Bücher zum Mitnehmen

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Heute vorweg zunächst dies, meine Damen und Herren: Das Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) in Basel hat Scientology als religiöse Gemeinschaft anerkannt. Man muss aufpassen, aufpassen, aufpassen!

Neulich gehe ich zum Haareschneiden und entdecke, dass jemand ein paar Bücher auf einem Fensterbrett liegen liess. Siehe oben. Interessante Auswahl. Wahrscheinlich zum Mitnehmen. Ich finde es ja immer faszinierend, wie Leute Sachen an den Wegesrand stellen, zum Beispiel im Zürcher Kreis 7, wo ich wohne und wo die Leute nicht eben arm sind, und dann einen Zettel daran befestigen «Gratis zum Mitnehmen». Als sei das ein Akt der Wohltätigkeit. Statt der versuchten unentgeltlichen Entsorgung. Aber offenbar funktionierts.

Bücher also. Ich erblicke diese Bücher im Vorbeigehen und dabei fällt mir ein: Es ist ziemlich ungerecht, dass Fjodor M. Dostojewski krank und knapp bei Kasse gestorben ist; aber beinahe noch ungerechter ist es, dass er logischerweise nicht mitkriegte, wie Marilyn Monroe auf dem Set von «All About Eve» ein Buch von ihm las (welches, ist mir entfallen und jetzt egal; Sie finden das sicher bei Google). Denn wenn man von Marilyn gelesen wird, dann hat sich doch alles gelohnt.

Ich persönlich stelle mir meine Leserinnen eigentlich immer wie Marilyn vor, die junge Marilyn auf dem Set von «All About Eve». Und meine Leser stelle ich mir vor wie Darren McFadden. Oder wenigstens wie Larry David. Gerade neulich habe ich wieder diese wundervolle Episode von «Curb Your Enthusiasm» gesehen, wo LD, als er jemanden sieht, der die Kombination Cowboyhut plus Bolo Tie trägt, feststellt: I see certain items, and I recoil in horror. – Genau das ist Kultur, meine Damen und Herren. Und es ist unzweifelhaft, dass die stete und unmittelbare Berührung damit bildend auf Herz und Gemüt und in sittlicher Beziehung erziehlich wirkt. Damit entlasse ich Sie für heute. Go tell a friend. Bye.


Dostojewskis schönste Leserin: Marilyn Monroe (1952). Foto: Getty

5 Kommentare zu «Bücher zum Mitnehmen»

  • Jacques sagt:

    Ich wollte gerne, ich wäre ein Leser – wie Arthur Rimbaud.
    Aber dagegen spricht nicht nur – mein Alter …

  • Carolina sagt:

    Reality check, Herr T: Diese Leserin hier zumindest ist so weit von Marilyn entfernt wie Darren McF von Mr Bean, sorry!
    Dort, wo ich ein paarmal in der Woche durch den Wald seckle (also, wenn ich den inneren Schweinehund überwunden habe), gibt es einen Bücherbaum: ein abgestorbener Baum wurde ausgehöhlt und mit Fächern versehen, die eine Art Hol- und Bringstation für Bücher sind. An sich eine gute Idee, würde man meinen, aber der Umsatz lässt sehr zu wünschen übrig.

  • Carolina sagt:

    Noch etwas: die Sache mit Scientology ist noch nicht ganz durch, wenn mich nicht alles täuscht. Man könnte noch protestieren, denn das Ganze ist noch nicht vom Grossen Rat verabschiedet worden!

  • marie sagt:

    „Ich schaue auf die Bücher in meinem Arbeitszimmer und begreife: In jedem einzelnen Buch steckt die Einsicht in einen Mangel. Die stoische Wirklichkeit hat eine stoische Literatur hervorgebracht. In der Literatur – und nur in der Literatur –, überlebt die Sehnsuchtswirtschaft der Menschen. Sie ist unsere palliative Heimat.“
    „Der Untrost und die Untröstlichkeit der Literatur“, [aus der äusserst lesenswerten und berührenden!] Dankesrede von Wilhelm Genazino zum Georg Büchnerpreis, 2004.

    • Jacques sagt:

      Ja, die Unvernünftigen sterben aus; vielleicht. (‚unser‘ Peter Handke). Aber auch: Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins, darüber wiederum ‚unser‘ Milan Kundera. Aber, über das Normale und die Sehnsucht – schrieb ein sehr guter CH-Autor: Urs Widmer.

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