War Hitler drogensüchtig?

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Ich bin gerade ganz fasziniert von dem Umstand, dass Mireille Mathieu noch eine lebende Mutter hat, meine Damen und Herren, weil ich irgendwie dachte, die wäre selbst ungefähr schon 100. Und nun ein harter Schnitt zu: Hitler. Immer, wenn wir denken, wir wüssten nun wirklich alles über dieses durchgeknallte Scheusal, taucht eine neue Hitler-Frage auf. Letzthin folgende: War Hitler drogensüchtig? Gestellt vom britischen Sender Channel 4. Dessen Antwort lautete: Ja. Und zwar wurde diese Antwort gegeben in der Dokumentation «Hitler’s Hidden Drug Habit». In deren Zentrum stand, neben Hitler, der Leibarzt des Diktators, Theodor Morell, dessen spezifische Behandlungsmethoden sich in seinem inoffiziellen Titel «Reichsspritzenmeister» bereits andeuteten und weitere Ausführung fanden in Morells Tagebüchern, die für die Dokumentation ausgewertet wurden. Die Diarien zeigen unter anderem Hitler – von Morell «Patient A» genannt – als nervösen Hypochonder, der allerdings auch unter sehr realen Gebresten litt, namentlich unter Magenkrämpfen, Flatulenz, Halitosis und verrottenden Zähnen.

Dieser Patient traf in Morell offenbar den passenden Arzt. Gegen Ende des Dritten Reiches konsumierte ein in vielerlei Hinsicht ziemlich kranker Hitler Unmengen von Medikamenten (für Hitler zählte nur das als Medizin, was injiziert, also nicht geschluckt wurde, weshalb er schliesslich täglich über 20 Spritzen bekam): Barbiturate und Amphetamine, zum Beispiel, dazu morphinbasierte Schmerzmittel und einen Bullensamenextrakt als Testosteron-Booster.

Das klingt zunächst ziemlich spektakulär, wird allerdings relativiert durch den Umstand, dass etwa das «Wachhaltemittel» und Methamphetamin Pervitin (ungefähr dasselbe wie Crystal Meth) im Zweiten Weltkrieg in Deutschland in der Tat millionenfach verwendet wurde: von Fabrikarbeitern, Hausfrauen und nicht zuletzt Soldaten, bei denen das Zeug «Panzerschokolade» hiess. Offensichtlich war Hitler, der high auf Pervitin zum Beispiel stundenlang auf Mussolini einreden konnte, jahrelang pervitinabhängig und wenigstens in diesem Sinne «drogensüchtig» – aber «Drogensucht» ist eben immer nicht nur eine medizinische Dosis-, sondern auch eine gesellschaftliche Definitionsfrage.

Das eigentlich Interessante ist ja, jenseits des Sensationalismus, sowieso eine andere Frage: Was bedeutete das alles für den Lauf der Ereignisse, den Gang der Geschichte? Natürlich neigt man bei einem Scheusal wie Hitler dazu, davon auszugehen, dass sein Konsum von Aufputschmitteln alles noch schlimmer gemacht haben muss, – aber wie heikel derlei hypothetische Debatten sind, zeigt sich, wenn man die gleiche Frage auf eine historische Lichtgestalt anwendet, zum Beispiel auf John F. Kennedy. Es ist ja heute bekannt, dass JFK unter einem Gesundheitszustand litt, der jenseits aller Hypochondrie nur als katastrophal bezeichnet werden kann. Und so konsumierte der 35. Präsident der USA nicht nur regelmässig Corticosteroide, Schmerzmittel und Antibiotika. Sondern auch die seinerzeit überaus gefragten Amphetamin-Vitamin-Enzym-Tranquilizer-Cocktail-Injektionen des Gesellschaftsarztes Dr. Max Jacobson, bekannt als «Dr. Feelgood». Wie wäre wohl die Kubakrise ohne Dr. Jacobson ausgegangen?

Hitlers Leibarzt Morell war ein ekelhafter Opportunist. Ob er in seinen Methoden wirklich ein furchtbarer Quacksalber und Kurpfuscher war oder einfach ein Arzt seiner Zeit, ist schon weniger klar und wurde auch durch die Dokumentation nicht erhellt. Hitler erlaubte Morell ganz kurz vor Schluss, den Bunker zu verlassen. Ein letzter Beweis seiner Gunst. Morell zeigte sich erkenntlich: Er liess ein paar Zyankalikapseln da.

Ein ekelhafter Opportunist: Hitlers Leibarzt Theodor Morell. Foto: Wikipedia

19 Kommentare zu «War Hitler drogensüchtig?»

  • Roland K. Moser sagt:

    Wie war es eigentlich bei Stalin (20 Millionen Ermordete) und bei Mao (100 Millionen Ermordete)?

    • Henry sagt:

      Nein nein, das Konterfei der linken Massenmörder auf dem T-Shirt à la Che Guevara, Mao und Konsorten geht in Ordnung.

  • Meinrad Angehrn sagt:

    Beim morgendlichen Vollbad stellte ich mir vor, Sie würden über den Erziehungsroman Émile von Rousseau oder das Buch „Les Misérables“ von Émile Zola schreiben. Als ich dann das Interweb aufschaltete, musste ich eingestehen, dass Hitler immer am besten zieht. Zum Nachfolger im Amte des Reichsspritzenminister kam mir dann noch eine mehr oder weniger lustige Idee zu Sinnen – aber das ist Privatsache. 😉

  • Para Celsius sagt:

    Immerhin haben die Hersteller von Pervitin, also die Temmler-Werke, auch immer hochwertige, und sehr unterhaltsame Kalender hergestellt …

    • Para Celsius sagt:

      Dieser Temmler-Kalender wusste auch über die Kuba-Krise (Kennedy vs. Chruschtschow) zu berichten. Der russ. Armee waren nämlich die Präservative ausgegangen. In ihrer Not wandten sie sich, via dunkle, diplomatische Kanäle an ihren Erzfeind, die US-Army. Also bestellten sie 5000 davon, Länge = 50cm. Die Lieferung erfolgte prompt: Mit dem Vermerk „Normalgrösse“.

  • hanna sagt:

    Es ist übrigens schon lange bekannt, dass Hitler drogensüchtig war. Da ist er übrigens nicht allein. Ich möchte nicht wissen, wie viele Drogen heute auf den Teppichetagen konsumiert werden, damit sich diese aog. Topshots leistungsfähig halten. In der heutigen Wirtschaft kann man mit Krankheiten ebenso schlecht umgehen, wie es die Nazis konnten; gar nicht. Hitler’s schlechte Zähne waren evt. auch eine indirekte Folge des Meth-Konsums, dazu hatte er – wie heute zweifelsfrei nagewiesen werden kann – Parkinson.

  • Regina Fiechter sagt:

    Frage mich oft, wie das deutsche Volk einem solch dämlichen österreichischen Wicht derart aufsitzen konnte. Gut, die Medien waren noch nicht so diversifiziert, die Nazis benutzten sie zur totalen Manipulation und viele Bürger trotteten aus reiner Angst im Umzug des Wahns mit. Trotzdem, ist erstaunlich, wie die Massen beinahe hypnotisiert, euphorisch das neue Reich bejubelten bei den abgrundtief hässlichen Schreireden der Gokel. Spielten auch da harte Drogen eine Rolle, die enthemmen? Heute neigen viele Politiker Alkohol und „Medikamenten“ zu. Ein Machtfaktor?

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