Passt der V-Ausschnitt zu einem Jackett?

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Wenn ich Moderatoren von SRF sehe, taucht bei mir häufig dieselbe Frage auf: Passen Herren-Jacketts tatsächlich zu einem T-Shirt mit V-Ausschnitt? Wenns wenigstens ein hochgeschnittenes T-Shirt wäre, aber eines mit V-Ausschnitt? Ein T-Shirt ohne Jackett wäre besser, finde ich. Ist das nicht ein krasser Stilbruch, oder ist diese Kombination in, und ich bin in Sachen Herrenbekleidung weg vom Fenster?
R. S.-G. aus L.

Liebe Frau S.-G.,
ich würde gerne, kann aber leider nicht – nämlich einstimmen in Ihre Kritik. Nachgerade mit Wonne würde ich einstimmen in den Kanon auf den schlechten Stil des Schweizer Fernsehens, aber ach, es scheitert daran, dass ich zu wenig fernsehe. Was mir allerdings auffällt: Sven Epiney hat eine Vorliebe für Effekt-Stöffli. Da glänzt es immer irgendwo, er erinnert mich immer an ein Päckli.

Wenn wir schon bei Epiney sind: Die Sportmoderatoren legen, ­genau wie er, eine irritierende Vorliebe für Haargel an den Tag, sie berichten aber halt oft über Fussballer. Bei «Glanz & Gloria» mögen sie Lipgloss, was mich etwas verstört, weil doch nur Frauen mit Plateauschuhen und gefälschten Markenhandtaschen Lipgloss tragen. Und einer armen «Tagesschau»-Moderatorin tragen sie oft einen dramatischen Lidschatten in Violett auf, das dünkt mich deren Erscheinungsbild ein wenig abträglich (oh, und apropos ­Augen: Ich bestaune ja immer Florian Inhausers Augenbrauen, die ein stupendes Eigen­leben führen. Da kann ich jeweils gar nicht mehr zuhören und muss auf dieses Mienenspiel achten; ich glaube, der war an der Lee-­Strassberg-Schule und macht jetzt beim Verlesen der Nachrichten Method ­Acting).

Ansonsten: Es ist durchaus in Ordnung, einen Blazer mit einem T-Shirt zu tragen. Und ein V-Ausschnitt ist sogar besser als ein Rundausschnitt, weil es harmonischer ist, es schneidet den Kopf nicht ab, also jetzt optisch gesprochen. Was gar nicht gehen würde: nur ein T-Shirt, weil zu salopp. Wenn T-Shirt, dann Blazer, denn: Das klassische Element des Blazers bricht die legere Wirkung des T-Shirts. Auf einen Blazer wiederum kann verzichtet werden, wenn ein Hemd getragen wird, das reicht als seriöses Kleidungsstück aus. Denken Sie an Barack Obama: Der trägt das Hemd sogar ohne Krawatte und mit hochge­krempelten Ärmeln. Und wenn der amerikanische Präsident das darf, dann dürfen die von unserem TV auch ganz und gar ungeniert T-Shirt und Blazer tragen. Bloss an diesem Wet-Look, an dem müssten die noch arbeiten.

Bild oben: Wenn T-Shirt, dann mit Blazer. Ryan Gosling macht das schon richtig. Foto: Getty Images

Bild oben: Wenn T-Shirt, dann mit Blazer. Ryan Gosling macht das schon richtig. Foto: Getty Images

20 Kommentare zu «Passt der V-Ausschnitt zu einem Jackett?»

  • Laura sagt:

    Lächerliche Problemchen. Tragt einfach, was ihr wollt, ist jedem seine Sache. In einigen Medien ist gerade dies und jenes Mode oder schick, in anderen gerade das Gegenteil, also reines Brimborium über Geschmack, Eitelkeit usw. Lasst es verfliegen, fühlt euch in euren Kleidern wohl, das ist wichtiger als jeder Modegaga.

  • Michi sagt:

    Männer im T-Shirt mi V-Ausschnitt, nein danke.

  • Böser Wolf sagt:

    Liebe Frau Weber,

    Eine grundsätzliche Frage: Ich habe immer mehr Mühe, Menschen ernst zu nehmen, die „gut gekleidet“ sind, d.h. in etwa so wie zum Beispiel Sie in ihrem Blog raten. Ich frage mich dann immer, wieso diese Menschen soviel Energie darauf verwenden, so auszusehen als wären sie jemand wichtiges anstatt wirklich jemand wichtiges zu sein. Natürlich ist auch beides parallel möglich, aber wieso würde jemand wichtiges so aussehen wollen als wäre er oder sie wichtig.

    Bin ich nicht ganz dicht?

    Freundliche Grüsse
    Böser Wolf

  • Anh Toan sagt:

    Vielen, vielen Dank für „ein Hemd reicht als seriöses Kleidungsstück“, ich habe Sie bisher nicht für so tolerant gehalten. Hier kritisieren Sie einzig stilmässige Todsünden, ich liebe, wie Sie dies umschreiben mit „Plateauschuhen und gefälschten Markenhandtaschen“. Ich sehe auch nicht fern. Alleine Lipgloss und Haargel würden mich davon abhalten. Eigentlich schreibe ich immer etwas dagegen, ich bin der advocatus diaboli, aber diesmal kann ich nicht anders: ich bin begeistert!

  • Roberto sagt:

    Na ja, das (deutsch)schweizer Fernsehen ist ein Spiegelbild seiner Bevölkerung. Die Moderatoren wurden alle sozialisiert im schweizerischen Modemittelmass, und das ist, mit Verlaub, mieser als das der vielgescholtenen Deutschen. Wir hier in Südtirol (und auch in Italien) haben ein geflügeltes Wort: „Angezogen sein wie ein Schweizer…“ Man kann sich denken, dass das kein Kompliment ist.

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