Marktlückenfüllideen

Conchita Wurst in new facebook headquarters

Die Marktwirtschaft, meine Damen und Herren, ist eine wunderbare Sache; nicht nur, weil sie den zwanglosesten und effizientesten Zuteilungsmechanismus von Ressourcen verkörpert. Sondern auch, weil der Wettbewerb eine konstruktive Kraft darstellt, auch in seiner vermeintlichen Destruktion, die der berühmte österreichische Ökonom Joseph Schumpeter «kreative Zerstörung» nannte, weil sie in der Tat eine Umwidmung von Ressourcen zu produktiverer Verwendung bedeutet. Der unverzerrte, lautere Leistungswettbewerb, der konstruktive Agon, bringt nach Nietzsche und Burckhardt auch kulturelle Blüte. Zum Beispiel würden in einer idealen Welt der Berliner Volksbühne die Subventionen gestrichen und Larry David wäre Millionär. Was er zum Glück schon ist, weil der Markt eben in Amerika noch funktioniert. Doch immer wieder tun sich Marktlücken auf. Zu deren Schliessung möchte ich heute fünf famose neue Geschäftsideen in die interessierte Öffentlichkeit tragen:

  1. Vermittlung hässlicher Nannys und Au-pairs: Endlich keine Beziehungsspannungen mehr, weil Sie permanent diese schwedische Sexbombe namens Lars oder Ulla zu Hause haben. Durch die gezielte Anstellung einer ehemaligen bulgarischen Kugelstösserin namens Olga retten Sie Ihre Ehe. Mein Vorschlag für die entsprechende Website: Uglynanny.com

  2. Sprechende Autos. Nein, nicht solche, die mit dem Fahrer sprechen, die haben wir schon; ich meine solche, die mit anderen Verkehrsteilnehmern sprechen, zum Beispiel über integrierte Megaphone: «Geht das da vorne mit dem Rollstuhl auch ein bisschen schneller?»

  3. Proteindrinks, die nach Älplermagronen oder Hacktätschli schmecken, statt der ewigen Erdbeer- oder Vanille-Aromen.

  4. Yetifuss am Stock, um in Wintersportorten Scherzabdrücke in den Schnee zu machen. Ähnlich wie diese Haifischflossen, die man sich beim Baden auf den Rücken schnallen kann. Ein Riesenplausch für Jung und Alt!

  5. Agentur für Dragqueen-Namen. Ob Conchita-Dummchen oder klassische Tunte mit politischem Anspruch – ich hab super Ideen für die Künstlernamen neuer Talente und Nichttalente, zum Beispiel: Amy Reih’nhaus, Kanister Cockhard oder Nutella Versace.

Bild oben: Als Dragqueen braucht man einen lustigen Namen. Conchita Wurst hat einen hohen Standard gesetzt. (Daniel Reinhardt/Keystone)

«Tinglers Fünf» erscheint neu immer sonntags im Blog Mag und gleichzeitig auch in der «SonntagsZeitung».

10 Kommentare zu «Marktlückenfüllideen»

  • Ralph Sommerer sagt:

    Ihre Marktgläubigkeit ist schon fast furchterregend. Wie effizient der „Zuteilungsmechanismus“ des Marktes funktioniert, haben wir in der Finanzkrise überzeugend präsentiert bekommen, die ja bekanntlich daher rührte, dass Gott (Markt) Milliarden von Dollars in wertlose Schrottpapiere „alloziert“ hatte. Ich weiss, dass Marktgläubige es nicht so mit Fakten oder Evidenz haben, aber es muss einen Grund geben, dass etwa der Wettbewerb in einem Strommarkt ausnahmslos immer zu höheren Preisen geführt hatte. Vielleicht stimmt es einfach nicht, was immer von Gott (Markt) behauptet wird?

    • Stefan Schneider sagt:

      Der gute Herr Dr. Tingler ist halt ein wirklich ein tiefst Marktgläubiger; sozusagen ein Fundi unter den Marktgläubigen. So sehr Schalk und Witz sowie literarisches Wissen in Herrn Tinglers Texten zu schätzen sind, so sehr driftet er in die Sphären der unfreiwilligen Komik ab, sobald er über die Marktwirtschaft zu schreiben beginnt. Letztere muss bei Lichte betrachtet wohl als die bis anhin am wenigsten schlechte bekannte Wirtschaftsform bezeichnet werden. Sie bedarf aber unzähliger Kontrolle und Eingriffe, um weiterhin auf die Gesellschaft „losgelassen“ werden zu können.

    • Philipp Rittermann sagt:

      ich sehe das auch so, herr sommer. wir konsumieren uns zu tode. konsum schafft nachhaltig abhängigkeiten und ist somit ein effizientes kontroll-instrument für wirtschaft, staat und arbeitgeber. wir arbeiten um zu konsumieren-, und verblöden langsam aber stetig dabei. aldous huxley lässt grüssen.

    • Henry sagt:

      Was würden die Herren Sommerer und Schneider den vorschlagen ? Glauben Sie, daß der 107. Versuch eines „neuen“ Sozialismus diesmal gelingt ?

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