Sie beim Online-Check-in eine der hinteren Reihen wählen. Fernerhin gilt, dass Mittwochs- und Mittagsflüge tendenziell auch zur Hochsaison weniger voll sind, d.h. mehr Platz bieten, und dass bei Buchungen über Preisvergleichsseiten im Internet die (Nonstop-)Flüge mit den billigsten Tickets auch die leersten sind.
Damit kommen wir zu den Fortgeschrittenenkenntnissen: Achten Sie bei Ihrer Buchung nicht nur auf Preis und Airline, sondern auch auf den Flugzeugtyp. Dessen Angabe gehört mittlerweile zu den Standardbuchungsdetails. Grössere Maschinen (solche mit zwei Gängen) bieten regelmässig breitere Sitze, mehr Beinfreiheit, mehr Luft über dem Kopf und mehr Stauraum. Die mit Platzvorteilen verbundenen Notausgangsreihen hingegen sind in der Regel (wenn auch nicht immer) beim Online-Check-in blockiert und werden oft erst am Tag des Fluges selbst am Gate vergeben (manchmal sogar gegen Aufpreis, was eigentlich ein bisschen seltsam ist, schliesslich hat man hier mehr Beinfreiheit im Austausch gegen die hypothetische Pflicht, den Notausgang zu öffnen). Bei vielen Fluggesellschaften ist allerdings so ein Exit-Row Seat (ERS) nicht zurückklappbar, also wählen Sie beim Check-in online mit Vorteil einfach einen Platz in der Reihe hinter den Notausgängen. So kann wenigstens Ihr Vordermann nicht nach dem Start mit seiner Lehne auf Ihren Schoss zurückfallen.
Und für den Fall, dass Sie dann am Gate durch das Bodenpersonal auf ein Upgrade hoffen, hier noch ein Hinweis zum Dress Code. Folgende Aufmachung ist upgrade-freundlich (UF): Jackett oder Deux-pièces, Dokumententasche, Brille, Doktortitel. Folgende Aufmachung ist nicht-upgrade-freundlich (NUF): Bermuda-Shorts, Fussballtrikot, Stange Silk Cut aus dem Duty Free. Guten Flug!
Bild oben: Rückenlehnen und Bildschirme in der Economy Class einer Boeing 787 Dreamliner von Qatar Airways. Foto: Andrew Winning (Reuters)
5 Kommentare zu «Upgrades für Ihren Economy-Flug»
Auch UF: Für den Upgrade bezahlen. Passt vielleicht nicht zu unserer Geiz-ist-geil-Kultur, aber die 400$ von Mexico DF nach AMS wars mir 10 mal wert. Dass mir dann mein Buch auf dem Flug geklaut wurde, fand ich hingegen doch sehr unangebracht und der Business class unwürdig – nicht wegen des Werts des Buchs, sondern wegen der 3h Anschluss, die ich damit überbrücken wollte…
Allerdings war ich schwer beeindruckt vom Einsatz der Crew, einschliesslich Cockpit, bei der erfolglosen Suche danach auf, unter und im Sitz.
Der Notausgang ist nicht fuer sitzende Beinfreiheit konzipiert, sondern fuer effektive Evakuierung. Die dort sitzenden uebernehmen eine Verantwortung, die nichts mit persoenlichem Komfort zu tun hat! Ich wuensche mir sehr, dass dies den ‚Fortgeschrittenen‘ auch bewusst ist und dass sie die Tuer im Notfall auch korrekt aufmachen koennen. Ganz ohne Apps und Panik!
Ihre von mir so sehr wie Sie geschätzte Kollegin, Frau Kar, schrieb etwas über positives Denken:
Ein Holzklasseflug ist eine gute Gelegenheit, ein wenig Last von seinem Karma zu laden.
Tricksen kann helfen. Bei >10h Langstrecke montiere ich nach fortschreitender Sitzbelegung (und entsprechendem Füllgrad) eine alte, 90°-gewinkelte Ellbogen-Gipsschiene von einem früheren Gelenkops. Beim Boarding resultiert dies praktisch immer zu einem leeren Mittelplatz, einmal sogar zum Business-Upgrade. Die Schiene wird für „Streckübungen“ vor der Ruhephase abgelegt und bleibt dann in der verdunkelten Kabine unter der Decke liegen.
Empfehle http://www.seatguru.com zu konsultieren, wo die mesiten Flugzeugtypen nach Gesellschaft und Flugnummer eine vorzeitige Einsicht in das Platzangebot ermoeglichen, komplett mit ‚weniger‘ empfohlenen Sitzplaetzen etc