Gehört das Hemd in die Hose?

Ich bin ein Mann in den besten Jahren (57) und schlank. Viele Alterskollegen (und ältere!) erblicke ich in der Freizeit, einige gar am Arbeitsplatz, in wallenden Hemden, welche ihnen lose um den Hosenbund wehen. Für mich sieht das auch ohne Hawaii-Muster affig und nach «Berufsjugendlichem» aus. Ich stecke mir meine Hemden immer in die Hose und trage Gürtel dazu. Bin ich total verkorkst – und intolerant dazu?
P. S. aus H.
Lieber Herr S.,
Sie sind nicht verkorkst. Und intolerant dünken Sie mich auch nicht. Es macht einen ja nicht automatisch engherzig, bloss weil einem etwas nicht gefällt, wie andere eine Sache handhaben. Wäre ja noch schöner. Wenn ich so darüber nachdenke, fällt mir auf, dass die Frage mit den über der Hose getragenen Hemden immer wieder auftaucht. Und immer sind es Männer, die sie stellen, und Männer, die sich daran stören.
Sie sind, von der Korrektheit her gesehen, ganz und gar unzweifelhaft auf der richtigen Seite. Das Hemd in der Hose mitsamt Gurt ist tipptopp. Jetzt hat sich das mit dem Hemd über der Hose so eingeschlichen, und mich stört das überhaupt nicht; ich habe Kollegen, die könnte ich mir mit dem Hemd in der Hose schlicht nicht vorstellen. Ich hege ja auch die Vermutung, dass es nicht wenige Männer gibt, denen diese gelockerte Regel entgegenkommt, dass es sich dabei also nicht um ein modisches Statement handelt, sondern eher um eines aus der Not heraus: Ein Bauch lässt sich bis zu einem gewissen Grad kaschieren, wenn das Hemd darüber fällt.
Und weil Männer wissen, dass sie sehr wohl und mitunter gnadenlos taxiert werden, wird der eine oder andere ganz froh sein, seine Körperfülle mit etwas Textil verdecken zu können. Ab einem gewissen Volumen allerdings funktioniert das nicht mehr, da kann auch das zeltformatigste Hemd nichts mehr ausrichten. Das gilt nicht nur für Männer; Frauen unterschätzen das ebenfalls häufig, weshalb sie dann ihrer vermeintlich kaschierenden wallenden Oberteilen wegen erst recht matronenhaft daherkommen.
Dann gibt es die anderen, klar, die, die das mit dem Gurt für eine Vorschrift halten, der sie sich verweigern, das sind dann eben die Berufsjugendlichen. Die legen damit so eine Art Protesthaltung an den Tag, was ich jeweils sehr herzig finde, so erwachsene Männer, die trötzeln.
Deshalb, lieber Herr S.: Seien Sie weiterhin total männlich. Tragen Sie Ihr Hemd in der Hose. Das ist nicht bieder oder altmodisch. Sondern klassisch und anständig. Anständig finde ich grundsätzlich gut. In jeder Hinsicht.
3 Kommentare zu «Gehört das Hemd in die Hose?»
Und ich dachte immer, es kommt auf den Schnitt und die Länge des Hemdes an, ob man es in oder über der Hose trägt…
Ich halte es jedenfalls so, dass ich kurze Hemden, die gerade knapp unter den Gürtel reichen, auf der Hose trage, und längere Hemden, die bis fast zu den Knien reichen, in die Hose stecke.
Ich bin genau so ein junggebliebener Mann, der gerne trötzelt. Familienvater, Geschäftsinhaber, Gamer und Individualist. Ich trage seit jungen Jahren meine Hemden nicht in der Hose. Es gab eine Zeit, da habe ich es mal versucht, war total unangenehm, das blöde Hemd wollte einfach nicht in der Hose bleiben. Hemd in der Hose; kann elegant aussehen, ist aber halt doch irgendwie schrecklich bünzlig. Viel schlimmer sind aber die Leute, welche sich das T-Shirt in die Hosen stecken.
Sehr geehrter Herr H.
Ist auch eine Frage des Schnitts. Ein weitgeschnittenes Hawaiihemd (ein schwieriges Kleidungsstück, aber, nun gut …) à la Tom Selleck sieht in der Hose so schauderhaft aus (Stichwort „Muffintop“) wie Daniel Craig’s Extra-Slim-James-Bond-Hemd darüber; ein weites Surfer-Shirt darin so schlimm wie des jungen Marlon Brandos T-Shirt darüber. Nicht die Tragart an sich ist bünzlig, sondern das Tragen ohne Rücksicht auf das Spezifische Kleidungsstück und seinen Träger.
Freundliche Grüsse
Ein Enge-Schnittte-in-der-Hose-Träger